PKV-Verband wettert gegen pauschale Beihilfe für Beamte
Baden-Württemberg will als fünftes Bundesland seinen Beamten eine pauschale Beihilfe und damit die hälftige Finanzierung der GKV ermöglichen. Vor allem der Verband der Privaten Krankenkassen läuft Sturm. Befürworter sprechen von mehr Wahlfreiheit.
Laut Medienberichten will die Landesregierung in Baden-Württemberg zum 1. Januar 2023 für Beamte eine pauschale Beihilfe als monatlichen Zuschuss zur gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) einführen. Ein entsprechender Gesetzentwurf aus dem Finanzministerium sieht demnach vor, dass gesetzlich versicherte Beamte zukünftig die Hälfte ihres Kassenbeitrags vom Dienstherrn erhalten sollen. Diese Maßnahme soll mehr Wahlfreiheit ermöglichen und finanzielle Nachteile in der Krankenvorsorge mindern. Das Ganze ist als „Hamburger Modell“ bekannt. Die zum 1. August 2018 im Land Hamburg eingeführte Beihilfe wurde bisher von vier weiteren Bundesländern übernommen (Berlin, Brandenburg, Bremen und Thüringen).
Schritt in die Bürgerversicherung befürchtet
Die Pläne stoßen vor allem beim Verband der Privaten Krankenversicherung auf die übliche reflexartige Ablehnung. Die Lobbyisten befürchten einen Schritt in Richtung der verhassten Bürgerversicherung, da die „pauschale Beihilfe“ Beamte zu einem Wechsel in die GKV motivieren soll. Als Beleg dient die Tatsache, dass das „Hamburger Modell“ bisher nur in Bundesländern eingeführt wurde, in denen mit SPD, Grüne und/oder Die Linke Parteien regieren, die sich für die Bürgerversicherung einsetzen. Dazu muss man wissen, dass im Südwesten die Grünen mit der CDU regieren, die die Bürgerversicherung bisher stets abgelehnt hat.
PKV-Verband listet lange Liste mit Nachteilen auf
Jenseits dieses politischen Szenarios ist die Liste der Kritikpunkte des PKV-Verbands an dem geplanten Vorhaben lang. So sei ein Wechsel zurück in die PKV bei einer Entscheidung für die Beihilfe zum Zeitpunkt der Verbeamtung nicht mehr möglich. Dadurch werde die Wahlfreiheit insbesondere auf Kosten der jungen Berufsanfänger eingeschränkt. Zudem sei die Beihilfe eine Insellösung mit regionalen Grenzen. Beamte, die aus privaten oder beruflichen Gründen in andere Bundesländer ohne die pauschale Beihilfe umziehen wollen, würden benachteiligt. Der Verband sieht hier sogar einen Wettbewerbsnachteil im Kampf gegen den Fachkräftemangel
Weiterer Nachteil: Die Pflichtversicherung in der GKV biete im Krankheitsfall einen deutlich kleineren Leistungsumfang als die klassische Kombination aus Beihilfe und PKV. Im Gegenzug würden die meisten Beamten in der GKV dann aber einen höheren Beitrag zahlen. Im Pensionsalter könnten außerdem erhebliche Mehrbelastungen dazukommen. Negativ zu bewerten sei auch, dass die Auswirkungen der pauschalen Beihilfe auf die Pflegeversicherung bisher nicht thematisiert worden sind. Die private Pflegepflichtversicherung ergänzend zur Beihilfe sei für junge Beamte meist deutlich günstiger, Kinder zudem beitragsfrei mitversichert.
Kritik auch vom Beamtenbund, Lob von SPD und DGB
Auch der Beamtenbund Baden-Württemberg als gewerkschaftliche Interessenvertretung kritisiert die Pläne der Landesregierung, die Regelungen in der Krankenversicherung von Beamten zu verändern. Gegenüber dem „SWR “ sprach der Verband von keiner vernünftigen Lösung, die das Land viel Geld kosten werde. Das Argument der Befürworter, mit dem Gesetz die Wahlfreiheit der Beamten stärken zu wollen, bezeichnet Landesbeamtenbund-Chef Kai Rosenberger in den „Stuttgarter Nachrichten“ gar als „Mogelpackung“.
Die oppositionelle SPD im baden-württembergischen Landtag lobt dagegen die Initiative. Sie sei ein Schritt in die richtige Richtung. Der Staatsdienst werde so genau dort attraktiver gemacht, wo es am nötigsten sei - bei Beamten mit niedrigem Einkommen. Ähnlich die Haltung des Deutschen Gewerkschaftsbunds, der sich schon lange für die Einführung einer pauschalen Beihilfe einsetzt.