24.10.2022 Sparten/Produkte

Service-Studie: Insurtechs schlagen Lebensversicherer

Eine aktuelle Studie stellt den meisten Insurtechs in Sachen Servicequalität ein gutes Zeugnis aus. Dabei zeigen die Ergebnisse vor allem, dass die Start-ups deutlich schneller und qualitativ besser auf Kundenanliegen reagieren als klassische Versicherer, die zuvor untersucht wurden. Ausnahme ist die Erreichbarkeit.

Der Insurtech-Boom hat sich in Deutschland deutlich beruhigt. 2021 gab es nur noch vier Neugründungen. Dafür haben sich viele Player mittlerweile am Markt etabliert. (Foto: © ra2 studio - stock.adobe.com)
Der Insurtech-Boom hat sich in Deutschland deutlich beruhigt. 2021 gab es nur noch vier Neugründungen. Dafür haben sich viele Player mittlerweile am Markt etabliert.
(Foto: © ra2 studio - stock.adobe.com)

Schnell, transparent, digital: Die Vorteilsargumentation von Insurtechs ähnelt sich oft sehr. Doch müssen die Start-ups auch mit dem Vorurteil leben, keinen individuellen Service zu bieten, weil sie stark mit automatisierten Prozessen arbeiten und Kunden statt mit dem Mitarbeiter am Telefon, nur mit dem Chatbot kommunizieren können.

Untersuchung durch Mystery-Shopping

 

Wie es tatsächlich um die Serviceleistungen von Insurtechs im deutschen Markt steht, wollte das Beratungsunternehmen Fralytics wissen. Basis der Untersuchung war vor allem ein sogenanntes „Mystery-Shopping“. Dabei wurden durch mehrere Testanfragen, ohne vorherige Abstimmung, schriftliche Kontaktwege der Anbieter auf Reaktionsschnelligkeit und Qualität der Antworten geprüft. Berücksichtigt wurden dabei sowohl Digitalversicherer mit BaFin-Lizenz als auch Assekuradeure und Makler, zu denen die sogenannten Vertragsmanager zählen. Zur Einordnung wurden die Ergebnisse mit einer Studie zur Servicequalität der Lebensversicherer in Deutschland vom Jahresbeginn gegenübergestellt. „Nachdem wir gesehen hatten, wie genau die Datenlage in unserem System ist, wollten wir einen Schritt weiter gehen und Vergleichswerte erzeugen. Unternehmen mit ähnlichen Produkten, aber hauptsächlich digitalem Fokus – da lagen Insurtechs nahe”, sagt Adrian Waltenberger, Mitgründer der Fralytics UG, das seinen Sitz in Schwalbach am Taunus hat.

Insurtechs bei Anfragen-Bearbeitung deutlich schneller

 

Die Untersuchung zeigt, dass die Insurtechs in Sachen Schnelligkeit der Bearbeitung enorme Vorteile haben. Die schnellste Reaktion auf eine schriftliche Anfrage per E-Mail erfolgte binnen acht Minuten, die langsamste Antwort brauchte drei Tage. In Schnitt wurde innerhalb von elf Stunden geantwortet. Dem entgegen brauchte der am schnellsten reagierende Leben-Anbieter bereits 19 Minuten für die Antwort, die langsamste Reaktion nahm volle 24 Tage in Anspruch. Im Durchschnitt reagierten die Lebensversicherer innerhalb von 54 Stunden. Laut Fralytics wurde darauf geachtet, dass die Anbieter ohne weitere Rücksprache und Informationen zum Anfragesteller im Sinne der Vergleichbarkeit die Anliegen beantworten konnten. Die Fragen wurden aus Sicht von potenziellen Neukunden verfasst, inhaltlich beispielsweise zu Kündigungsfristen.

Deutliche Unterschiede in Sachen Antwortverhalten

 

Bedenklich ist laut der Studienautoren, dass 28,3 Prozent der untersuchten Lebensversicherer überhaupt nicht auf schriftliche Anfragen reagierten. Hier war die Ausfallrate bei den Insurtechs mit 10,7 Prozent deutlich geringer. Auch die Qualität der Antworten wurde von den Testern bewertet. 68 Prozent der Insurtechs gingen demnach sorgfältig auf alle gestellten Fragen ein, berichten die Analysten. Bei den Lebensversicherern hingegen stellten sie zu 56 Prozent vermeintlich vorgefertigte Standardantworten fest. Was die Website-Navigation angeht, waren die Unterschiede beim Auffinden der wesentlichen Kontaktinformationen nur gering. Während die Studienmacher bei Insurtechs 30 Sekunden im Schnitt brauchten, waren es bei den Lebensversicherern 38 Sekunden.

Versicherungskonzerne in Sachen Erreichbarkeit vorne

 

Eine weitere Frage bezog sich darauf, wann und zu welcher Uhrzeit die Versicherer bzw. Dienstleister über Video Call, Live-Chat, Terminfunktion etc. erreichbar sind. Hier offenbarten sich die etablierten Versicherer als kundenfreundlicher. Immerhin 98 Prozent der Leben-Anbieter boten eine Kontaktmöglichkeit vor 9 Uhr, 47 Prozent noch nach 18 Uhr und mehr 21 Prozent auch am Wochenende. Die Insurtechs haben in diesem Punkt eher Defizite: nur 35 Prozent waren vor 9 Uhr erreichbar, nach 18 Uhr gar nur noch 17 Prozent und am Wochenende 14 Prozent. Dieses Ergebnis mag überraschen, da bei vielen Insurtechs, die stark in der Außenwirkung über das Marketing kommen, oftmals mit einer 24-stündigen Erreichbarkeit geworben wird.

21 von 37 Insurtechs mit exzellentem Service

 

Teil der Studie war auch eine anbieterbezogene Auswertung. Die vorgeblich besten Resultate der Studie erhielten das Prädikat „Exzellenter Service“. In den Kategorien wurden entsprechend der Leistung Punkte in folgender Gewichtung vergeben: Antwortqualität 30 Prozent, Reaktion 25 Prozent, Servicefunktionen 25 Prozent, Erreichbarkeit 15 Prozent und Übersicht fünf Prozent. Für die Auszeichnung reichten laut Fralytics schon mindestens 65 Prozent der Maximalpunktzahl. Im Cluster der Insurtech gelang das folgenden 21 aus 37 Anbietern in den drei Anbietergruppen. Das sind:

  • Digitalversichercher: Andsafe, Friday, L'amie, Lemonade, Luko, Mailo, Neodigital, Ottonova und Simpego
  • Assekuradeure: Alteos, App Sichern, Asspario, Finsurancy, Freeyou, Helden.de, InsureQ und Segurio
  • Vertragsmanager (Makler): Allesmeins, Clark, Finanzritter und Wechselgott.

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