Kolumne 11.08.2021 Recht | Ratgeber

Datenschutz-Grundverordnung: Einblick in die Akten des Versicherers
 

Mal wieder ein Fall für zwei: Versicherer müssen alle gespeicherten personenbezogenen Daten auf Verlangen herausgeben. Das Auskunftsrecht des Versicherten ist weitreichend, entschied jetzt der BGH.

Experten-Duo: Jem Schyma (l.) und Malte Krohn von der Düsseldorfer Kanzlei WILHELM Rechtsanwälte sind Profis im Versicherungsrecht: www.wilhelm-rae.de (Foto: WILHELM Rechtsanwälte)
Experten-Duo: Jem Schyma (l.) und Malte Krohn von der Düsseldorfer Kanzlei WILHELM Rechtsanwälte sind Profis im Versicherungsrecht: www.wilhelm-rae.de
(Foto: WILHELM Rechtsanwälte)

Die Ausgangslage.

Die Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) gibt in Artikel 15 jedermann ein umfassendes Auskunftsrecht gegen einen Datenverarbeiter hinsichtlich der über ihn gespeicherten personenbezogenen Daten.

Der Fall.

Ein Versicherungsnehmer geriet mit seinem Versicherer in Streit über das Vorliegen einer behaupteten Widerspruchserklärung gegen einen zuvor beantragten Lebensversicherungsvertrag. Der Versicherungsnehmer machte seinen datenschutzrechtlichen Auskunftsanspruch gegen den Versicherer geltend. Der Versicherer übersandte dem Versicherungsnehmer eine sogenannte „Datenübersicht nach § 34 BDSG“. Allerdings zweifelte der Versicherungsnehmer deren Vollständigkeit an und verlangte im Rechtsstreit die Herausgabe einer vollständigen Datenauskunft und die Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung, dass die bislang erteilten Datenauskünfte vollständig und richtig seien.

Der Rechtsstreit

Das Amtsgericht Brühl (Az. 24 C 407/17) in erster sowie das Landgericht Köln (Az. 26 S 13/18) in zweiter Instanz wiesen das Begehren des Klägers ab. Der Versicherer habe den Auskunftsanspruch mit der Übersendung der „Datenübersichten nach § 34 BDSG“ bereits vollständig erfüllt.

Das Urteil.

Der Bundesgerichtshof (BGH) hob jetzt das Urteil des Landgerichts Köln auf (Az. VI ZR 576/19) und stellte klar: Sogar interne Vermerke sowie Korrespondenz zwischen dem Versicherer und dem Versicherungsnehmer, aber auch zwischen dem Versicherer und weiteren Dritten sind personenbezogene Daten des Versicherungsnehmers. Auf Verlangen müsse der Versicherer all diese Unterlagen herausgeben. Ob der Versicherer zudem eine eidesstattliche Versicherung abgeben müsse, ließen die Karlsruher Richter offen.

Die Konsequenzen.

Die Feststellung des BGH, dass auch interne Vermerke oder interne Kommunikation als Gegenstand des Auskunftsanspruchs in Betracht kommen, kann als datenschutzrechtliches Novum angesehen werden. Insbesondere in Streitfällen kann die Erlangung bestimmter Informationen für den Versicherungsnehmer sehr wertvoll sein. Interne Vermerke zum Umgang mit einer Schadenmeldung oder der Schriftwechsel des Versicherers mit seinen Sachverständigen können Informationen enthalten, die die Position des Versicherungsnehmers vor Gericht stärken. Der datenschutzrechtliche Auskunftsanspruch stellt somit im Streit mit dem Versicherer ein echtes Ass im Ärmel dar. Auf Vermittler ist das Urteil übrigens übertragbar: Die Auskunftspflicht gegenüber dem Kunden gilt für sie gleichermaßen.


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