Vom Winde verweht: Beweise bei Sturmschäden
Normalerweise muss ein Versicherungsnehmer Sturmschäden nicht näher beweisen. Warum der Hauseigentümer in diesem Fall trotzdem leer ausging, berichtet unser neu besetztes Rechtsdoppel Jem Schyma und Raimund Mallmann.
Die Ausgangslage.
Es muss eine stürmische Nacht gewesen sein, als heftige Böen den Gartenzaun des Versicherungsnehmers niederfegten. Jedenfalls bestritt auch der Wohngebäudeversicherer nicht, dass seinerzeit Windstärken bis 8 Beaufort geherrscht hatten. Laut den marktüblichen Versicherungsbedingungen war damit die Voraussetzung für den Versicherungsfall gegeben. Der Gebäudeversicherer lehnte die Deckung dennoch ab. Der Zaun sei schon vor dem Sturm marode gewesen und hätte auch niedrigeren Windstärken nicht standgehalten.
Der Fall.
Grundsätzlich trägt der Versicherungsnehmer die Beweislast für den Schadeneintritt. Das kann im Fall von Sturmschäden für Versicherungsnehmer, die weder Meteorologen sind noch eine eigene Wetterstation auf dem Grundstück betreiben, problematisch sein. Eine exakte Messung der Windgeschwindigkeit am betroffenen Grundstück zum genauen Schadenzeitpunkt ist dem Versicherungsnehmer kaum möglich. Diesen Beweisschwierigkeiten tragen die AVB grundsätzlich Rechnung. Der Sturm wird nach übereinstimmendem Verständnis als einheitliches Ereignis angesehen. Unterschiedliche Sturmphasen sind irrelevant. Es genügt, dass ein Sturm in der Umgebung des Versicherungsorts Windstärke 8 erreichte und der Sachschaden in engem zeitlichem Zusammenhang eintrat.
Das Urteil.
Das erstinstanzlich zuständige Landgericht Zweibrücken bestätigte dennoch die Deckungsablehnung des Gebäudeversicherers und auch die Berufung vor dem OLG Zweibrücken (Az. 1 U 181/19) blieb für den Versicherungsnehmer erfolglos. Zwar habe der Kläger bewiesen, dass der Sturm mitursächlich für den zerstörten Zaun war. Der Versicherer habe jedoch anhand eines Sachverständigengutachtens nachgewiesen, dass der Zaun bereits bei geringerer Windstärke gebrochen sein musste.
Die Konsequenzen.
Das Gericht stellte richtigerweise fest, dass Versicherungsnehmern grundsätzlich Beweiserleichterungen für kausale Sturmschäden zugutekommen. Der Versicherer trägt seinerseits dann die Beweislast, wenn er die Deckung eines Sturmschadens wegen fehlender Mitursächlichkeit des Sturms für die Sachschäden ablehnt. Doch der Versicherungsschutz der Sturmversicherungwird ausgehöhlt, wenn der Versicherer behauptet, aus dem Schadenbild unterschiedlich starke Sturmphasen ablesen zu können, und auf Basis selbst beauftragter Gutachten eine eigene Version des Schadenverlaufs konstruiert. Leider bekam der Bundesgerichtshof keine Gelegenheit, die Zweibrücker Entscheidung zu korrigieren. Vielleicht empfiehlt es sich für Versicherungsnehmer künftig also doch, eine eigene Wetterstation aufzustellen?