Auskunft über Prämienanpassung
Kann der Versicherungsnehmer in der privaten Krankenversicherung Auskunft über frühere Prämienanpassungen verlangen? Rechtsexperte Dr. Markus erörtert für den FOCUS MONEY-Versicherungsprofi ein aktuelles BGH-Urteil, das hierüber Klarheit schafft.
Der Fall.
Der Versicherungsnehmer (VN) hält eine Krankheitskostenversicherung. Der Versicherer (VR) informierte ihn 2018 und 2019 über Beitragserhöhungen. Der VN hält diese für unrechtmäßig und fordert im Jahr 2021 zu viel gezahlte Prämien zurück. Zugleich verlangte er Auskunft über alle Beitragserhöhungen ab 2013. Diese sollten mindestens die Höhe der Beitragserhöhungen unter Benennung des Tarifs, die Anschreiben und Nachträge zum Versicherungsschein und die Begründungen sowie Beiblätter enthalten. Der VR überließ nur Unterlagen ab 2017 und lehnte die Forderungen im Übrigen ab. Es kam zum Streit.
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Der Rechtsstreit.
Das Landgericht Gießen wies die Klage des VR zunächst ab (Az. 2 O 545/20). Das Oberlandesgericht Frankfurt am Main hingegen stellte die Unwirksamkeit der Beitragserhöhung fest und verurteilte den VR zur Auskunft ab 2013 (Az. 3 U 266/21). Die Klage sei begründet, denn dem VN stehe ein Auskunftsanspruch aus Treu und Glauben (§ 242 BGB) zu. Es sei egal, ob er zu den Beitragsanpassungen in den Jahren 2013 bis 2016 bereits Mitteilungsschreiben erhalten habe. Der VR sei zur Auskunft verpflichtet, wenn der VN glaubhaft erkläre, die Unterlagen stünden ihm nicht mehr zur Verfügung.
Das Urteil.
Der Bundesgerichtshof wies die Revision des VR zurück (Az. IV ZR 253/20) und bestätigte die Rückzahlungsansprüche des VNs größtenteils. Dem VN kann Treu und Glauben ein Auskunftsanspruch über zurückliegende Prämienanpassungen in der privaten Krankenversicherung zustehen – aber nur, sofern er in entschuldbarer Weise über Bestehen und Umfang seines Rechts im Ungewissen gewesen war. Auch aus Art. 15 Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) folgt grundsätzlich kein Anspruch auf Abschriften der Begründungsschreiben zu den Prämienanpassungen samt Anlagen. Weitere Anspruchsgrundlagen sieht der BGH nicht.
Der Ausblick.
Der BGH bestätigt Auskunftsansprüche des VN bei Prämienanpassungen, grenzt sie aber ein. Der Kunde hat einen Auskunftsanspruch aus Treu und Glauben. Seine bloße Erklärung, dass Unterlagen ihm nicht mehr vorlägen, genügt aber nicht. Vielmehr muss der VN konkrete Gründe angeben, weshalb er sich ohne eigene Schuld im Ungewissen befindet. In welchem Umfang dies erforderlich ist, muss im Einzelfall von einem Gericht geklärt werden. Eine Vorlage beim EuGH wegen der DSGVO war nicht mehr erforderlich, da dieser die Streitfrage durch das Urteil C-487/21 jüngst schon geklärt hatte.