05.02.2024 Recht | Ratgeber

WhatsApp – Risiken bei der Schadenanzeige

Wer bei einem Versicherungsfall moderne Kommunikationsmittel wie den Messaging-Dienst WhatsApp verwendet, läuft leichter Gefahr, seinen Versicherungsschutz zu verlieren. VP-Rechtsexperte Dr. Markus Weyer erläutert die aktuelle Rechtssprechung.

Beschlagen im Versicherungsrecht: Dr. Markus Weyer von der Berliner Kanzlei Weyer Rechtsanwaltsgesellschaft (www.weyerlegal.com). (Foto: WEYER Rechtsanwaltsgesellschaft mbH)
Beschlagen im Versicherungsrecht: Dr. Markus Weyer von der Berliner Kanzlei Weyer Rechtsanwaltsgesellschaft (www.weyerlegal.com).
(Foto: WEYER Rechtsanwaltsgesellschaft mbH)

Die Ausgangslage.

Versicherungsnehmer (VN) müssen einen Wohngebäudeschaden ihrem Versicherer (VR) unverzüglich melden. Wer diese vertraglich geregelte Obliegenheitspflicht (§28 VVG) vorsätzlich verletzt, riskiert seinen Versicherungsschutz.
Was aber, wenn der zur Schadenabwicklung eingeschaltete Makler trotz einer WhatsApp-Nachricht des VN den Schadenfall verwechselt und den Wohngebäudeversicherer zu Untersuchungen veranlasst?

Der Fall.

Nach einem Unwetterschaden 2018 schickte ein VN seinem Makler undatierte Unterlagen mit Preisen von Sanierungsarbeiten ohne Ausführungsdatum oder Rechnungsnummer. Der Makler leitete diese mit dem Hinweis, dass die Rechnungen bezahlt seien, an den VR weiter und forderte ihn zur Zahlung auf. Kurz darauf teilte der VN seinem Makler per WhatsApp mit, dass die Unterlagen nur Kostenvoranschläge waren, und bat um Rückruf. Der VR hatte zwischenzeitlich einen Ortstermin veranlasst und konnte keine Reparaturen feststellen. Der VR sah sich getäuscht und erklärte sich leistungsfrei.

Der Rechtsstreit.

Das Landgericht Neubrandenburg gab der Klage des VN nach Vernehmung des Maklers statt (Az. 3 O 668/19). Das OLG Rostock wies die Klage ab (Az. 4 U 48/22). Der VR sei wegen einer dem VN zurechenbaren arglistigen Obliegenheitsverletzung des Maklers leistungsfrei. Die Schadenanzeige sei objektiv falsch, da sie das Vorliegen bezahlter Rechnungen behaupte. Trotz der WhatsApp habe es keine zeitnahe Richtigstellung gegeben und der VR sei im Irrtum gehalten worden. Soweit der Makler sich auf eine Verwechslung berufe, sei das unglaubwürdig, denn der VN habe in der WhatsApp ja um Rückruf gebeten, in dem er den Makler mutmaßlich erneut auf den Fehler hingewiesen hat.

Das Urteil.

Der BGH gab dem VN Recht (Az. IV ZR 125/23). Das OLG muss den Fall erneut prüfen. Der VN habe die allgemeine Auskunfts- und Aufklärungsobliegenheit (Abschnitt B §8 VGB) erfüllt. Der Leistungsfreiheit wegen einer arglistigen Täuschung sind Grenzen aus Treu und Glauben gesetzt (§ 242 BGB). Ein völliger Anspruchsverlust verlangt, dass die besonderen Umstände des Einzelfalls und das Verschulden des VN zu beachten sind. Das OLG hätte nicht ohne nochmalige Vernehmung des Maklers unterstellen dürfen, dass ein in einer WhatsApp erbetener Rückruf auch stattgefunden hat.

Der Ausblick.

Moderne, aber flüchtige Kommunikationswege wie etwa WhatsApp sind im Versicherungsfall riskant. Der VN sollte die Nachrichten speichern und prüfen, was von seinen Bitten tatsächlich auch erledigt wird. Insbesondere für Makler lauern hier Gefahren – nicht nur in der Wohngebäudeversicherung. In der Hausratversicherung sind die Anzeigepflichten identisch.


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