Tarif-Vergleich: Starker Schutz für viele Fähigkeiten
Wenn eine Berufsunfähigkeitsversicherung (BU) kaum bezahlbar ist, kann der Schutz wichtiger Grundfähigkeiten eine gute Alternative sein. Altenpflegerin, Dachdecker, Friseurin: Für drei körperlich anstrengende Berufe hat FOCUS MONEY-Versicherungsprofi Tarife mit ausgezeichneten Ratings einem Prämienvergleich unterzogen.
Größeres Tarifangebot, neue Chance.
Wer in körperlich anstrengenden Berufen arbeitet, kann sich häufig eine BU nicht leisten. So müsste ein 35-jähriger Dachdecker für eine Rente von 1500 Euro mindestens 200 Euro monatlich bezahlen. Hier kann eine Grundfähigkeitsversicherung (GF) eine Alternative sein. Diese Policen springen ein, wenn der Versicherte eine oder mehrere Kompetenzen des Alltags verliert. Mehr als 20 Millionen Menschen in Deutschland sind schwer versicherbar, schätzen Experten. Mit der Grundfähigkeitspolice bekommen sie eine neue Chance. Und auch das Angebot wächst. So hat sich die Zahl der Tarife mit inzwischen 170 binnen vier Jahren mehr als verdreifacht.
Zu wenig Geld vom Staat bei Erwerbsminderung.
Häufig löst der Verlust von Grundfähigkeiten eine Berufsunfähigkeit aus. Diese kann aber auch andere Gründe haben. Die BU bleibt deshalb der umfassendere Arbeitskraft-Schutz. Dennoch: Wenn beruflich nichts mehr geht, sollte wenigstens eine GF als finanzielles Netz vorhanden sein. Die staatliche Absicherung bewegt sich schließlich nur auf Sozialhilfeniveau. Das bestätigen neueste Zahlen der Deutschen Rentenversicherung. Je nach Art der Beeinträchtigung bekommen Männer bei teilweiser Erwerbsminderung 630 Euro im Monat, Frauen 571 Euro. Nur die volle Erwerbsminderung führt bei Männern zu Zahlungen von 1087 Euro und bei Frauen zu 1033 Euro monatlich.
Entscheidend ist der vollständige Verlust einer Fähigkeit.
Eine GF zahlt im Leistungsfall eine Rente, solange die Beeinträchtigung besteht, maximal bis zum vereinbarten Endalter. Ob man dem Beruf noch nachgehen kann, spielt hierbei keine Rolle. „Der Ausfall einer einzigen definierten Grundfähigkeit ist mittlerweile standardmäßig leistungsauslösend“, sagt Thorsten Saal von der Ratingagentur Morgen & Morgen. Wann eine Fähigkeit als vollständig verloren gilt, ergibt sich aus den Versicherungsbedingungen.
Die wichtigsten Leistungsauslöser aus Expertensicht.
Für die Ermittlung der besten Policen hat sich FOCUS MONEY-Versicherungsprofi an einem aktuellen Rating des Hauses orientiert. Hierfür hatten die Analysten 15 ratingrelevante Leistungsauslöser definiert. Dazu zählen die Anordnung einer gesetzlichen Betreuung sowie der Verlust folgender Fähigkeiten: Arme bewegen, Autofahren, Gehen, sich orientieren, Gleichgewicht halten, Hände nutzen, Heben und Tragen, Hören, Knien und Bücken, Sehen, Sitzen, Sprechen, Stehen, Treppen steigen. Morgen & Morgen hat geprüft, wie viele der 15 Kriterien in den ausgewählten Tarifen enthalten sind. In Einzelfällen wurden halbe Punkte vergeben, wenn die betreffende Grundfähigkeit „mit Einschränkungen“ zur Leistung führt. Alle Tarife in den Vergleichen glänzen mit fünf Sternen.
Die günstigsten Anbieter für drei Modellfälle.
