11.01.2022 Branche

Katastrophenjahr 2021: Munich RE zieht Bilanz

Naturkatastrophen verursachen 2021 weltweit Gesamtschäden von 280 Milliarden US Dollar. Etwa 120 Milliarden davon waren versichert. Für Versicherer war 2021 das zweitteuerste Naturkatastrophenjahr bisher. Allein das Tief „Bernd“ hinterließ in Deutschland Schäden in Höhe von 33 Milliarden Euro.

Die Bilder der Naturkatastrophen von 2021 – wie hier in Altenahr  – sind verstörend. Die Klimaforschung belegt immer deutlicher, dass extreme Unwetter wahrscheinlicher geworden sind. (Foto: Martin Seifert)
Die Bilder der Naturkatastrophen von 2021 – wie hier in Altenahr  – sind verstörend. Die Klimaforschung belegt immer deutlicher, dass extreme Unwetter wahrscheinlicher geworden sind.
(Foto: Martin Seifert)

2021 war nicht nur durch die weltweite Coronakrise gekennzeichnet. Es war auch das Jahr der Naturkatastrophen: Stürme, Hochwasser, Waldbrände oder Erdbeben zerstörten nach vorläufigen Daten des Rückversicherers Munich RE Werte in Höhe von 280 Milliarden US-Dollar. Zum Vergleich: Im Jahr zuvor beliefen sich die Schäden auf 210 Milliarden US-Dollar, 2019 waren es 166 Milliarden. Der Anteil der versicherten Gesamtschäden liegt etwa bei 120 Milliarden US-Dollar (2020: 82 Milliarden, 2019: 57 Milliarden).

USA besonders stark betroffen

 

Rund 145 Milliarden US-Dollar Naturkatastrophenschäden entfielen 2021 allein auf die USA. Davon waren etwa 85 Milliarden US-Dollar versichert. Das Land wurde im vergangenen vor allem durch verheerende Tornados und Hurricanes heimgesucht. Insgesamt kamen dabei mehr 200 Menschen ums Leben. Hinzu kam mit „Deep Freeze” eine Kältewelle mit extremen Minustemperaturen, die bis nach Texas reichte. Millionen Menschen waren ohne Strom. Mit Schäden von 30 Milliarden US-Dollar (davon die Hälfte versichert) war dies die drittteuerste Naturkatastrophe des Jahres.

Sturzfluten wüten in Europa

 

In Europa verursachten Starkniederschläge im Juli ungewöhnlich starke Sturzfluten mit lokal verheerenden Schäden, insbesondere im Westen Deutschlands. In den betroffenen Regionen regnete es durch das Tiefdruckgebiet „Bernd” so stark wie sonst nur etwa einmal in 100 Jahren. Die Folge waren Sturzfluten an Nebenflüssen wie der Ahr in Rheinland-Pfalz, die zahllose Gebäude wegrissen. Hohe Schäden entstanden an der Infrastruktur wie Bahnlinien, Straßen und Brücken. Mehr als 220 Menschen kamen ums Leben. 

Rekordschäden in Deutschland

 

Die Gesamtschäden betrugen 46 Milliarden Euro, davon 33 Milliarden Euro in Deutschland. Der versicherte Anteil war wegen der unversicherten Infrastrukturschäden und der begrenzten Versicherungsdichte für Hochwasser in Deutschland relativ gering: Elf Milliarden Euro trugen die Versicherer, davon nach Angaben des Gesamtverbands der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) 8,2 Milliarden Euro in Deutschland. Es war die bislang teuerste Naturkatastrophe in Deutschland und Europa. Zu schlimmen Verwüstungen führt auch der Ausbruch des Vulkans Cumbra Vieja im Süden der kanarischen Insel La Palma. Zwischen September und Ende Dezember wurden etwa 3000 Häuser unter Lavaströmen und Asche begraben und verursachten dabei Schäden von etwa 850 Millionen Euro, von denen vermutlich nur ein geringer Anteil versichert sein dürfte.

Folge des weltweiten Klimawandels

 

Klimaexperten rechnen damit, dass die Anzahl von Extremwetterereignissen in Zukunft weiter zunehmen werden – so auch Ernst Rauch, Chef-Klimatologe und Leiter der Abteilung Climate Solution bei Munich RE: „Etliche der extremen Unwetterereignisse gehören zu jenen, die durch den Klimawandel häufiger oder schwerer werden. Dazu gehören Schwergewitter in den USA auch im Winterhalbjahr. Oder auch Starkregen mit Hochwasser in Europa.” Bei den Hurricanes erwarte die Wissenschaft, dass der Anteil der starken Stürme gepaart mit extremen Niederschlägen durch den Klimawandel zunehme. „Auch wenn Ereignisse nicht einfach dem Klimawandel zugeordnet werden können, so liefert die Analyse der Veränderungen über Jahrzehnte hinweg plausible Indizien für einen Zusammenhang mit der Erwärmung der Atmosphäre und Ozeane”, so Rauch.

Große Versicherungslücken

 

Weltweit waren 2021 laut Munich RE etwa 57 Prozent der Schäden durch Naturkatastrophen nicht versichert. Betroffene mussten die finanziellen Schäden selbst tragen oder waren auf Hilfen angewiesen. In Industrieländern sei die Versicherungslücke in den vergangenen Jahrzehnten geschrumpft, während sie in ärmeren Ländern unverändert bei mehr als 90 Prozent liege. In Industrieländern hängt der Anteil der versicherten Schäden von den jeweiligen Naturgefahren ab. So ist in den USA wie in Europa bei Überschwemmungen die Versicherungsdichte deutlich niedriger als bei Stürmen. In USA ist Infrastruktur teilweise versichert, in Europa dagegen kaum.

„Eine höhere Versicherungsdichte kann dazu beitragen, dass betroffene Menschen und Länder die finanziellen Folgen einer Katastrophe besser verkraften und zu einem normalen Leben zurückkehren können. Auch der Ausbau von Konzepten in Partnerschaft mit Staaten – Public-Private Partnerships – kann sinnvoll sein”, so Klimatologe Rauch.


Weitere Artikel

Listing

23.07.2024 Branche

Umfrage: Im Schadensfall punktet schnelle Hilfe

Die Schäden durch Umweltkatastrophen häufen sich, sodass Versicherer immer schneller handlungsfähig sein sollten. Doch beim Schadensmanagement ist noch viel Luft nach oben. Wie groß die Unzufriedenheit der Kunden und Kundinnen ist und was auf deren Wunschliste ganz oben steht, hat eine Studie im Auftrag der Unternehmensberatung BearingPoint jetzt ermittelt.

> weiterlesen
Listing

09.07.2024 Branche

WSI-Daten: Gender Pay Gap wächst

Ein Blick auf den Lohnspiegel bei den Versicherungskaufleuten zeigt: Mit den Berufsjahren steigt zwar der Verdienst – allerdings vergrößert sich auch der Abstand der Gehälter zwischen Männern und Frauen, moniert das Wirtschafts- und Sozialwissenschaftliche Institut (WSI) der Hans-Böckler-Stiftung.

> weiterlesen
Listing

26.06.2024 Branche

YouGov-Studie: Bei Vorsorge auf Beratung setzen

Wer Geld fürs Alter zurücklegen will, sollte auf Beratung nicht verzichten. Eine Studie im Auftrag des Versicherers CanadaLife in sechs Ländern belegt, wie Sparer davon profitieren.

> weiterlesen