21.10.2021 Sparten/Produkte

DAV: Rentenpolitik wird für neue Koalition zur Mammutaufgabe

Die Deutsche Aktuarvereinigung äußert ein zaghaftes Lob für die Idee der Ampel-Parteien, die gesetzliche Rente um eine kapitalgedeckte Komponente zu ergänzen. Ansonsten sehen die Experten noch viele offene Fragen und ungelöste Probleme bei den beiden anderen Säulen der Altersvorsorge.

Die Mathematiker der Lebensversicherungen befürworten mehr Kapitaldeckung in der Rentenversicherung, sehen aber Finanzierungsprobleme. (Foto: DVAG)
Die Mathematiker der Lebensversicherungen befürworten mehr Kapitaldeckung in der Rentenversicherung, sehen aber Finanzierungsprobleme.
(Foto: DVAG)

Bisher liegt erst ein Sondierungspapier vor, das bewusst auf Details verzichtet. Für zahlreiche Akteure der Finanz- und Versicherungswirtschaft ist aber dieser Zwischenstand in den Verhandlungen der sogenannten Ampel-Parteien zur Bildung einer neuen Bundesregierung Anlass, sich zu Wort zu melden, zu loben und zu tadeln und Forderungen zu wiederholen. So hält es nun auch die Deutsche Aktuarvereinigung (DAV) und ihr Zweigverein, das Institut der Versicherungsmathematischen Sachverständigen für Altersversorgung (IVS).

Kapitalgedeckte Komponente ein Fortschritt

 

In einem Pressestatement werden die Pläne von SPD, Grünen und FDP, das Rentensystem durch einen Ausbau der Kapitaldeckung zukunftsfest und generationengerechter zu machen, grundsätzlich begrüßt. „Die Einführung einer zusätzlichen kapitalgedeckten Komponente in der Gesetzlichen Rentenversicherung ist eine neue hybride, solidarisch-kollektive Finanzierungsform, die es so in Deutschland noch nicht gegeben hat“, so der DAV-Vorstandsvorsitzende Dr. Herbert Schneidemann.

Pläne reichen für langfristige Rentensicherung nicht aus

 

Die avisierte Anschubfinanzierung von zehn Milliarden Euro könne „jedoch die strukturellen Probleme der ersten Säule nicht kurzfristig lösen, sondern frühestens in 20 Jahren zu einer gewissen Entlastung des Rentensystems beitragen“, so der IVS-Vorstandsvorsitzende Dr. Friedemann Lucius. Die Verbände appellieren daher an die künftigen Koalitionäre, ein langfristiges, generationengerechtes und sozial ausgewogenes Konzept für die Rente zu entwickeln, das auf den anerkannten Regeln der Versicherungsmathematik fußt. „Wenn das Rentenniveau ohne Erhöhung des Renteneintrittsalters gehalten werden soll, dann müssen in erheblichem Maß zusätzliche Mittel in die Rentenversicherung fließen“, so Schneidemann. Hier fehlten bislang aber die belastbaren Aussagen, wie das vor dem Hintergrund der hohen Staatsschuldenlast und der prognostizierten Klimawandelkosten finanziert werden solle.

Mehr Gestaltungsspielraum bei Garantien

 

Sicher ist laut DAV und IVS, dass die gesetzliche Rente auch mit einer zusätzlichen kapitalgedeckten Komponente keine lebensstandardsichernde Funktion haben werde. Von daher sei die ergänzende und geförderte Absicherung aus betrieblicher Altersversorgung (bAV) und privater Altersvorsorge weiter essenziell. „Die Säulen zwei und drei unseres Alterssicherungssystems brauchen aber deutlich mehr Gestaltungsspielraum, um in der andauernden Tiefzinssituation die erwartbaren Versorgungslücken der ersten Säule zu schließen“, sagt Dr. Lucius. DAV und IVS erneuern entsprechend ihre Forderung nach einer Neudefinition der Garantieanforderungen. „Die bisherige 100-Prozent-Beitragsgarantie verengt unnötigerweise die Anlageoptionen in chancen- und damit renditereichere Investments.“

Viele offene Fragen bei Renten-Staatsfonds

 

Was den öffentlich verantworteten Fonds betrifft, den die Koalitionspartner schaffen wollen, sind aus Sicht von DAV und IVS noch zahlreiche Fragen offen. So fokussierten sich alle bislang bekannten Konzepte nur auf die Ansparphase und ließen die hoch komplexe und jahrzehntewährende Auszahlungsphase vielfach außer Acht. Zudem dürften die systemischen Risiken eines einzigen billionenschweren Fonds nicht ausgeblendet werden. Die Unabhängigkeit eines solchen Fonds müsse aufgrund seiner potenziellen Bedeutung für die Sozialsysteme durch entsprechende Steuerungs- und Governance-Konzepte bereits mit der Gründung sichergestellt werden.


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