Rechtsschutzversicherung: Telefonische Beratung auf Rekordniveau
285.000 anwaltliche Telefonberatungen im März und April – Rechtsschutzversicherer haben nach einer GDV-Auswertung in Coronazeiten deutlich mehr zu tun. Der Verband rechnet in den kommenden Monaten auch mit erheblich mehr Rechtsschutzfällen wegen Streitigkeiten bei Kündigungen und stornierten Reisen. Die Beratung am Telefon ist für Rechtsschutzversicherte kostenlos. Rat gibt es auch bei nicht versicherten Rechtsgebieten.
Noch nie haben sich so viele Kunden innerhalb kürzester Zeit bei Rechtsfragen an ihren Rechtsschutzversicherer gewandt, wie in den Wochen der Coronakrise. Im März und April konnte Versicherten in knapp 285.000 anwaltlichen Telefonberatungen geholfen werden. In normalen Monaten sind es etwa 115.000. Das zeigt eine Sonderauswertung des Gesamtverbands der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV).
Viele Fragen zum Vertrags- und Arbeitsrecht
Die von Rechtsschutzversicherern angebotene schnelle und unkomplizierte rechtliche Einschätzung durch einen Anwalt am Telefon habe sich in der Krise mit all ihren Beschränkungen und Unsicherheiten bewährt: „Allein von Mitte März bis Anfang April – also in den ersten Wochen des Lockdown – verzeichneten die deutschen Rechtsschutzversicherer die Rekordzahl von über 35.000 telefonischen Beratungen pro Woche”, sagt Thomas Lämmrich, Leiter Rechtsschutzversicherung beim GDV. Die meisten Fragen wurden zum Vertrags- gefolgt vom Arbeitsrecht gestellt, beispielsweise zu Kurzarbeit und Kündigung. Bei Fragen zum Reiserecht standen vor allem Fragen zu Stornierungen im Fokus.
GDV rechnet mit Klagewelle
„Als Folge der Coronakrise rechnen wir mit einer deutlichen Zunahme von Rechtsschutzfällen und der damit verbundenen Kosten”, sagt Lämmrich. Vor allem im Arbeitsrecht dürften aufgrund der wirtschaftlichen Entwicklungen die Schäden stark ansteigen. Allein Arbeits- und Vertragsrecht machen ein Drittel der Schäden aus. Insgesamt bearbeiten die Rechtsschutzversicherer jährlich über vier Millionen Fälle im Jahr und leisten dafür rund 2,8 Milliarden Euro. Auf die ohnehin schon belasteten Gerichte werden voraussichtlich in nächster Zeit erheblich mehr Prozesse zukommen, beispielsweise um den Erhalt des Arbeitsplatzes oder etwa wegen der Kostenerstattung bei stornierten Reisen.
Hinzu kommt, dass für 2021 eine Erhöhung der Rechtsanwalts- und Gerichtsgebühren geplant ist. Die damit verbundene Kostensteigerung würde nicht nur die Rechtsschutzversicherer, sondern vor allem auch rechtsuchende Verbraucher ohne Versicherung in der Krisensituation zusätzlich belasten. Geboten sei daher eine Anpassung mit Augenmaß. So könnten bei bestimmten Verfahren, die weniger aufwändig für Anwälte sind, die Gebühren gesenkt werden. Etwa bei der standardisierten Bearbeitung einer Vielzahl gleichgelagerter Fälle in Massenverfahren, wie zuletzt im Zuge des Dieselskandals.