Volkswohl Bund: Geräuschvoller Abgang
Der langjährige Aufsichtsratschef der Volkswohl Bund Versicherung, Rainer Isringhaus, macht Platz für seinen Nachfolger Joachim Maas. Dem scheint er den Job aber eigentlich gar nicht zuzutrauen und lästert intern über dessen Versäumnisse als Vorstandschef.
Älterer Herr stichelt gegen etwas weniger älteren Herrn, als der seine Nachfolge antritt. Auf den Nenner könnte man die Reibereien bringen, die es nach Informationen der „Süddeutschen Zeitung” beim Wechsel des Aufsichtsratsvorsitzes beim Dortmunder Versicherer Volkswohl Bund gegeben hat.
Zunächst die nackten Fakten, wie sie auch das Unternehmen vor einigen Tagen verlautbart hat: Der frühere Vorstand der Volkswohl Bund Versicherungen, Joachim Maas, ist zum neuen Aufsichtsratsvorsitzenden gewählt worden. Der promovierte Mathematiker löst damit Rainer Isringhaus ab, der das Amt acht Jahre lang bekleidet hat. Seit 2020 hatte Maas bereits den stellvertretenden Aufsichtsratsvorsitz inne. Über sonstige Begleitumstände des Wechsels: kein Wort.
Große Unternehmenstreue
Maas gehört dem Kontrollgremium bereits seit 2017 an. Zuvor war er 37 Jahre lang operativ für die Volkswohl Bund Versicherungen tätig. 1996 wurde er in den Vorstand berufen. Von 2002 bis 2017 hatte Maas den Vorstandsvorsitz des Versicherungsunternehmens inne. Sein Vorgänger Rainer Isringhaus gehörte den Aufsichtsräten der Volkswohl Bund Versicherungen seit 2008 als stellvertretender Vorsitzender und ab 2014 als Aufsichtsratsvorsitzender an. Von 1992 bis 2007 war Isringhaus Vorstandsmitglied der Gen Re Kölnische Rückversicherungs-Gesellschaft AG.
Unter besonderer Aufsicht
Nun hält allerdings der 74 Jahre alte Isringhaus dem SZ-Vernehmen nach nicht gerade große Stücke auf seinen acht Jahre jüngeren Nachfolger: In einem Brief an die Mitgliedervertreter des Versicherungsvereins habe er beklagt, der Vorstand um Chef Dietmar Bläsing habe nicht nach der besten, sondern partout nach einer internen Lösung gesucht. Dabei habe Maas in seiner Zeit als Vorstandschef alles andere als eine gute Figur gemacht: „So fehlten im Jahr 2015 mehr als zwei Milliarden Euro an Solvenzkapital, wodurch das Unternehmen unter eine intensivierte Aufsicht der BaFin fiel", zitiert die „Süddeutsche” aus dem Brief – tatsächlich kein Pappenstiel bei einem Umsatz von etwa 1,7 Milliarden Euro. In der Folge habe der Vorstand beschlossen, mit der Dortmunder Leben eine neue Gesellschaft zu gründen, um sicher zu gehen, überhaupt weiter Neugeschäft zeichnen zu können.
Ohne größere Abkühlung
Für diese Krise und deren aus seiner Sicht mangelhaftes Management macht Isringhausen den Ex-Konzernlenker Maas verantwortlich, den er darob nicht für geeignet hält, seine Nachfolge anzutreten. Ob diese Einschätzung zutrifft, mag dahingestellt sein. Einerseits hatte Isringhaus seinerzeit schon längere Zeit die Kontrollfunktion im Aufsichtsrat inne – und trüge insofern Mitverantwortung für die Entscheidungen. Andererseits ist der Branchen-Usus, ohne größere Abkühlungsphasen vom Vorstand gleitend in den Aufsichtsrat einzuziehen, unter Corporate-Governance-Gesichtspunkten ohnehin mit einem Fragezeichen zu versehen. Immerhin: Isringhaus selbst war – anders als jetzt Maas – seinerzeit von außen in den Aufsichtsrat gekommen.
Maas’ Wahl ging nun trotz der Intervention glatt durch. In einer Webkonferenz am 8. April habe Unternehmenschef Bläsing die Mitgliedervertreter überzeugen können, dass an den Vorwürfen nichts dran sei oder sie jedenfalls nicht entscheidend seien. Öffentlich reden wollten indes weder der Konzern noch Isringhaus über die Vorgänge, so die SZ. Ob es die existenzbedrohende Krise nun gab oder nicht, derzeit steht die Lebensversicherungssparte in Sachen Solvenzquote ordentlich da.