Hochwasser: Nur ein gutes Drittel der versicherten Schäden bezahlt
Fünf Monate nach der verheerenden Hochwasserkatastrophe an Ahr und Erft warten noch viele Opfer auf die Regulierung ihrer Schäden. Bislang haben die Versicherer erst rund drei der 8,2 Milliarden Euro Gesamtschaden beglichen. Der Branchenverband GDV beschwichtigt – und kritisiert die Politik.
Die Versicherungswirtschaft hat nach der Hochwasserkatastrophe im Sommer in Deutschland bisher ein gutes Drittel der versicherten Schäden bezahlt – und beurteilt das offenbar als Erfolg. „An unsere Kunden wurden bereits über drei Milliarden Euro ausgezahlt, um die Schäden an Hausrat, Wohngebäuden, Betrieben und Fahrzeugen zu beheben“, sagt Jörg Asmussen, Hauptgeschäftsführer beim Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV). Der GDV rechnet derzeit mit versicherten Gesamtschäden in Höhe von 8,2 Milliarden Euro, die das Tiefdruckgebiet „Bernd“ mit 180 Toten verursacht hat. Der Branchenverband musste aber bereits mehrfach seine Prognose nach oben korrigieren. Von den bislang ausgezahlten Leistungen erhielten Betroffene in Nordrhein-Westfalen über 1,7 Milliarden Euro. Auf Versicherungskunden in Rheinland-Pfalz entfielen rund 950 Millionen Euro, während die übrigen 350 Millionen Euro vor allem in Bayern und Sachsen ausgezahlt wurden.
Vollständige Zahlungen erst bei komplettem Wiederaufbau
Der Wiederaufbau in den Überschwemmungsgebieten an Ahr und Erft sowie den anderen betroffen Regionen ist laut GDV in vollem Gange. Tatsächlich wird aber auch immer wieder Kritik laut, nicht zuletzt an den Versicherern. Der Branchenverband selbst weist darauf hin, dass zum jetzigen Zeitpunkt noch gar alle Schäden nicht beglichen sein könnten. „Die Versicherer zahlen nicht pauschal eine Summe aus, sie bezahlen ganz konkret den Wiederaufbau eines Gebäudes“, so Asmussen. Das geschehe so zügig wie möglich. „Aber bis alle stark geschädigten Gebäude wieder aufgebaut sind, dauert es noch. Und erst dann sind alle Mittel geflossen.“ Die Betroffenen könnten sich darauf verlassen, dass die Versicherer bestehende Ansprüche erfüllen. Asmussen: „Glauben Sie nicht den Gerüchten in den sozialen Medien.“
Kritik an der öffentlichen Hand
Der GDV-Chef äußert Verständnis für den Wunsch der Menschen, so schnell wie möglich wieder in ihre Häuser zurückzukehren und ein normales Leben zu führen. Verzögerungen lastet er der Politik an. „Von der öffentlichen Hand hätten wir uns klare Aussagen gewünscht, an welche behördlichen Präventionsauflagen der Wiederaufbau geknüpft ist“, so Asmussen. „Das betrifft vor allem das Ahrtal. Stattdessen ist in der Öffentlichkeit der Eindruck entstanden, dass man mit den von der Landesregierung neu berechneten Gefahrenkarten für künftige Katastrophen hinreichend vorgesorgt hat. Das ist eine verpasste Chance für eine bessere Hochwasservorsorge“, so Asmussen.
Wohngebäudeversicherung künftig nur noch mit Elementarschutz-Baustein
Als Folge der Flutkatastrophe haben die deutschen Versicherer Vorschläge für ein Gesamtkonzept zur Klimafolgenanpassung vorgelegt. Damit einher geht auch ein neues System für den Elementarversicherungsschutz. Ziel ist eine Absicherung aller privaten Wohngebäude gegen Extremwetterrisiken. Im Kern sehen die GDV-Vorschläge vor, dass es künftig nur noch Wohngebäudeversicherungen geben soll, die auch sogenannte Elementargefahren wie Hochwasser und Starkregen abdecken. Zugleich fordert die Versicherungswirtschaft ein nachhaltiges Umsteuern der öffentlichen Hand, etwa durch klare Bauverbote in hochwassergefährdeten Gebieten.