Kunden fordern mehr Nachhaltigkeit von Versicherungen
Eine aktuelle Studie belegt ein wachsendes Interesse von Versicherungskunden an Produkten, die ökologischen, sozialen und ethischen Kriterien standhalten.
Corona, sonst nichts? Seit einem Jahr bestimmt das SARS-Virus das öffentliche und private Leben – und drängt nahezu alle anderen Themen in den Hintergrund. Doch gerade die Bekämpfung der Pandemie eröffnet neue Chancen für eine raschere Umstellung auf eine klimaneutrale Wirtschaft. So verbindet die die EU-Kommission milliardenschwere Finanzhilfen mit ihrem „Green Deal“. Nachhaltiges und umweltgerechtes Wirtschaften – das wünschen sich in Zukunft auch neun von zehn Bundesbürgern von Unternehmen, wie eine aktuelle Studie von Rothmund Insights belegt. Das Kölner Marktforschungsinstitut hat 1000 Entscheider im Alter zwischen 18 und 70 Jahren repräsentativ zu ihren nachhaltigkeitsbezogenen Verhaltensweisen und Einstellungen in verschiedenen Lebensbereichen befragt. Der Schwerpunkt lag dabei im Bereich Versicherungen.
70 Prozent der Bundesbürger wollen nachhaltige Policen
Nach Einschätzung von gut einem Fünftel der befragten Verbraucher tragen Versicherer bereits heute eine starke Verantwortung für Nachhaltigkeit, Umwelt und Gemeinwohl. Entscheider, die sich selbst als nachhaltigkeitsbewusst einstufen, legen die Messlatte noch höher: Hier sehen aktuell 32 Prozent die Assekuranz in der Pflicht. Für die Zukunft erwarten insgesamt 48 Prozent aller Verbraucherinnen und Verbraucher und sogar 60 Prozent der Nachhaltigkeitsbewussten, dass Nachhaltigkeit bei der Wahl der Anbieter an Bedeutung gewinnt. Noch klarer ist der Trend bei Produkten. Nur zehn Prozent (aktiv Nachhaltigkeitsbewusste: 16 Prozent) der Befragten achten bislang beim Abschluss einer Police auf ökologische, soziale und ethische (ESG) Kriterien. Zukünftig wollen das laut Studie aber 53 Prozent (70 Prozent) tun.
Eine stärkere Orientierung an ESG-Kriterien bietet der Branche nachhaltige Positionierungschancen und die Möglichkeit neue Zielgruppen zu erschließen. Gleichzeitig müssen sich die Unternehmen aber konsequent den neuen Anforderungen stellen. „Versicherer sind gut beraten, Nachhaltigkeit gesamtunternehmerisch stärker in den Fokus zu nehmen, in ihr Werte- und Handlungssystem zu integrieren und die neuen Potenziale proaktiv zu nutzen“, sagt Jutta Rothmund, Wirtschaftspsychologin und Expertin für Nachhaltigkeitsforschung und Nachhaltigkeitsmarketing. „Damit verbundene Wandel- und Innovationserfordernisse sollten nicht auf die lange Bank geschoben werden.“
Kundenkommunikation muss deutlich besser werden
Um sich nachhaltig zu positionieren, müssen Versicherer das Thema auch stärker und überzeugender gegenüber Kunden kommunizieren. Ein Test der Websites von neun namhaften Versicherern ergab hier ein durchwachsenes Bild. Haltungen und Aktivitäten erscheinen oft zu unverbindlich. Häufig sind Nachhaltigkeitsinformationen kaum auffindbar und für Laien wenig verständlich. „Eine konsequent kundenzentrierte Nachhaltigkeitskommunikation ist gerade für Versicherer ein Muss“, sagt Jutta Rothmund.
Neue Offenlegungspflichten für Versicherer
Tatsächlich sollte das Thema Nachhaltigkeit beim Besuch der Homepage unmittelbar zugänglich und erfassbar sein – denn das erfordert ab 10. März auch die EU-Transparenzverordnung. Es gehört spätestens dann zu den Informationspflichten eines Versicherers, über die Nachhaltigkeit ihrer Produkte aufzuklären.