AfW: Rechtsgutachen geißelt EU-Pläne zu Provisionen
Der Bundesverband Finanzdienstleistung AfW fürchtet, dass die EU ein Provisionsverbot durch die Hintertür einführt. Der Verband hat nun ein Gutachten veröffentlicht, dass die EU-Pläne als teilweise rechtswidrig bewertet.
Im Mai hat die EU-Kommission eine Richtlinie zur Verbesserung der Vorschriften für den Schutz von Kleinanlegern (Kleinanlegerstrategie/Retail Investment Strategy) präsentiert. Darin ist u. a. ein Provisionsverbot für Versicherungsmaklerinnen und -makler für die Beratung und Vermittlung zu Versicherungsanlageprodukten enthalten.
Der AfW – Bundesverband Finanzdienstleistung hat dazu ein rechtswissenschaftliches Gutachten bei Prof. Hans-Peter Schwintowski von der Juristischen Fakultät der Humboldt-Universität zu Berlin zur Frage der Vereinbarkeit dieser beabsichtigten Regelung in Artikel 30 Absatz 5b) lit. b) IDD-E mit höherrangigem europäischen Recht erstellen lassen.
Verstoß gegen zahlreiche Grundsätze
In seinem Gutachten stellt der renommierte Finanzexperte fest, dass die vorgesehene Regelung in Art. 30 Absatz 5b RL-E nicht mit europäischem Recht vereinbar und folglich nichtig wäre. Die wichtigsten Punkte:
- Es fehlt an einer Kompetenzgrundlage, die diese Regelung legitimiert, da Art. 62, 53 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) nicht eingreifen. Die geplante Regelung erleichtert nicht die Aufnahme und Ausübung der Tätigkeit für Versicherungsmakler, sondern erschwert sie ganz erheblich.
- Verletzt ist ebenso das Kohärenzprinzip (Art. 7 AEUV) sowie das Prinzip der begrenzten Einzelermächtigung, das Subsidiaritätsprinzip und der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit (Art. 5 des Vertrags über die Europäische Union – EUV).
- Ferner ist der Grundsatz der loyalen Zusammenarbeit (Art. 4 Abs. 3 EUV) verletzt, ebenso wie der Grundsatz einer offenen Marktwirtschaft mit freiem Wettbewerb (Artt. 119, 120 AEUV).
- Schließlich sind die wirtschaftliche Freiheit (Art. 15/16 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union – EU-GRCh) und der Gleichheitssatz (Art. 20 EU-GRCh) verletzt.
Erschwerter Wettbewerb, höhere Kosten
Versicherungsmakler würden durch das geplante Provisionsverbot im Wettbewerb gegenüber gebundenen Vertretern massiv benachteiligt und diskriminiert, so das Gutachten. Damit sind Makler gegenüber gebundenen Vertretern praktisch nicht mehr wettbewerbsfähig.
Die Folge wäre nicht nur eine erhebliche Erschwerung der Aufnahme und Ausübung der Tätigkeit als Makler im EU-Binnenmarkt, sondern auch eine deutliche Erschwerung des Vertriebs von Versicherungsanlageprodukten, da die Wettbewerbsbedingungen für den Vertrieb dieser Produkte sehr unterschiedlich werden würden.
Auch für die Kunden würde die Umsetzung des Kommissionsvorschlages zu einem erheblichen Nachteil führen. Sie könnten auf den Sachverstand unabhängiger Sachwalter, die in ihrem Kundeninteresse tätig sind und ihnen die jeweils qualitativ besten Produkte empfehlen, nicht mehr zählen, da sich diese im Wettbewerb gegenüber gebundenen Vertretern nicht mehr behaupten könnten.
Dies zeige, dass die Funktionsfähigkeit des Wettbewerbs um Versicherungsanlageprodukte im Interesse der Kunden nur gewährleistet ist, wenn Makler bei ihrer Honorierung gegenüber gebundenen Vertretern nicht benachteiligt und diskriminiert werden. Es wird empfohlen, die Regelung ersatzlos zu streichen.
AfW fordert Unterstützung der Bundesregierung
Diese Empfehlung hat der AfW auch gegenüber der Kommission in einer ausführlichen Stellungnahme eingebracht.
„Wir erwarten uns eindeutige Unterstützung auch der deutschen Bundesregierung bei diesem Thema. Zustimmung zu einem erwiesen rechtswidrigen Vorschlag der EU-Kommission kann es durch Deutschland nicht geben“, so der Geschäftsführende Vorstand des AfW, Norman Wirth. „Entscheidend ist aber, dass mit dem Vorschlag die Kleinanleger geschädigt werden und mit ihnen ein ganzer kundenorientierter und qualifizierter Berufsstand – die Versicherungsmaklerinnen und -makler. Das kann nicht gewollt sein und muss verhindert werden!“