Riester weiter auf dem Rückzug
Laut Zahlen des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales ging der Vertragsbestand der Zusatzrente im Coronajahr um 160.000 zurück. Es ist bereits das dritte Jahr in Folge mit sinkenden Zahlen.
Es war eines der ganz großen Prestigeprojekte von Rot-Grün. Die 2002 eingeführte staatlich geförderte Riesterrente sollte Arbeitnehmern helfen, das sinkende Niveau der gesetzlichen Rente zumindest teilweise auszugleichen. Zunächst erwies sich der Mix aus Rendite und Kapitalsicherheit als Erfolgsstory. Innerhalb der ersten sechs Jahre schlossen die Bundesbürger mehr als zehn Millionen Verträge ab, die meisten davon klassische Lebensversicherungspolicen. 2013 wurde sogar die 16 Millionen-Marke geknackt. Doch im Zinstief und in der Folge sinkender Zinsgarantien verloren Lebensversicherungsprodukte an Attraktivität – insbesondere in der Variante Riester-Rente.
Riester: Zukunft nur mit Reformen
Für das vergangene Jahr vermeldet das Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) einen Rückgang um 160.000 Verträge. Damit hat sich der Riester-Vertragsbestand das dritte Jahr in Folge vermindert. Zwar heißt es beim BMAS, die Zahl der Verträge lasse „keine unmittelbaren Rückschlüsse auf die konkrete Anzahl der förderberechtigten Riestersparer zu“, da eine Person auch „mehrere Riester-Verträge abschließen kann“ oder Verträge auch „dauerhaft ungefördert bleiben können“.
Dennoch beobachtet die Branche die Entwicklung mit Sorge. Das Deutsche Institut für Altersvorsorge (DIA) etwa fordert die Politik schon länger auf, die Riesterrente zu stärken – etwa durch ein einfacheres Regelwerk. „Wenn politische Reformen bei den Riesterverträgen weiter ausbleiben, wird 2022 ein Neugeschäft kaum noch möglich sein“, prophezeit DIA-Sprecher Klaus Morgenstern. Die vom Bund für 2022 geplante Absenkung des Höchstrechnungszinses auf 0,25 Prozent sei bei Erhalt der 100-prozentigen Beitragsgarantie „nicht mehr darstellbar“. Morgensterns Prognose: „Anleger werden sich zurückziehen und die Kündigungen werden zunehmen.“ GDV-Hauptgeschäftsführer Jörg Asmussen befürchtet in diesem Fall sogar eine „Defacto-Beerdigung der Riester-Rente".
Corona spielt kaum eine Rolle
Bei den klassischen Versichererungsverträgen hält der Abwärtstrend bereits seit 2011 an. Im Coronajahr 2020 gab es nun erstmals bei allen Riestervarianten – Banksparpläne, Investmentfonds, Wohnriester – einen Rückgang im Vertragsbestand. Ein Fünftel der Verträge wird inzwischen gar nicht mehr bespart. Dies sei womöglich den geänderten Erwerbsbiografien geschuldet, vermutet DIA-Experte Morgenstern. „Viele Menschen waren verunsichert und dürften möglicherweise auch deshalb Verträge beendet haben.“ Dennoch sei die Coronapandemie für den Negativ-Trend bei der Riestervorsorge kein maßgeblicher Faktor.