„Mensch und Maschine in perfekter Harmonie“
Mehr Tempo, mehr Service, mehr Innovation versus Jobverlust, Datenmissbrauch und Cyber-Kriminalität: Künstliche Intelligenz ist auch in der Assekuranz Top-Thema. In unserer KI-Kolumne PROMPT! beziehen Experten und Entscheider Stellung. Heute: Simon Moser, CEO des Berliner Startups Muffintech.

(Foto: Muffintech)
Die Versicherungsbranche befindet sich in einer tiefgreifenden Transformation. Als ich während meines Studiums nebenberuflich als Versicherungsvermittler arbeitete, waren Face-to-Face-Beratung, handschriftlich ausgefüllte Anträge und gefaxte Adressänderungen noch Standard. Heute arbeiten Menschen und künstliche Intelligenz in vielen Branchen bereits Hand in Hand. Dieser Trend wird sich über die nächsten Jahre verstärken – und das ist auch gut so!
Immer wieder begegnet mir jedoch die Frage: „Wird KI uns Menschen bald ersetzen?“ Klare Antwort: Nein! Vielmehr geht es darum, dass Mensch und Maschine in perfekter Harmonie arbeiten. Diese Vision ist längst mehr als Theorie. Studien und Praxisbeispiele zeigen, wie KI bereits heute Geschäftsprozesse revolutioniert und den Versicherungsbetrieb auf ein neues Level hebt. Ein aktueller Bericht von Deloitte und dem InsurTech Hub Munich zeigt: Rund 94 Prozent der befragten
Versicherer setzen KI bereits ein, um ihre Effizienz zu steigern. Weitere Ziele sind die Erhöhung der Kundenzufriedenheit (59 Prozent) und Umsatzsteigerung (41 Prozent). Besonders interessant: 88 Prozent der Unternehmen planen, verstärkt mit Startups zusammenzuarbeiten, um die Potenziale von KI voll auszuschöpfen.
Corona-Pandemie als Katalysator
Ein Beispiel aus der Praxis ist Klarna. Durch den gezielten Einsatz von generativer KI konnte der Zahlungsanbieter die Produktivität seiner Belegschaft um 73 Prozent steigern. Ähnliches habe ich selbst in meiner Firma gesehen. Gestartet sind wir 2021 als digitaler Versicherungsmakler. Unsere Kunden haben wir fast ausschließlich über WhatsApp beraten. Auch wenn das effizienter war als im persönlichen Gespräch, stießen unsere Berater doch schnell an ihre Kapazitätsgrenzen und gut ausgebildete §34d-Vermittler, die angestellt arbeiten wollten, waren in Berlin schwer zu finden. Also entwickelten wir eine erste Version unserer heutigen KI. Sie half uns, schnell Informationen zu finden, beantwortete Kundenanfragen automatisch oder machte Vorschläge für Einwandbehandlungen. Die Folge: Die Produktivität unserer Berater stieg in kurzer Zeit um mehr als 50 Prozent.
Die Corona-Pandemie hat den Wandel von persönlicher zu digitaler oder zumindest hybrider Beratung zusätzlich beschleunigt. Kunden erwarten heute ein Kundenerlebnis, das analoge und digitale Welten miteinander verbindet. Laut einer Studie von Ernst & Young aus dem Jahr 2020 sehen 70 Prozent der Befragten Online-Beratung mindestens auf Augenhöhe mit klassischen Kanälen. Gleichzeitig bleibt der Wunsch nach persönlichem Kontakt stark – auch wenn dieser zunehmend digital per Chat oder Videocall stattfindet.
Lösung für Fachkräftemangel
Wie schaffen wir diesen Balanceakt? Die Antwort liegt in einer klugen Verbindung aus menschlicher Expertise und den Stärken generativer KI. Doch das erfordert Mut. Angst vor dem Unbekannten muss durch Neugier und Experimentierfreude ersetzt werden. Die Regulierungen der EU – wie der „AI Act“ – schaffen dabei den nötigen Rahmen, um sensible Themen wie Datenschutz und Ethik zu adressieren.
Auch die Sorge um Arbeitsplätze sollten wir im Kontext betrachten. Die Versicherungsbranche kämpft schon lange mit Fachkräftemangel. Das haben auch wir regelmäßig erfahren. Und genau hier kann KI eine entscheidende Unterstützung bieten, indem sie Routineaufgaben übernimmt und den Mitarbeitenden Möglichkeiten eröffnet, sich auf komplexe und kreative Aufgaben zu konzentrieren.
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