Wichtiger Etappensieg für die Vermittlerbranche
Dürfen Versicherungsmakler mit dem Slogan „unabhängige Beratung“ werben? „Ja“, so das Landgericht Leipzig mit einer schlüssigen Begründung. FOCUS MONEY-Versicherungsprofi-Experte Norman Wirth erklärt die Hintergründe der Entscheidung. Das Urteil ist jedoch noch nicht rechtskräftig
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(Foto: Wirth-Rechtsanwälte)
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Der Fall.
Eine Versicherungsmaklerin bewarb auf ihrer Internetseite ihre Dienstleistung als „unabhängiger Versicherungsmakler“. Als Mehrwert für ihre Kunden hob sie hervor, eine Vermögensschaden-Haftpflichtversicherung (VSH) mit erhöhter Deckungssumme abgeschlossen zu haben. Weiterhin behauptete sie auf ihrer Internetseite, dass Verbraucherschützer empfehlen, sich bei der Suche nach einem geeigneten Versicherungsvertrag an einen Versicherungsmakler zu wenden.Das passte dem Bundesverband der Verbraucherzentralen und Verbraucherverbände (vzbv) gar nicht. Er verklagte die Maklerin auf Unterlassung.
Der Rechtsstreit.
Als Hauptargument gab der vzbz vor dem Landgericht Leipzig an, dass die Versicherungsmaklerin wettbewerbswidrig handeln und interessierte Verbraucher beim Besuch ihrer Website täuschen würde. Die Beratung könne nicht als unabhängig bezeichnet werden, da Versicherungsmakler ihre Vergütung in der Regel über Provisionen von Versicherungsgesellschaften erhielten. Damit seien sie zwangsläufig abhängig.
Ferner sei der Abschluss einer Vermögensschadenhaftpflichtversicherung für Vermittler gesetzlich vorgeschrieben. Eine Werbung mit einer erhöhten Deckungssumme stelle daher eine unzulässige Herausstellung einer Selbstverständlichkeit dar und sei wettbewerbswidrig.
Das Urteil.
Das Gericht wies die Klage als unbegründet ab. Die in der Werbung adressierten potenziellen Kunden der Maklerin würden den Begriff „unabhängig“ so verstehen, dass sie nicht von einem einzelnen oder einer irrelevant kleinen Anzahl von Anbietern gesteuert werde. Stattdessen erwarten sie, dass eine von einem Versicherungsmakler ausgesprochene Empfehlung auf einem umfassenden Marktüberblick und nicht allein auf Eigeninteressen beruhe.
Die vom Verband monierte vermeintliche Falschaussage bezüglich der Empfehlung von Vermittlern durch Verbraucherschutzverbände vermochte die Kammer ebenfalls nicht zu erkennen. Und auch in der Frage der Vermögensschadenhaftpflicht schlug sich das Gericht auf die Seite der Beklagten: Es werde nicht mit einer Selbstverständlichkeit geworben. Die Police biete einen Deckungsschutz über die gesetzliche Mindestversicherungssumme hinaus, womit ein tatsächlicher Mehrwert geboten werde.
Die Bewertung.
Das Urteil ist aus Vermittlersicht ausdrücklich zu begrüßen. Das Landgericht bestätigt die Unabhängigkeit von Maklern und stärkt das etablierte Vergütungsmodell auf Provisionsbasis. Doch noch ist das letzte Wort nicht gesprochen. Der vzbz wird vermutlich Berufung einlegen. Es bleibt abzuwarten, wie das Oberlandesgericht den Fall bewertet. Eine endgültige Klärung wird voraussichtlich erst durch den Bundesgerichtshof erfolgen.
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