BaFin-Report: Nachfrage für Cyber-Versicherungen legt kräftig zu
Datendiebstahl, Spionage und Sabotage – Cyberattacken nehmen zu und auch die Angst der Unternehmen vor Hackern wächst. Doch wie sieht es mit der Absicherung der Informationstechnik aus? Die Finanzaufsichtsbehörde hat sich mit einer groß angelegten Umfrage einen Überblick über die Marktlage der Cyberversicherungen verschafft. Zentrales Ergebnis: Das Geschäft wächst schnell und wird bald die Milliardenschwelle übnerschreiten. Doch für die Anbieter ist es nicht immer auskömmlich.
Weltweit sehen Unternehmen auch in diesem Jahr Cybervorfälle als das Hauptrisiko für ihre Geschäftstätigkeit an. Das ergab das neueste Risk Barometer der Allianz. Danach steht das Thema Cyber-Sicherheit mit 36 Prozent Nennungen zum dritten Mal in Folge auf Platz 1 – und das erstmals mit einem deutlichen Vorsprung von fünf Prozentpunkten vor der wiederholt zweitgrößten Bedrohung, den Betriebsunterbrechungen. Auch in Deutschland führen Cyber-Attacken die Risikoliste an. Mit 44 Prozent Nennungen ist die Furcht der Unternehmensentscheider hier sogar noch größer als auf der internationalen Ebene, für die CEOs, Risikomanager, Makler und Versicherungsexperten, aus 92 Ländern befragt wurden.
Finanzaufsicht befragt 200 Versicherer
Die Realität bestätigt die Befürchtungen der Fachleute. Das belegt auch die eindeutige Warnung des Bundesamts für Sicherheit in der Informationstechnik wonach die Cybersicherheitslage in Deutschland weiter angespannt ist. Und eben dies betrifft auch viele Unternehmen. Laut Branchenverband Bitkom entstehen der deutschen Wirtschaft durch Datendiebstahl, Spionage und Sabotage jährlich Schäden von über 200 Milliarden Euro. Es überrascht daher nicht, dass der Markt für Cyberversicherungen weiterwächst – und zwar rasant, stellt die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht BaFin auf Basis einer aktuellen Erhebung fest.
Hierfür hat die Aufsichtsbehörde im vergangenen Jahr 200 Versicherungsunternehmen angeschrieben, die potenziell Cyberversicherungen anbieten. Ziel war es, einen aussagekräftigen Überblick zur Lage des gesamten Markts zu bekommen. Was ihn für die Aufsicht besonders relevant macht, sind die für den Markt typischen hohen Kumulrisiken. Schließlich kann ein einzelnes Cyberereignis weltweit eine große Anzahl von Einzelschäden hervorrufen.
Geschäft binnen zwei Jahren mehr als verdoppelt
Kernergebnis der zweiten Anbieterbefragung: Das Geschäft mit reinen Cyberpolicen (englisch: Stand Alone) im selbst abgeschlossenen Geschäft von Erstversicherern hat sich von 2020 bis 2022 über alle Regionen und Kundengruppen mehr als verdoppelt. Auf Basis der gebuchten Bruttobeiträge betrug es zuletzt rund 700 Millionen Euro. Das entspricht einem Plus um 144 Prozent im Vergleich zum Jahr 2020. Auf Beitragsebene habe die Cyberversicherung damit kleinere berichtspflichtige Versicherungszweige überholt, so die BaFin. Ähnlich sieht es laut dem Bericht bei dem in Rückdeckung übernommenen Stand-Alone-Geschäft aus, das sich binnen zwei Jahren ebenfalls mehr als verdoppelt hat. Im Jahr 2022 summierten sich die gebuchten Bruttobeiträge hier auf rund 1,57 Milliarden Euro (plus 138 Prozent). Verglichen mit den Vertragszahlen sind die Beitragseinnahmen der befragten Unternehmen zum Großteil überproportional stark gewachsen. Dies deute – insbesondere zwischen 2021 und 2022 – auf Prämienanpassungen hin.
Schäden übersteigen häufig die Einnahmen
Hauptkunden im Cyberversicherungsgeschäft sind Industrieunternehmen, deren Anteil, gemessen an den Beitragseinnahmen, gut 80 Prozent beträgt. Die BaFin-Experten erwarten, dass das Geschäft mit Cyberversicherungen weiterhin wächst. Sie gehen davon aus, dass die gebuchten Bruttobeiträge im selbst abgeschlossenen Geschäft bald die Schwelle von einer Milliarde Euro überschreiten, im übernommenen Geschäft die Zwei-Milliarden-Euro-Marke.
Allerdings macht die Aufsichtsbehörde auch Probleme aus. So sei das Geschäft nicht immer auskömmlich. Aufgrund vermehrter Cyberattacken fielen etwa 2021 in Deutschland hohe Schadenaufwendungen an. Sie spiegeln sich in einer „Brutto Combined Ratio“ von über 100 Prozent deutlich wider. Dies bedeutet, dass Schadenaufwendungen plus Betriebskosten die Prämieneinnahmen übersteigen. Die BaFin empfiehlt der Branche daher eine umsichtige Tarifierung, die der hohen Unsicherheit Rechnung trägt, und eine angemessene Rückversicherung. Für Tarifierung der Produkte hält die Finanzaufsicht eine Aufteilung nach den Deckungsbausteinen Eigenschäden, Drittschäden und Kosten/Service für erforderlich.