04.07.2022 Branche

GDV: Schäden nur bei Begrenzung des Klimawandels versicherbar

Eine Auswertung von Klimadaten im Auftrag des GDV zeigt die dramatische Entwicklung bei der Zunahme von Hitzetagen in Deutschland. Der Verband warnt vor den Folgen und drängt auf mehr Klimafolgenanpassung und Prävention. Indirekt wird die Regulierbarkeit der Schäden in Zukunft in Frage gestellt.

In den heißesten Regionen Deutschlands wurden im Zeitraum von 2011 bis 2020 jährlich im Durchschnitt bereits über 20 Hitzetage gezählt. (Foto: stux / Pixabay)
In den heißesten Regionen Deutschlands wurden im Zeitraum von 2011 bis 2020 jährlich im Durchschnitt bereits über 20 Hitzetage gezählt.
(Foto: stux / Pixabay)

Das Jahr 2022 ist schon jetzt ein überdurchschnittliches Hitzejahr: Stand Ende Juni ist mit zwölf Tagen über 30 Grad der Gesamtjahresdurchschnitt von 11,1 Tagen der vergangenen zehn Jahre bereits übertroffen. Das sagt zumindest der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) auf Grundlage einer von ihm beauftragten Datenanalyse des Deutschen Wetterdienstes (DWD). Gezählt wurden die Tage, an denen in diesem Jahr mindestens an einer Messstation des DWD 30 Grad überschritten wurden.

Deutlich mehr Hitzetage mit dramatischen Folgen

 

Laut der Untersuchung hat sich die Zahl der Hitzetage in den vergangenen Jahrzehnten verdreifacht. Pro Jahrzehnt kamen demnach durchschnittlich 2,3 Hitzetage hinzu. Besonders seit den 1980er Jahren ist die Zahl heißer Tage in Deutschland der Studie zufolge dramatisch gestiegen. Dies liegt vor allem daran, dass sich im Zuge der globalen Erwärmung auch in Deutschland die mittlere Temperatur seit Beginn der flächendeckenden Wetteraufzeichnungen im Jahr 1881 um 1,6 Grad Celsius deutlich erhöht hat. Bei ungebremstem Treibhausgasausstoß müsse zwischen 2031 und 2060 mit einer weiteren Zunahme um fünf bis zehn heiße Tage im Jahr in Norddeutschland und zehn bis zwanzig heiße Tage in Süddeutschland gerechnet werden. Die Folgen sind laut GDV und DWD dramatisch: Es steigen dadurch die Gefahren für mehr Hitzetote, Dürren und Waldbrände. Ernteausfälle dürften drastisch zunehmen, weil Böden weiter austrocknen oder mehr Schädlinge Pflanzen zerstören.

Immer mehr extreme Wetterereignisse

 

„Die dynamische Zunahme der Hitzetage zeigt, dass der Klimawandel auch in Deutschland deutliche Spuren hinterlässt“, sagt Jörg Asmussen, Hauptgeschäftsführer des GDV. Die Folgen von Hitzeschäden seien bereits sichtbar: Der Belag von Autobahnen platzt auf, Eisenbahnschienen verbiegen sich, Seen und Flüsse drohen zu verschwinden und Regionen zu versteppen, mit gefährlichen Konsequenzen für die Wasserversorgung. Gleichzeitig nehmen extreme Wetterereignisse wie Starkregen, Hochwasser und Sturzfluten zu und verursachen katastrophale Schäden an Gebäuden und Infrastruktur. „Flutkatastrophen wie jüngst an Ahr und Erft zeigen, mit welcher Wucht uns der Klimawandel treffen und welches Ausmaß er anrichten kann“, sagt Asmussen. In der jüngeren Vergangenheit hatte der GDV wiederholt auf die Rekordschäden des Jahres 2021 hingewiesen. Die versicherten Schäden an Häusern, Hausrat, Betrieben und Kraftfahrzeugen lagen bei rund 12,5 Milliarden Euro.

In Berlin die meisten Hitzetage

 

Die heißen Tage sind laut DWD regional ungleich verteilt. Besonders betroffen sind der Osten und der Südwesten Deutschlands. So kommt bei Hitzetagen die Luft meist aus dem Südwesten. „Föneffekte nahe der Mittelgebirge und Städte verstärken die Entwicklung. So sind am stärksten Städte im Rheintal betroffen, wie Köln in Eifelnähe oder Mannheim, Ludwigshafen und Speyer in der Nähe des Pfälzer Waldes, aber auch Leipzig und Berlin beeinflusst durch den Thüringer Wald und den Harz“, sagt Andreas Becker, Leiter Klimaüberwachung beim DWD.

Im Bundesländervergleich hatte Berlin im vergangenen Jahrzehnt mit durchschnittlich 15,7 die meisten Hitzetage. Im Vergleich zu den 1950er-Jahren hat sich diese Zahl fast verdreifacht. Es folgen Brandenburg und Sachsen-Anhalt. Die wenigsten heißen Tage verzeichnete Schleswig-Holstein mit 3,7 Tagen. Im Vergleich zu den 1950er-Jahren hat sich die Zahl der Hitzetage hier jedoch mehr als vervierfacht – der höchste Anstieg im Bundesländervergleich.

Bleiben Schäden versicherbar?

 

Auch wenn der GDV mit dieser Untersuchung vor allem eine Datenauswertung präsentiert, hat der Verband eine klare Botschaft: „Die Schäden bleiben versicherbar, wenn wir den menschengemachten Klimawandel begrenzen, so wie im Abkommen von Paris vereinbart. Daneben müssen wir auf die Folgen des Klimawandels reagieren. Das bedeutet Klimafolgenanpassung, mehr Prävention, um Städte, Häuser und Industrie widerstandsfähiger zu machen und Schäden zu beschränken“, so Asmussen.

Heißt übersetzt aber wohl auch, dass ein ungebremster Klimawandel zu nicht versicherbaren Schäden führen würde. Über die Folgen für die eigene Branche spricht der GDV in seiner Veröffentlichung aber nicht. Tatsächlich dürften bereits auf kürzere Sicht die Zunahme von Ausschlüssen und drastisch steigende Prämien zu erwarten sein. Langfristig dürfe eine wichtige Rolle spielen, inwieweit es der Branche gelingt, Kapitalflüsse in wirklich nachhaltige Anlagen umzulenken.


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