Maklerbetreuung neu gedacht
Erstaunliche Ignoranz, überholte Denkmuster, unzeitgemäße Prozesse: Viele Versicherer in Deutschland verspielen das Vertrauen der nächsten Maklergeneration, sagt Bastian Kunkel. Unser Kolumnist fordert Maklerbetreuer auf Augenhöhe: digital, schnell und lösungsorientiert.

(Foto: Artur Derr)
Du bist jung, digital aufgestellt und effizient unterwegs. Du kennst deine Zielgruppe, hast deinen Markt gefunden, arbeitest mit CRM-Systemen, Vergleichssoftware, KI und API-Anbindung. Und dann – versuchst du, mit einem Versicherer zu arbeiten: Willkommen im Fax-Zeitalter.
Die Spielregeln verändern sich
Während sich die Welt dreht, bleibt ein großer Teil der Versicherungswelt einfach stehen. Viele Gesellschaften richten ihre Maklerbetreuung immer noch an den Bedürfnissen der „alten Garde“ aus – Vermittler mit jahrzehntelangen Geschäftsbeziehungen, handgeschriebenen Anträgen und dem festen Sitz beim Kaffeekränzchen des Generalagenten. Nichts gegen Erfahrung – aber wer heute noch glaubt, das sei die Maklerzielgruppe der Zukunft, der hat das Spiel nicht verstanden.
Der Wandel der Maklerschaft wird noch nicht verstanden
Die neue Generation da draußen ist völlig anders gestrickt als das, worauf sich viele Versicherer aktuell noch verlassen. Diese „jungen Wilden“ sind keine Bittsteller mehr. Sie wollen kein „betreutes Makeln“, keine PDFs per Mail, keine Warteschleifen am Telefon. Was sie brauchen, ist einfach: schnelle Antworten, saubere Prozesse und digitale Schnittstellen.
Wo Versicherer dringend nachbessern müssen
Doch genau daran hapert es. Die Realität bei vielen Versicherern: Maklerportale mit fragwürdiger Usability, Schnittstellen, die wie Workarounds aus der Vor-Cloud-Ära wirken, und ein Betreuer, der auf die WhatsApp-Nachricht von letzter Woche vielleicht nächste Woche zurückruft – wenn er aus dem Außendienst zurück ist. Für junge Makler zählen Zeitersparnis, Automatisierung und Prozesse, die flutschen. Kein langes Palaver. Kein Formular-Overkill. Und erst recht kein Gemauschel zwischen Regionaldirektionen.
Abgerechnet wird in fünf Jahren
Was viele Versicherer offenbar nicht verstanden haben: Der Nachwuchs kommt. Und mit ihm kommt auch das Neugeschäft der Zukunft. Heute machen die etablierten Makler vielleicht noch 70, 80 Prozent des Umsatzes. Aber in fünf oder zehn Jahren? Wenn große Bestände in die Nachfolge gehen? Wenn Altmakler in Rente gehen? Dann wird es spannend. Und genau dann wird sich zeigen, wer seine digitalen Hausaufgaben gemacht hat – und wer plötzlich ohne Neugeschäft dasteht.
Prozessabläufe entscheiden künftig über die Zusammenarbeit
Ein guter Tarif und ein passabler Preis sind heute keine Alleinstellungsmerkmale mehr. Das ist Standard. Die Spreu trennt sich bei der Prozessqualität. Wer kann einen Antrag in zwei Minuten abwickeln? Wer bietet echte Schnittstellen zur Vergleichssoftware? Wer liefert innerhalb von 24 Stunden eine fundierte Rückmeldung zu einer Risikovoranfrage?
Junge Makler erwarten technisches Know-how
So viel ist sicher: Die neue Generation Makler will keine Schulungen für die Bedienung von Plattformen, sondern einen schlanken, digitalen Prozess, der sich selbst erklärt. Keinen Verkaufsdruck, sondern technisches Know-how. Keinen Außendienstler mit Krawatte, sondern einen Ansprechpartner, der ein Risiko nicht nur weitergibt, sondern mitdenkt. Wer das versteht, hat die Chance, die besten jungen Makler dauerhaft an sich zu binden – und sich damit Zukunft zu sichern. Wer das verschläft, wird in ein paar Jahren ziemlich dumm aus der Wäsche schauen. Dann hilft auch kein weiterer Relaunch des Maklerportals mehr. Dann haben sich diese Makler längst andere Partner gesucht: digitale, schnelle, lösungsorientierte.
Fazit: nicht erklären, sondern lösen
Versicherer, die heute in smarte Maklerbetreuung investieren, kaufen sich nicht nur Effizienz. Sie verschaffen sich Relevanz und Akzeptanz bei den jungen Maklerinnen und Maklern. Denn die neue Generation ist digital, bevorzugt schlanke Prozesse ohne komplizierte Erklärungen und braucht schnelle Lösungen fürs eigene Geschäft. Junge Makler erwarten von ihren Betreuern eine Partnerschaft auf Augenhöhe und die Bereitschaft, Risiken mitzudenken. Wer diese Bedürfnisse nicht ernst nimmt, muss sich nicht wundern, wenn in ein paar Jahren kein junger Makler die Tarife mehr anfasst.
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