Klare Mehrheit für Pflichtversicherung gegen Elementarschäden
Unter Deutschlands Haueigentümern gibt es einer Verivox-Umfrage zufolge keinen großen Widerstand gegen die Einführung einer Pflichtversicherung für Elementarschäden. Praktisch umsetzbar aber ist sie wohl nur, wenn in gefährdeten Lagen kaum oder gar nicht mehr neu gebaut wird.
Schäden durch Elementarrisiken wie Starkregen, Hochwasser und Schneedruck sind nicht durch die normale Gebäudeversicherung gedeckt, sie müssen zusätzlich abgesichert werden. Dass die Rekordschäden durch Naturgefahren im vergangenen Jahr die Diskussion um eine gesetzliche Versicherungspflicht gegen Elementarschäden angeheizt haben, ist da kein Wunder. Politisch bleibt das Thema umstritten, geriet zuletzt aber auch etwas in den Hintergrund. Ein Problem: Bereits 2015 und 2017 war die Einführung einer nationalen Pflichtversicherung an verfassungsrechtlichen Bedenken gescheitert.
Nach der Flutkatastrophe des Sommers, die einen Gesamtschaden von mehr als acht Milliarden Euro verursachte, präsentierte der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) eine eigene Idee. Alle bestehenden Verträge sollen zu einem Stichtag ergänzt und Neuverträge nur noch mit Elementarschutz angeboten werden. Das Konzept setze aber voraus, dass Bund, Länder und Kommunen umsteuerten und klare Bauverbote in hochwassergefährdeten Gebieten aussprächen.
Hauseigentümer klar pro Versicherungspflicht
Eine Umfrage des Marktforschungsinstituts Innofact im Auftrag des Vergleichsportals Verivox bringt nun eine weitere Perspektive ins Spiel. Und die ist eindeutig: 79 Prozent der 1024 befragten deutschen Hauseigentümer fänden demnach eine Versicherungspflicht gegen Elementarrisiken wie Starkregen, Hochwasser und andere Naturgefahren richtig. 16 Prozent sind gegen eine gesetzliche Pflichtversicherung. Die Ergebnisse seien repräsentativ für private Hausbesitzer im Alter von 18 bis 75 Jahren, die selbst in ihrer Immobilie wohnen und in ihrem Haushalt für Entscheidungen rund um den Abschluss von Versicherungen zumindest mitverantwortlich sind.
Wie die Verivox-Umfrage auch zeigt, hatten viele Hausbesitzer in jüngster Zeit selbst mit Unwetterschäden zu kämpfen. Bei 13 Prozent ist das Haus in den vergangenen zwölf Monaten durch Naturgewalten wie Starkregen, Hochwasser oder Sturm beschädigt worden. Insgesamt hatten 39 Prozent der Befragten schon einmal einen wetterbedingten Schaden am Haus. Bei rund vier von zehn dieser Geschädigten wurde das Haus nach eigener Einschätzung mittelschwer (36 Prozent) bis stark (drei Prozent) in Mitleidenschaft gezogen.
Viele überschätzen ihren Versicherungsschutz
Fast sieben von zehn Befragten (69 Prozent) in der Verivox-Umfrage befürchten, dass wetterbedingte Großschadenereignisse ähnlichen Ausmaßes an ihrem Wohnort künftig häufiger vorkommen könnten. Ein Fünftel (20 Prozent) der Hausbesitzer macht sich deswegen große Sorgen.
Doch trotz dieser Befürchtungen sei längst nicht jeder ausreichend versichert. Zwar haben 74 Prozent der Befragten ihr Haus gegen Elementarschäden versichert. Tatsächlich dürfte die Versicherungsdichte um einiges niedriger sein, mutmaßt Verivox. „Aus den Beratungsgesprächen mit unseren Kunden wissen wir, dass viele ihren bestehenden Versicherungsschutz überschätzen. Viele Hausbesitzer denken, sie seien umfassend gegen Elementarrisiken abgesichert, obwohl das nicht der Fall ist“, sagt Wolfgang Schütz, Geschäftsführer der Verivox Versicherungsvergleich GmbH. Nach Schätzungen der deutschen Versicherer ist nur etwa jedes zweite Haus in Deutschland gegen Elementarschäden versichert.
Versicherungspflicht nicht ohne Tücken
Ohne ausreichenden Versicherungsschutz kann im Schadenfall die gesamte wirtschaftliche Existenz auf dem Spiel stehen. Deshalb ist nach großen Katastrophen in der Vergangenheit immer wieder der Staat finanziell eingesprungen. Eine Versicherungspflicht könnte das in Zukunft unnötig machen. Doch im Detail berge diese mehrere Tücken. „Wenn die Höhe der Beiträge nach dem individuellen Risiko festgelegt würde, wäre die Versicherung für bestehende Häuser in stark gefährdeten Lagen kaum zu bezahlen“, sagt Schütz. Umgekehrt könne eine Einheitsprämie, die das individuelle Schadenrisiko gar nicht berücksichtigt, Fehlanreize setzen. „Wer sein Häuschen in der Nähe von Gewässern baut, profitiert von einer attraktiven Lage. Das damit verbundene erhöhte Hochwasserrisiko hingegen müsste die Solidargemeinschaft aller Pflichtversicherten schultern“, so Schütz.
Risikoabhängige Beiträge bei neuen Häusern als Anreiz
Für ihn ist eine Kompromisslösung denkbar – eine Pflichtversicherung mit risikoabhängigem Beitrag, jedoch nur für neue Häuser: „So entstünde ein Anreiz, vor allem in weniger bedrohten Lagen zu bauen. Um auch die Versicherungsdichte im Gebäudebestand zu erhöhen, sollten die Versicherer allen Hausbesitzern mit einer Wohngebäudepolice ohne Elementarschutz ein Angebot zum Aufstocken des Versicherungsschutzes unterbreiten.“ Die zusätzlichen Kosten wären in den meisten Fällen überschaubar. Wie eine Auswertung der Versicherungsabschlüsse bei Verivox zeigt, zahlen Hausbesitzer außerhalb besonders gefährdeter Lagen im Schnitt 298 Euro für eine Wohngebäudeversicherung samt Elementarschutz. Nur 19 Prozent davon (57 Euro) entfallen auf die Elementarabdeckung.