01.09.2021 Recht | Ratgeber

Makler muss über ausländische Versicherer aufklären

Vermittler müssen darauf hinweisen, wenn Risikoträger im Ausland sitzen und der dortigen Insolvenzsicherung unterliegen. Sonst verletzten sie ihre Beratungs­pflicht. In einem nun entschiedenen Fall half das dem Kunden jedoch nicht: Er konnte nicht nachweisen, dass ihm tatsächlich ein Schaden entstanden ist.

Die Beratungs- und Dokumentationspflichten von Versicherungsvermittlern sind gesetzlich geregelt. (Foto: © StockPhotoPro - stock.adobe.com)
Die Beratungs- und Dokumentationspflichten von Versicherungsvermittlern sind gesetzlich geregelt.
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Ein Urteil, das Folgen haben könnte: Das Saarländische Oberlandesgericht hat entschieden, dass Versicherungsmakler aufgrund ihrer Beratungspflicht Kunden aufklären müssen, wenn ein Versicherer seinen Sitz im Ausland hat und dem dortigen Insolvenzrecht unterliegt. Im konkreten Fall stammte der vermittelte Versicherer aus Liechtenstein. Auch wenn es hier um eine Wohngebäudeversicherung ging, könnte das Urteil auch mit Blick auf die Altersvorsorge Auswirkungen haben. In dem kleinen Fürstentum, das als Steuerparadies gilt, haben viele in Deutschland tätige Lebensversicherer ihren Firmensitz.

Kundenauftrag: günstigeren Versicherungsschutz vermitteln

 

Ausgangspunkt des jetzt entschiedenen Falls war die Klage eines Versicherungsnehmers, der seinen Altvertrag kündigen und eine neue, billigere Wohngebäudepolice mit Elementarschutz abschließen wollte. Sein Versicherungsmakler vermittelte ihm über einen deutschen Assekuradeur einen Vertrag, dessen Risikoträger die „G. Insurance AG“ aus Liechtenstein war. Offenbar war hier die Versicherungsprämie im Vergleich zu anderen Angeboten besonders günstig.

Versicherer geht kurz nach Schadenereignis pleite

 

Im August 2016 kam es auf dem Grundstück des Versicherten zu einem Rohrbruch. Diesen meldete er der Versicherung, woraufhin sich ein Gutachter den Schaden anschaute. Im Februar 2017 schickte der Hauseigentümer der Agentur dann die Reparaturrechnung. Der Makler teilte jedoch mit, der Geschädigte werde leer ausgehen: Die Finanzmarktaufsicht in Liechtenstein hatte der dort ansässigen Versicherungsgesellschaft im September 2016 das Neugeschäft untersagt und im November ein Konkursverfahren eröffnet. Für die notwendige Sanierung mit Kosten in Höhe von mehr als 10.000 Euro musste der Versicherte in der Folge selbst aufkommen.

Kunde verlangt Schadenersatz wegen Falschberatung

 

Er verklagte daraufhin die Versicherungsagentur wegen falscher Beratung auf Schadenersatz. Der Betroffene argumentierte, dass ein verantwortungsbewusster Makler den Versicherer gar nicht erst hätte vorschlagen dürfen. Der Makler hätte zunächst eine Marktanalyse durchführen, verschiedene Angebote vorlegen sowie die Solvenzlage des Versicherers prüfen müssen, gerade weil dieser im Ausland sitzt. Der beklagte Makler habe sich jedoch blind auf die Vorgaben des Assekuradeurs gestützt und den Kläger nicht darüber informiert, dass zwischen der Beklagten und der Versicherung gleich zwei weitere Beteiligte gestanden hätten, die in erster Linie Eigeninteressen verfolgten.

OLG stellt Verletzung der Beratungspflicht fest

 

Das OLG in Saarbrücken bejahte anders als die Vorinstanz eine Verletzung der Beratungspflichten nach § 61 Abs. 1 Versicherungsvertragsgesetz. Dem Kläger seien die besonderen Risiken des angebotenen Vertrages, die ihm offenkundig nicht bewusst waren, vom Beklagten nicht hinreichend deutlich gemacht worden. Es bestehe die Pflicht zur „anlassbezogenen“ Beratung. Das heißt, der Makler müsse alle Umstände offenlegen, die für den Entschluss des Versicherungsnehmers von wesentlicher Bedeutung sein können, einen Vertrag abzuschließen oder nicht. Im konkreten Fall hätte der Makler damit rechnen müssen, dass bei einer weithin unbekannten, ausländischen Versicherungsgesellschaft der Zahlungsausfall bei Insolvenz nicht so gut abgesichert ist wie bei deutschen Unternehmen. Ein kleingedruckter Hinweis auf den Firmensitz der Versicherung in der Beratungsdokumentation genüge da nicht, so das OLG.

Trotz Fehler kein Anspruch auf Schadenersatz

 

Dennoch wies das OLG die Klage des Versicherungsnehmers ab. Anspruch auf Schadenersatz setze voraus, dass die nachlässige Beratung zu einem Vermögensschaden geführt habe. Dass sich der offenkundig sehr sparsame Hauseigentümer aber nach korrekter Information über die Liechtensteiner Versicherung für eine bessere Absicherung mit deutlich höheren Prämien entschieden hätte, sei nach seinen eigenen Angaben auszuschließen. Er behaupte einerseits, er habe das Grundstück rundum absichern wollen. Andererseits sei es ihm vor allem auf niedrige Beiträge angekommen. Diese Ziele seien unvereinbar. In der mündlichen Verhandlung sagte der Kläger, dass er möglicherweise den günstigsten Vertrag auch gewählt hätte, wenn ihn der Versicherungsmakler auf das Insolvenzrisiko bei einem ausländischen Anbieter hingewiesen hätte. Daher liege kein ersatzfähiger Schaden vor.


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