Insurtechs machen weiterhin keine Gewinne
Mehr Substanz, höhere Einnahmen, aber weiterhin rote Zahlen: Den Start-Ups in der Versicherungsbranche fällt es nach wie vor schwer, mit ihren digitalen Geschäftsmodellen Geld zu verdienen.
Insurtechs haben hierzulande einen schweren Stand. Denn die Digitalisierung schreitet in der Branche in einem eher gemächlichen Tempo voran. Wie so oft gilt: Wer nachhaltig Profite machen will, muss ausreichende Finanzpolster und einen langen Atem mitbringen. Anfang 2021 gab es für die neuen Player sogar einen Rüffel von der Finanzaufsicht BaFin. Sie warnte davor, dass die jungen Versicherer zum Start oft zu wenig Geld einplanen und zu optimistische Geschäftsprognosen abgeben. Die Standpauke hat offenbar gewirkt. Ein gutes Jahr später attestiert die Behörde, dass verschiedene Insurtechs „wesentliche Fortschritte“ erzielen konnten. So hat der Berliner Onlinebrocker Trade Republic rund 900 Millionen Dollar Investorenkapital eingesammelt. Wefox nahm 650 Millionen Dollar und steigerte seinen Marktwert damit auf drei Milliarden Dollar.
Rote Zahlen schwarz auf weiß
Doch trotz weiter steigender Prämieneinnahmen hapert es bei den Start-ups immer noch mit der Profitabilität. Das zeigt eine aktuelle Übersicht des Onlinemagazins „Finance Forward“, das gemeinsam von der Medien- und Event-Plattform OMR und dem Wirtschaftsmagazin „Capital“ betrieben wird. Das Fachportal wertet jährlich die Solvenzberichte der Versicherungs-Start-ups aus. Demnach brachte es die Branche im vergangenen Jahr auf 124 Millionen Euro gebuchte Prämien, während das versicherungstechnische Gesamtergebnis bei einem Minus von 7,3 Millionen Euro lag.
Wefox und Nexible vorn
So konnte Prämien-Spitzenreiter Wefox mit dem hauseigenen Versicherer einen Umsatz in Höhe von 45,6 Millionen Euro brutto verzeichnen (Vorjahr: 33,8 Millionen) – ein beträchtliches Wachstum. Dem steht allerdings ein negatives versicherungstechnisches Ergebnis von 5,5 Millionen Euro gegenüber. Wefox bietet unter anderem Kfz-Tarife sowie Privathaftpflicht- und Hausratversicherungen an. Die Gruppe ist auch als Versicherungsmakler aktiv und vertreibt Versicherungen anderer Anbieter. Dahinter rangiert Digitalversicherer Nexible mit 36,7 Millionen Euro gebuchter Bruttoprämien. Das Geschäftsmodell: Kfz-Versicherungen im Direktvertrieb, monatlich kündbar, bevorzugt auf eine junge Zielgruppe ausgerichtet. Der Versicherer hat seine Angebotspalette mittlerweile um Fahrrad-, Reise- und Krankenzusatzversicherungen erweitert. 2021 fuhr das Unternehmen ein negatives versicherungstechnisches Ergebnis von knapp einer halben Million Euro ein.
Ottonova: Weiter Verluste, aber Aufwärtstrend
Ebenfalls noch immer in den roten Zahlen steckt Ottonova, mit großen Ambitionen 2017 als erster rein digitaler Krankenversicherer Deutschlands gestartet. Prämieneinnahmen von 14,6 Millionen Euro steht ein versicherungstechnischer Verlust von 2,08 Millionen Euro gegenüber. Auch hier ist aber ein Aufwärtstrend zu erkennen, denn im Vorjahr stand ein Fehlbetrag von rund 3,72 Millionen Euro in den Geschäftsbüchern. Gegenüber anderen Krankenversicherern hat Ottonova aber einen Trumpf in der Hand. Weil man schwerpunktmäßig Digital Natives als Zielgruppe anspricht, ist das Versichertenkollektiv mit im Schnitt 28 Jahren vergleichsweise jung.
Minus wird mit Zukunftsinvestitionen begründet
Noch tiefer in die roten Zahlen ist Neodigital gerutscht. Zwar konnte der Versicherer die gebuchten Bruttobeiträge 2021 von 5,63 Millionen Euro auf 13,89 Millionen mehr als verdoppeln, schloss das Jahr aber mit einem versicherungstechnischen Ergebnis von -9,1 Millionen Euro (Vorjahr: -3,47 Millionen) ab. Der hohe Verlust hänge unter anderem mit der Einführung der neuen Wohngebäudeversicherung zusammen, „deren Bruttoaufwendungen in einem Schadenfalle gewöhnlich zu deutlich höheren Aufwendungen führt“, so die Begründung im Solvenzbericht.
Auch der White-Label-Anbieter Element weist für 2021 ein negatives versicherungstechnisches Ergebnis aus: Den gebuchten Bruttoprämien von 10,44 Millionen Euro steht ein versicherungstechnischer Verlust von 9,63 Millionen Euro gegenüber. Auch hier verweist der Anbieter laut SFCR-Bericht auf „Investitionen in interne Prozesse im Jahr 2021, die erneut zu einem Kostenaufwand führte“.