Wohngebäudeversicherung: Wenn die Schadenregulierung ins Stocken gerät
Die Regulierung von Gebäudeschäden zieht sich oft über Jahre. Warum eine Feststellungsklage Beschleunigung bringen kann und was ein aktuelles BGH-Urteil damit zu tun hat, erläutern die VP-Experten Jem Schyma und Raimund Mallmann.
Der Fall.
Nach einem Schaden möchte wohl jeder Eigentümer seine Immobilie schnell wiederherstellen. Die Realität sieht dann aber oft anders aus, wenn sich der Wohngebäudeversicherer mit den Ermittlungen zu Schadenursache und -umfang Zeit lässt oder Einwendungen erhebt. Das kann sich mitunter über Jahre hinziehen. So es auch im Fall einer Versicherungsnehmerin, deren Versicherer nach einem Brand zwar eine Vorauszahlung leistete, dann aber seine Eintrittspflicht ablehnte, weil die Kundin vermeintlich nicht bei der Aufklärung des Schadens mitwirkte. Dagegen wehrte sich die Betroffene mit einer sogenannten Feststellungsklage: Das Gericht sollte feststellen, dass der Versicherer grundsätzlich eintrittspflichtig ist.
Der Rechtsstreit.
Der Versicherer meinte, die Klage sei unzulässig, denn es fehle schon ein „Feststellungsinteresse“ der Versicherungsnehmerin. Ein solches Interesse fehlt immer dann, wenn der Kläger auch auf Leistung klagen, seinen Anspruch also beziffern könnte. Andernfalls droht dem Beklagten, dass er sich zwei Prozessen aussetzen muss: einem um den Grund des Anspruchs und später noch einem Prozess um die Höhe des Anspruchs. Die Anwälte des Versicherers argumentierten, dass eine Feststellung der Eintrittspflicht des Versicherers erst möglich sei, wenn der Schadenumfang ermittelt ist. Denn die Ermittlungen könnten ja noch Hinweise auf Obliegenheitsverletzungen, Arglist oder eine grobe Fahrlässigkeit der Versicherungsnehmerin liefern
Das Urteil.
Das OLG Dresden (Az. 4 U 36/22) widersprach: In der Gebäudeversicherung ist eine Feststellungsklage zulässig, wenn die Versicherungsbedingungen ein Sachverständigenverfahren vorsehen. Denn die Sachverständigen treffen verbindliche Aussagen zur Höhe des Schadens. In der Regel ist daher kein weiterer Prozess um die Schadenhöhe zu erwarten. Daran ändere auch die Tatsache nichts, dass sich bei der späteren Klärung der Schadenhöhe noch Hinweise darauf ergeben könnten, dass die Versicherungsnehmerin arglistig gehandelt habe.
Die Folgen.
Versicherungsnehmer können nach einem Gebäudeschaden gerichtlich feststellen lassen, dass der Versicherungsfall eingetreten ist. Sofern die Allgemeinen Versicherungsbedingungen ein Sachverständigenverfahren vorsehen, müssen sie nicht die Ermittlungen zum Schadenumfang abwarten oder diesen selbst ermitteln, um klagen zu können. Das Urteil des OLG Dresden bestätigt damit ein ähnliches Urteil des BGH von April 2022 (Az. V ZR 60/20). Die Feststellungsklage kann ein hilfreiches Instrument sein, um eine stockende Schadenregulierung ins Laufen zu bekommen. Einwendungen des Versicherers können so frühzeitig gerichtlich überprüft und – nach Möglichkeit – aus dem Weg geräumt werden.