28.08.2024 Sparten/Produkte

Lebensversicherung: BaFin rügt Kosten

Die neue BaFin-Exekutivdirektorin Julia Wiens kristisiert die Lebensversicherer. Erste Auswertungen zeigten: Insbesondere die Stornokosten seien vielfach so hoch, dass die Kunden ein Minus machen.

Die neue Versicherungsaufseherin Julia Wiens hat die Kosten im Blick. (Foto: Bundesministerium für Finanzen)
Die neue Versicherungsaufseherin Julia Wiens hat die Kosten im Blick.
(Foto: Bundesministerium für Finanzen)

Julia Wiens hat Anfang des Jahres als Exekutivdirektorin die Leitung des Geschäftsbereichs Versicherungs- und Pensionsfondsaufsicht bei der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) übernommen. Wiens kennt sich aus: Zuletzt war sie bei der Baloise verantwortlich für die beiden Vorstandsressorts Lebensversicherung und Finanzen/Kapitalanlagen. Jetzt hat sie sich erstmals ihre ehemalige Branche vorgeknöpft: „Lebensversicherungen sollen den Absicherungsbedürfnissen und den Renditeerwartungen der Kundinnen und Kunden gerecht werden. Das klingt wie eine Selbstverständlichkeit, ist es aber leider nicht”, so Wiens. Mehrere Versicherer müssten dringend nachbessern.
 
Die Bafin hatte im Mai 2023 in einem Schreiben zu kapitalbildenden Lebensversicherungsprodukten dargelegt, was sie von den Anbietern erwartet. Parallel hatte sie Produkte am Markt analysiert. Inzwischen hat die Behörde nach eigenen Angaben 13 der rund 90 Lebensversicherer geprüft. Sie stünden für mehr als ein Fünftel des Marktes. „Was wir bislang herausgefunden haben, entspricht nicht unseren Erwartungen”, sagte Wiens beim „Strategiemeeting Lebensversicherung” des „Handelsblatts”.

Teure Kündigung



Der Bafin sind einige Lebensversicherungsprodukte mit sehr hohen Stornoquoten aufgefallen – speziell in den ersten Jahren nach Vertragsabschluss, in denen ein großer Teil der Kosten anfalle. Ein hohes Frühstorno könne ein Hinweis dafür sein, dass die Produkte außerhalb des für sie bestimmten Zielmarktes vertrieben wurden, heißt es vonseiten der BaFin.
Gravierend sind laut BaFin der Vertrieb und die Höhe der Effektivkosten. Diese geben an, wie stark die jährliche Rendite durch die Kosten gemindert wird. Diese Kosten entstehen aus hohen Abschlussprovisionen, die Kundinnen und Kunden vor allem in den ersten Jahren zahlen müssen. Die Forderung der Expertin: „Wenn die Effektivkosten so hoch sind, müssen die Versicherer prüfen: Wird zumindest für diejenigen Versicherten das Renditeziel mit hinreichender Wahrscheinlichkeit erreicht, die ihren Vertrag kündigen, nachdem bereits die Hälfte der Kundinnen und Kunden ihren Vertrag vorzeitig beendet haben? Nur dann kann von einem angemessenen Kundennutzen die Rede sein.“

Bei den Produkten mehrerer Unternehmen betrugen die Kosten zu diesem Zeitpunkt demnach vier Prozent oder mehr. „Die Unternehmen müssten also mit den dazugehörigen Kapitalanlagen eine Rendite mindestens in derselben Höhe erwirtschaften, damit die Kundinnen und Kunden davon profitierten." Das dürfte eher selten der Fall sein.

Branche hält dagegen



Der Gesamtverband der Versicherungswirtschaft (GDV) weist darauf hin, dass Versicherungen im Kollektiv funktionierten. „Abschläge für frühe Kündigung bewahren das Versichertenkollektiv davor, die Rechnung dafür zu zahlen”, so GDV-Hauptgeschäftsführer Jörg Asmussen. Seiner Meinung nach bpartitzipierten die Versicherten angemessen an den Überschüssen: „Im Mittel erfolgt eine Beteiligung von 95 Prozent an den Kapitalerträgen, Risiko- und Kostenüberschüssen.”

Wenn die BaFin Missstände feststelle, werde sie einschreiten, so BaFin-Exekutivdirektorin Wiens. Die Behörde könne etwa den Vertrieb von Produkten untersagen oder Maßnahmen gegenüber Vorstandsmitgliedern verhängen, wenn deren fachliche Eignung infrage stehe. Die Ansage zeigt Wirkung: Laut Wiens seien einige Produkte bereits vom Markt genommen worden, bei anderen hätten die Anbieter die Kosten im Bestand gesenkt oder den Versicherten rückwirkend Kompensationsmaßnahmen angeboten.

 


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