Für den Vergleich wurden Berufe gewählt, für die eine BU sehr teuer werden kann. Dachdecker, Altenpflegerin und Friseurin sind jeweils 35 Jahre alt und wollen möglichst viele Grundfähigkeiten absichern. Sie wünschen eine monatliche Rente von 1500 Euro. Bei den gelisteten Tarifen zahlt die Altenpflegerin im Durchschnitt 98 Euro. Die günstigsten Angebote kommen von Canada Life, Zurich und Signal Iduna. Allerdings hat die Signal Iduna mit rund 49 Prozent wie auch die Dortmunder die zweithöchste Differenz zwischen Zahlbeitrag und Maximalbeitrag. Nur die R+V schneidet beim Dachdecker mit 64 Prozent noch schlechter ab. Für ihn liegt die monatliche Prämie bei durchschnittlich 116 Euro. Die günstigsten Angebote kommen auch hier wieder von Canada Life, Zurich und Signal Iduna. Die Friseurin müsste im Schnitt 109 Euro für ihren Schutz bezahlen. Monatsprämien von weniger als 90 Euro bieten ihr Canada Life, Zurich, Signal Iduna und DEVK. Bei der Signal Iduna sind neben zwölf Grundfähigkeiten im Tarif Komfort Plus weitere acht Grundfähigkeiten versichert. Dazu gehören etwa Autofahren, ÖPNV-Nutzung oder Smartphone-Nutzung.
Die besten Grundfähigkeitsversicherungen
Die Altenpflegerin ist 35 Jahre alt und möchte eine monatliche Rente von 1500 Euro bis zum 65. Lebensjahr versichern. Möglichst viele Grundfähigkeiten sollen abgedeckt sein. Sie ist seit zehn Jahren Nichtraucherin und hat einen optimalen BMI. Alle Tarife haben fünf Sterne im Rating von Morgen & Morgen. Pro Gesellschaft wurde ein Tarif berücksichtigt, Ranking nach Zahlbeitrag.
Der 35-jährige Dachdecker hat eine monatliche Rente von 1500 Euro versichert. Weitere Merkmale wie oben.
Eine Friseurin im Alter von 35 Jahren möchte eine monatliche Rente von 1500 Euro bis zum 67. Lebensjahr versichern.
Nicht jedes Produkt eignet sich gleich gut für jeden Beruf.
Insgesamt fallen die Preise der einzelnen Tarife sehr unterschiedlich aus, weil die Vorgabe (möglichst viele eingeschlossene Grundfähigkeiten) zu recht teuren Prämien führen kann. Durch die Abwahl von optionalen Bausteinen kann der Schutz durchaus günstiger werden. Im Einzelfall ist für die versicherte Person immer abzuwägen, welche Leistungsauslöser tatsächlich benötigt werden. Für einen Altenpfleger etwa mag Leistung bei Infektion durchaus relevant sein, der Fähigkeitsverlust Lkw zu fahren aber wohl eher nicht.
Nicht ohne meinen Vermittler: Komplexes Produkt erfordert kompetente Beratung.
Vermittler sollten mit Blick auf den Beruf ihres Kunden streng prüfen, wie die Anbieter die Fähigkeiten definieren. Zum Verlust des Stehens etwa gehört bei der Baloise, dass man auch mit Hilfsmitteln keine zehn Minuten mehr durchhält. Das zeigt, dass die Absicherung der biometrischen Risiken sehr komplex ist und immer mit Unterstützung eines Beraters erfolgen sollte. Ob die Produkte auch in Zukunft vergleichsweise günstig bleiben? „Der Wettbewerb in der Grundfähigkeit findet nach wie vor hauptsächlich in der zunehmenden Ausdifferenzierung der Leistungsauslöser statt. Langfristig kann dies zu einem höheren Preisniveau führen und die preisliche Attraktivität für körperlich tätige Berufe gefährden“, befürchtet Saal.