Ende der 100-Prozent-Garantie: Allianz läutet Systemwechsel ein
Weniger Sicherheit, mehr Chancen: Die Allianz versucht mit dieser Botschaft einen Neustart in der Lebensversicherung und könnte damit die Branche umkrempeln. Ab 2021 soll es im Neugeschäft keine Verträge mehr mit vollständiger Garantie geben.
Dieser Tag könnte in die Geschichte der Versicherungsbranche eingehen. Die Allianz Lebensversicherungs-AG wird im Neugeschäft ab dem kommenden Jahr nur noch Lebens- und Rentenversicherungen verkaufen, bei denen zum Ende der Ansparphase 60, 80 oder 90 Prozent der Einzahlungen garantiert sind. Das Ende der vollen Beitragsgarantie beim Marktführer Allianz könnte Signalwirkung für die ganze Branche haben. Die Maßnahme ist ein Tabubruch in der Lebensversicherungsbranche, die jahrzehntelang mit Beitrags- und Zinsgarantien geworben hatte.
Fokus auf Renditechancen
Das Unternehmen selbst spricht davon, in einer anhaltenden Nullzins-Phase weiterhin eine attraktive und sichere Altersvorsorge bieten und diese langfristig zukunftsfähig gestalten zu wollen. Deshalb werde die Allianz-Tochter das Produktangebot ab 2021 auf Lösungen mit zeitgemäßen Garantien fokussieren. Klar ist, dass damit der Erfolg der Kapitalanlage für den Kunden von noch entscheidender Bedeutung werden wird. Die Allianz sieht das naturgemäß als größere Freiheit und Chance für den Kunden. „Wir wollen, dass die Altersvorsorge bleibt wie sie ist – mit attraktiven Renditechancen, echten Mehrwerten für unsere Kunden über Zeiträume von 30 oder 40 Jahren, dabei zuverlässig und sicher“, sagt Andreas Wimmer, Vorstandsvorsitzender von Allianz Leben.
Ab 1. Januar 2021 gilt die neue Marschrichtung für die Vorsorgekonzepte „KomfortDynamik“, „InvestFlex“, „IndexSelect“. Nur für das Vorsorgekonzept „Perspektive“ bietet die Allianz standardmäßig ein Garantieniveau von mindestens 90 Prozent. Wo dies gesetzlich verankert ist, wird weiterhin ein Garantieniveau von 100 Prozent angeboten, wie bei Riester-Verträgen oder der Beitragszusage mit Mindestleistung in der betrieblichen Altersversorgung (bAV). Im Breitengeschäft der bAV setzt die Allianz Leben auf die Angebote in der Direktversicherung und im Pensionsfonds, die nach eigener Darstellung deutlich attraktiver sind als in der Pensionskasse. Wie schon berichtet, wird die Allianz Pensionskasse ab 2022 aufgrund der geringen Nachfrage keine neuen Verträge mehr annehmen.
Unterstützung vom GDV kommt wie bestellt
Bei den staatlich geförderten und streng reglementierten Altersvorsorgeprodukten würde die Allianz lieber heute als morgen Veränderungen sehen. Die Unterstützung des GDV hat der Marktführer. Wohl nicht ganz zufällig veröffentlichte der Branchenverband heute eine passende Stellungnahme. Darin erklärt der GDV-Hauptgeschäftsführer Jörg Asmussen: „In einer Welt ohne positiven Nominalzins muss die Altersvorsorge neu gedacht werden – das gilt auch für Riester und die betriebliche Altersversorgung. Um Chancen am Kapitalmarkt nutzen zu können, braucht es flexiblere gesetzliche Garantieanforderungen. Einfachere Förderregeln und weniger Bürokratie senken zusätzlich die Kosten und tragen so zu einer attraktiven Rendite bei. Unsere Vorschläge für einen Neustart von Riester liegen auf dem Tisch. Die Politik ist am Zug, die angekündigte Reform der privaten Altersvorsorge endlich anzugehen.“