Kolumne 28.12.2021 Recht | Ratgeber

PKV: Zur Verjährung von Prämienrück­forderungen

Der BGH musste klären, ob für Versicherte in der Privaten Krankenversicherung, die aufgrund einer unwirksamen Prämienerhöhung zu hohe Beiträge gezahlt haben, eine Hemmung der Verjährung greift. Ein Thema für VP-Rechtsexperte Dr. Markus Weyer.

Beschlagen im Versicherungsrecht: Dr. Markus Weyer von der Berliner Kanzlei Weyer Rechtsanwaltsgesellschaft (www.weyerlegal.com). (Foto: WEYER Rechtsanwaltsgesellschaft mbH)
Beschlagen im Versicherungsrecht: Dr. Markus Weyer von der Berliner Kanzlei Weyer Rechtsanwaltsgesellschaft (www.weyerlegal.com).
(Foto: WEYER Rechtsanwaltsgesellschaft mbH)

Die Fragestellung.

Der Bundesgerichtshof (BGH) setzt seine Reihe von Urteilen zur Frage der Neufestsetzung von Prämien in der privaten Krankenversicherung (PKV) fort (§ 203 VVG). Eine typische Fragestellung: Wie lange kann ein Versicherungsnehmer (VN) von seinem Versicherer (VR) zu Unrecht gezahlte Prämien zurückverlangen?

Der Fall.

Der VN hat eine Krankheitskostenversicherung. In den Jahren 2007, 2008, 2013, 2015 und 2016 informierte der VR den VN in Mitteilungsschreiben mit unterschiedlichen Be-gründungen über Beitragserhöhungen. 2018 rügte der VN Formfehler und forderte zu viel gezahlte Prämien sowie daraus gezogene Nutzungen zurück. Der VR habe die Prämienanpassungen nicht ausreichend begründet. Es kam zum Streit.

Der Rechtsstreit.

Das Landgericht Köln gab der Klage des VN statt (Az. 23 O 216/18). Das Oberlandesgericht Köln änderte das Urteil auf die Berufung des VR ab und verurteilte ihn zur Rückzahlung eines geringeren Betrags (Az. 9 U 174/18). Die Prämienerhöhungen seien zwar wegen unzureichender Begründungen bis zur Heilung durch die Klageerwiderung im Jahre 2018 unwirksam. Der VN habe aber nur Anspruch auf Rückzahlung für die Jahre 2015 bis 2017. Rückforderungsansprüche für die davorliegenden Jahre seien verjährt. Er hätte früher klagen können. Allerdings müsse der VR gezogene Nutzungen mit Zinsen herausgeben.

Das Urteil.

Dagegen wehrte sich der VN. Begründung: Eine Klage wäre wegen der unsicheren Rechtslage unzumutbar gewesen. Der BGH wies die Revision des VN zurück (Az. IV ZR 113/20). Der Verweis auf eine noch ausstehende höchstrichterliche Entscheidung sei unzulässig. Auch der Verjährungsbeginn sei dadurch nicht betroffen (vgl. BGH, IV ZR 294/19). Mit Erhalt der seiner Ansicht nach formal unzureichenden Änderungsmitteilungen hatte der VN die für einen Verjährungsbeginn notwendige Kenntnis. Eine Kenntnis von Tatsachen, aus denen eine materielle Unwirksamkeit der Beitragserhöhungen folgen könnte, sei hier unerheblich. Auch weitere Gründe, die sich aus der späteren Rechtsprechung des BGH ergeben, setzten keine neue Verjährungsfrist in Gang.

Der Ausblick.

Zwar sind die Beitragserhöhungen vieler privater Krankenversicherer infolge der jüngsten BGH-Rechtsprechung fraglich geworden. Gleichzeitig zieht der BGH für Rückforderungen aber klare Grenzen über die Verjährung. Prämienerhöhungen vor 2018 dürften jetzt nur noch schwer angreifbar sein. Dafür kann der VR Zinserträge aus nicht verjährten Prämienerhöhungen einfordern.


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