Vom Prinzip zur Praxis – KI erfolgreich einführen
Mehr Tempo, mehr Service, mehr Innovation versus Jobverlust, Datenmissbrauch und Cyber-Kriminalität: Künstliche Intelligenz (KI) ist auch in der Assekuranz Top-Thema. In unserer KI-Kolumne PROMPT! beziehen Experten und Entscheider Stellung. Heute: Corin Targan, Director bei Deloitte Deutschland.

(Foto: Deloitte)
Es geht längst nicht mehr darum, ob KI eingesetzt werden sollte. Die Frage ist: Wie können Versicherer sie langfristig wirtschaftlich sinnvoll verankern? Wie gelingt der Schritt vom Experiment zum unternehmerischen Standard? Beispiele zeigen: KI entfaltet ihren Mehrwert vor allem dann, wenn sie direkt dazu beiträgt, zentrale Unternehmensziele zu erreichen. Führende Versicherer denken KI vom Zielbild her – nicht vom Use Case. So auch ein deutscher Erstversicherer, der zunächst ein Zukunftsbild für den Kundenservice mit Fokus auf Automatisierung und Personalisierung entwickelt und dann seine KI-Investitionen entsprechend priorisiert hat.
Auf ein Modell setzen
Ob zentral, dezentral oder hybrid – das richtige Operating Model muss zur Reife der Organisation passen, klare Verantwortlichkeiten festlegen und mit ausreichendem Mandat sowie Budget ausgestattet sein. Bei der Auswahl ist eine Reihe von Faktoren zu berücksichtigen. Dazu zählen die internationale Ausrichtung, etablierte Zusammenarbeitsmodelle oder die Frage, ob es dezidierte Innovationseinheiten gibt.
Die erfolgreichen Versicherungsunternehmen folgen dabei einer bewussten Auseinandersetzung mit der eigenen Organisation und entscheiden sich gezielt für ein Modell. So sehen wir etwa bei einem großen Versicherer ein global aufgestelltes „Center of Excellence“, in dem lokale Initiativen begleitet werden, um sie dann weltweit in weitere Ländergesellschaften zu skalieren. So dienen die besten Use Cases der gesamten Organisation.
Fortbilden und IT modernisieren
Damit die Vorteile der KI-Einführung auf allen Ebenen der Organisation verstanden werden und die Technologie auch genutzt wird, ist ein kultureller Wandel entscheidend. Ein Großteil der Versicherer bietet inzwischen eine Vielzahl an Trainings- und Fortbildungsmöglichkeiten an: von Grundlagen-Trainings für alle Mitarbeitenden bis hin zu fokussierten Formaten für Mitglieder von Vorständen und Aufsichtsräten. So kennen wir Beispiele von Versicherern, die über ein KI-Fortbildungsprogramm – das E-Learnings, Vorbereitungsunterlagen, physische Meetings und Coaching über einen längeren Zeitraum kombiniert – Führungskräfte ausbilden. Das ermutigt diese, KI fest in den Arbeitsalltag ihrer Teams zu integrieren.
KI-Anwendungen stellen zudem wachsende Anforderungen an die IT-Infrastruktur. Wir beobachten im gesamten Versicherungsmarkt weiterhin signifikante Investments in deren Modernisierung. Dabei sehen wir inzwischen auch kreative Ansätze, wie KI bei der Modernisierung selbst hilfreich sein kann – etwa bei der „Übersetzung“ von alten Programmiersprachen in einen neuen Code. So kann ein noch auf Mainframe basiertes und häufig hoch individualisiertes Bestandssystem zumindest teilweise modernisiert werden, ohne eine vollständige Systemablösung durchzuführen.
Daten im Fokus behalten
Eine strukturierte Data Governance ist für den Erfolg von KI-Initiativen unverzichtbar, um klare Zuständigkeiten, verbindliche Qualitätsstandards und eine konsistente Nutzung zu etablieren. Das kann nur im kontinuierlichen Erfahrungsaustausch untereinander sowie mit dem Regulator gelingen. Um einen solchen Austausch möglich zu machen und zu vereinfachen, sehen wir zum Beispiel Plattformen wie den InsurTech Hub Munich oder das InsurLab Germany als Bindeglieder, über die sich die Versicherungsindustrie wechselseitig, aber auch mit Start-ups, Technologieunternehmen und Beratungen vernetzen kann.
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