Von wegen Klimaschutz: Greenpeace attackiert Vermögensverwalter
Die vier großen deutschen Fondsgesellschaften investieren laut einer Untersuchung mehrerer NGOs immer noch zu viel Geld in klimaschädliche Geschäfte mit fossilen Energien. Von 13 Milliarden Euro, Grünfärberei und Heuchelei ist die Rede. Die Vermögensverwalter ordnen die Zahlen anders ein und beteuern ihre Absichten.
Die vier größten deutschen Vermögensverwalter Allianz Global Investors (AGI), Deka Investments, Union Investment und DWS investieren immer noch massiv in expandierende fossile Energieunternehmen. Laut eines Reports der Nichtregierungsorganisationen Greenpeace, Urgewald und Reclaim Finance stecken die Unternehmen trotz ihrer Klimaversprechen 13 Milliarden Euro in den Ausbau fossiler Brennstoffe.
Die DWS steht besonders am Pranger
Schlusslicht beim Vergleich angeblich klimaschädlicher Investments sei Stand September 2022 die Deutsche Bank-Tochter DWS mit 7,8 Milliarden Euro Aktien- und Anleihenbesitz in expandierende fossile Unternehmen, heißt es in einer Greenpeace-Veröffentlichung. „Angesichts des jüngsten Greenwashing-Skandals bei der DWS wiegt es besonders schwer, dass die Deutsche Bank-Tochter auch beim Klimaschutz das Schlusslicht der Branche bildet. Das ist ein weiterer Fall von Grünfärberei, den die DWS schleunigst korrigieren sollte“, sagt Dr. Mauricio Vargas, Economist and Financial Expert bei Greenpeace Deutschland. Danach kämen Union Investment mit 2,0 Milliarden Euro, die AGI mit 1,7 Milliarden Euro und Deka Investments mit 1,5 Milliarden Euro. Als Beispiel wird die Investition der DWS und von AGI in das Rohstoffunternehmen Glencore genannt, das eine massive Ausweitung der Kohleförderung plane.
Widerspruch zum 1,5-Grad-Ziel
Greenpeace behauptet, dass zur Erreichung des 1,5-Grad-Ziels laut aktueller Forschung überhaupt keine weiteren Investitionen in die Exploration und Erschließung neuer Kohle-, Öl- und Gasvorkommen getätigt werden dürften. Insoweit passe der Umgang der Verwalter mit fossilen Energien nicht zu der Tatsache, dass sie sich der Initiative „Net Zero Asset Managers” angeschlossen und damit verbindlich zum 1,5-Grad-Ziel des Pariser Klimaschutzabkommens bekannt haben. Greenpeace spricht von einem „Widerspruch zwischen Worten und Taten“. AGI, Deka und Union Investment hätten lediglich moderate generelle Beschränkungen für Investitionen in Kohleunternehmen gegeben. Bei der DWS gebe es gar keine allgemeingültigen Auflagen. Zudem fehlten effektive Leitlinien für den Dialog mit Unternehmen, um dort die notwendigen Emissionsreduktionen sicherzustellen. Das Defizit spiegele sich auch beim Abstimmungsverhalten der vier Vermögensverwalter auf Hauptversammlungen der großen europäischen Öl- und Gaskonzerne wider.
Ausstiegspläne gefordert
Greenpeace, Urgewald und Reclaim Finance fordern die Vermögensverwalter auf, verbindliche Pläne für den sofortigen Ausstieg aus Unternehmen vorzulegen, die an der Expansion von Kohle-, Öl- und Gasprojekten beteiligt sind. Sie bräuchten zudem eine klare und glaubwürdige Strategie für das Engagement gegenüber den verbleibenden fossilen Energieunternehmen. „Die fossilen Unternehmen sind mitten in der Klimakatastrophe immer noch auf Expansionskurs, statt endlich einen Ausstiegsplan vorzulegen. Das ist heute schlicht verantwortungslos. Die deutschen Vermögensverwalter dürfen sich nicht hinter ihrem Engagement verstecken. Ohne rigorose Ausschlüsse verkommt das zur bloßen Ausrede, sagt Julia Dubslaff vom Verein Urgewald.
Nur 0,6 Prozent des gesamten Anlagevermögens
Die kritisierte Branche sieht das Ganze naturgemäß anders. Henrik Pontzen, Leiter der Nachhaltigkeit im Portfoliomanagement bei Union Investment, kritisiert die Untersuchung als irreführend. Sie suggeriere, dass es um nachhaltige Geldanlagen gehe. „Tatsächlich stehen hier aber alle Anlagen im Fokus. Und wenn man mal einen Blick auf die Größenordnung wirft: Von den 400 Milliarden, die Union Investment investiert, behauptet die Studie, dass zwei Milliarden Euro nicht klimakompatibel investiert seien.“ Die Gesamtsumme, die die vier größten deutschen Fondsgesellschaften angelegen, wird auf mehr als zwei Billionen Euro beziffert. Wenn davon 13 Milliarden Euro in klimaschädliche Unternehmen flössen, sei das zwar immer noch viel Geld, so Pontzen - aber nur 0,6 Prozent des gesamten Anlagevermögens. Den Handlungsbedarf verschweigt er indes nicht. Ab 2025 wolle Union Investment nur noch in Unternehmen investieren, die sich vollständige, langfristige Klimaziele gegeben haben.
So klare Bekenntnisse fehlen von anderen großen Anbietern wie der DWS. Die Deutsche Bank-Tochter teilte laut eines Berichts auf „Tagesschau.de“ mit, dass man derzeit an einer „Kohle-Policy“ arbeite. Diese solle mit den Anforderungen und dem Zeitrahmen der Science Based Targets Initiative (SBTi) übereinstimmen - einer 2015 gegründeten Initiative, die Konzernen wissenschaftlich orientierte Klimaziele ermöglichen soll.