13.06.2022 Vermittlerwelt

Votum: 34f-Vermittler brauchen Nachhaltigkeit nicht abzufragen

34f-Vermittler brauchen Präferenzen ihrer Kunden in Sachen Nachhaltigkeit ab August nicht zu ermitteln. Das will der Verband Votum vom Bundeswirtschafts­ministerium erfahren haben. Zuletzt gab es große Unsicherheit über die praktische Umsetzung. Das letzte Wort dürfte bei dem Thema allerdings nicht gesprochen sein.

Da die sogenannten technischen Regulierungsstandards bisher fehlten, wussten viele Vermittler nicht, was ab dem 2. August an neuen Aufgaben in der Beratung auf sie zukommt. (Foto: © Song_about_summer - stock.adobe.com)
Da die sogenannten technischen Regulierungsstandards bisher fehlten, wussten viele Vermittler nicht, was ab dem 2. August an neuen Aufgaben in der Beratung auf sie zukommt.
(Foto: © Song_about_summer - stock.adobe.com)

Das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) hat angeblich in einem Schreiben bestätigt, dass für Finanzanlagenvermittler nach Paragraf 34f Gewerbeordnung, die rechtliche Pflicht zur Ermittlung von Nachhaltigkeitspräferenzen ihrer Kunden ab dem 2. August 2022 nicht gilt.

Darüber berichtet unter anderem der Vermittlerverband Votum Verband Unabhängiger Finanzdienstleistungs-Unternehmen in Europa. Der Interessenverein wertet diese Klarstellung als Erfolg der eigenen Bemühungen, den man zusammen mit weiteren Verbänden wie dem AfW Bundesverband Finanzdienstleistung erreicht habe. Eine offizielle Stellungnahme seitens des Ministeriums wurde bisher jedoch nicht veröffentlicht. Wichtig: Für Versicherungsvermittler, die auf Grundlage von § 34d Gewerbeordnung tätig sind, ändert sich nichts.

34f-Vermittler nicht betroffen

 

Für Votum liegt der Fall jedoch klar: „Im Austausch mit dem BMWK hat man uns nun offiziell bestätigt, dass die maßgebliche Delegierte Verordnung 2017/565 in der ab August geltenden Fassung ausschließlich von Wertpapierfirmen im Rahmen der Geeignetheitsprüfung berücksichtigt werden muss und keine direkte Anwendung auf § 34f-Vermittler findet. Auch die Finanzanlagenvermittlerverordnung (FinVermV), die zwar auf Artikel 54 der Delegierten Verordnung verweist, führt nicht zu einer Verpflichtung zur Erfassung der Nachhaltigkeitspräferenzen“, sagt Votum-Vorstand Martin Klein. Der Grund ist, dass es sich um einen starren Verweis auf den Stand der Verordnung mit den Änderungen durch die Verordnung (EU) 2017/2294 handele und somit spätere Änderungen der Verordnung nicht durch die Verweisung erfasst seien.

Ministerium setzt auf freiwillige Berücksichtigung in der Beratung

 

Komplizierte EU-Bürokratie also, die im Ergebnis von den Vermittlern aber weitestgehend einhellig begrüßt werden dürfte. In den vergangenen Monaten war die Diskussion und die Unsicherheit um die konkrete Umsetzung der Richtlinie wegen fehlender Hinweise (technische Regulierungsstandards) entsprechend groß und wurde in der Branche kontrovers diskutiert. Votum weist darauf hin, dass vom Ministerium die Hoffnung geäußert werde, dass die Finanzanlagevermittler die Anforderung in der Beratung nun freiwillig erfüllen. „Wir gehen aufgrund ergänzender Informationen davon aus, dass es bei diesem Appell zur Freiwilligkeit nicht bleiben wird, sondern der Gesetzgeber aktiv werden muss“, so Klein weiter. 

Finanzanlagenvermittlerverordnung muss angepasst werden

 

Dabei bezieht er sich auf Artikel 3 Absatz 2 der Finanzmarktrichtlinie Mifid II. Mitgliedsstaaten, die die sogenannte Bereichsausnahme nutzen, müssen demnach für die ausgenommenen Personen die gleichen Wohlverhaltensregeln ansetzen wie für Wertpapierfirmen. Bedeutet also: Eigentlich gilt für Vermittler nach 34f die Ausnahme, aber im Grunde müssen sie trotzdem nachfragen, weil es heutzutage zum guten Ton gehört. Zu diesem guten Ton, also den Wohlverhaltensregeln, gehört laut Votum eine vollständige Geeignetheitsprüfung – weshalb die Politik die FinVermV kurzfristig ändern müsse.

Verkündete Ausnahme kann Chaos nicht mehr beseitigen

 

Dabei sei nicht damit zu rechnen, dass dieses Verfahren zur Anpassung der Verordnung, bei dem auch der Bundesrat beteiligt werden muss, vor dem 2. August 2022 abgeschlossen sein wird. Die nächstmögliche Plenarsitzung erfolgt am 8. Juni. Bis dahin erwartet Votum nicht, dass eine entsprechende Vorlage erstellt wird. Damit stehe die Branche nunmehr vor der absurden Situation, dass ein Versicherungsvermittler gesetzlich verpflichtet ist, Nachhaltigkeitspräferenzen zu ermitteln, sofern er eine fondsgebundene Lebensversicherung vermittelt – der gleiche Vermittler hierzu jedoch nicht verpflichtet ist, wenn er einen Fondssparplan vermittelt“, so Klein weiter.

Sein Fazit: „Ungeachtet dessen, wie wir diese Ausnahme angesichts des herrschenden Chaos kurz vor Scharfstellung der Verordnung bewerten, so begrüßen wir diese Klarstellung seitens des Ministeriums“, sagt Klein. „Wir teilen selbstverständlich die Überzeugung des AfW, dass die Vermittler dennoch gut beraten sind, sich so früh wie möglich auf den Weg machen, die Nachhaltigkeitspräferenzen ihrer Kunden zu erfragen“, fügt er hinzu. Früher oder später dürfte die gesetzgeberische Anpassung der Verordnung und damit auch die ESG-Abfragepflicht für 34f-Vermittler kommen.


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