Schlampige Dokumentation kann teuer werden
Deckt ein Vermittler den Schutz seines Kunden um, ist eine Dokumentation der Beratung doppelt wichtig. Denn für entstehende Lücken haftet sonst der Vermittler, wissen die VP-Experten Jem Schyma und Raimund Mallmann.
Der Fall.
Ein Mehrfachagent riet seinem Kunden, einem verbeamteten Feuerwehrmann, zur Umdeckung seiner bisherigen Berufsunfähigkeits- und Dienstunfähigkeitsversicherung. Der Feuerwehrbeamte, dem es in erster Linie um die Kostenersparnis ging, kündigte daraufhin beide Policen und schloss eine neue Versicherung ab. Einige Zeit später erklärte sein Dienstherr den Feuerwehrmann für dienstunfähig. Erst jetzt bemerkte der Versicherungsnehmer, dass die neue Versicherung nur noch die Berufsunfähigkeit absicherte – jedoch nicht mehr auch die Dienstunfähigkeit.
Der Rechtsstreit.
Der Feuerwehrbeamte wollte so gestellt werden, als unterhielte er weiterhin die Dienstunfähigkeitsversicherung, und verklagte den Versicherungsvertreter und den neuen Versicherer. Im Prozess war streitig, ob der Versicherungsvertreter den Feuerwehrmann auf die nach der Umdeckung verbliebene Deckungslücke hingewiesen hatte. Der Versicherungsvertreter konnte hierzu lediglich eine Gesprächsnotiz vorlegen, auf der „BU/DU“ stand.
Die Entscheidung.
Das Landgericht Erfurt gab dem Feuerwehrbeamten recht (Az. 8 O 860/20) und stellte fest, dass der Versicherungsvertreter und der Versicherer als Gesamtschuldner verpflichtet sind, dem Feuerwehrmann eine monatliche Dienstunfähigkeitsrente zu zahlen. Höhe und Dauer der Zahlung richten sich dabei nach dem früher bestehenden Versicherungsvertrag. Zwar müsse grundsätzlich der Versicherungsnehmer eine Beratungspflichtverletzung des Vermittlers beweisen. Wenn bei einer Umdeckung jedoch Deckungslücken aufträten, müsse der Vermittler auf diese hinweisen und die entsprechende Beratung dokumentieren. Denn der Versicherungsnehmer rechne bei einer Umdeckung nicht mit einer Verschlechterung des Versicherungsschutzes. Der Versicherungsvertreter konnte im vorliegenden Fall nicht nachweisen, dass er über den Wegfall des Dienstunfähigkeitsversicherungsschutzes beraten hatte. Die vorgelegte Gesprächsnotiz reichte dem Gericht nicht als Nachweis, dass die Beratung entgegen der (fehlenden oder unvollständigen) Dokumentation trotzdem mündlich stattgefunden habe. Der somit feststehende Beratungsfehler führe dazu, dass sowohl der Versicherungsvertreter als auch der neue Versicherer auf Quasideckung haften.
Die Konsequenzen.
Das Urteil belegt den Stellenwert der Beratungsdokumentation. Optimal ist ein vom Kunden gegengezeichnetes Beratungsprotokoll. Insbesondere wenn ein Kunde bereit ist, für eine Kostenersparnis auf Teile seines Versicherungsschutzes bewusst zu verzichten, sollte der Vermittler dies detailliert dokumentieren. Vermittler, die hier schlampen, müssen am Ende selbst zahlen.