28.02.2023 Sparten/Produkte

Assekurata: Erste Rückflüsse aus Zinszusatzreserve

Eine aktuelle Studie der Kölner Rating-Agentur zeigt: Das Ende des Niedrigzinsumfelds kommt den Lebensversicherern zugute, da der hohe Zuführungsbedarf zur Zinszusatzreserve (ZZR) entfallen ist. Stattdessen verzeichnete die Branche 2022 bereits erste Rückflüsse aus dem Reservetopf in Höhe von vier Milliarden Euro.

Von den steigenden Zinsen profitieren Anleger – und sie entlasten zum Teil auch die Lebensversicherer. (Foto: © Monster Ztudio - stock.adobe.com)
Von den steigenden Zinsen profitieren Anleger – und sie entlasten zum Teil auch die Lebensversicherer.
(Foto: © Monster Ztudio - stock.adobe.com)

Als Reaktion auf die Rekordinflation im Euroraum hat die Europäische Zentralbank (EZB) 2022 auch offiziell die Zinswende eingeläutet. In mehreren Schritten erhöhten die Notenbanker seitdem den Leitzins auf aktuell 3,00 Prozent, Tendenz weiter steigend. „Die höheren Zinsen stellen für die Profitabilität der Lebensversicherer eine Entlastung dar“, sagt Lars Heermann, Bereichsleiter Analyse und Bewertung bei der Kölner Ratingagentur Assekurata. Das liege insbesondere an den verbesserten Finanzierungsbedingungen für die Garantieverpflichtungen. „Die extrem niedrigen Zinsen der vergangenen Jahre trafen die Lebensversicherer ertragsseitig besonders bei der Erfüllung der Altgarantien in den Beständen“, so Heermann. Bereits seit 2011 mussten die Lebensversicherer daher eine Zinszusatzreserve (ZZR) aufbauen. Aufgrund der nun deutlich höheren Marktzinsen ist der für ihre Berechnung geltende Referenzzins für 2022 erstmals in der ZZR-Historie nicht weiter gesunken, sondern stabil bei 1,57 Prozent geblieben. Das hat zur Folge, dass die Branche bereits 2022 erste Rückflüsse von etwa vier Milliarden Euro aus der ZZR verzeichnen konnte, was durch den Bestandseffekt aus auslaufenden Altverträgen begünstigt wird. In Summe belief sich der ZZR-Bestand Ende 2022 auf etwa 92 Milliarden Euro, nachdem er im Vorjahr noch um zehn Milliarden auf 96 Milliarden Euro aufgefüllt worden war.

Stabiler Referenzzins, kein neuer ZZR-Bedarf

 

Die weitere Entwicklung der ZZR hängt außer von der individuellen Bestandsstruktur der Versicherer maßgeblich vom Zinsumfeld ab. Laut Assekurata-Studie können sich die Versicherer Hoffnung machen, auch in Zukunft ZZR-Mittel abbauen zu können. „Von einem kurzfristigen Rückgang der Marktzinsen ist in Anbetracht der weiteren angekündigten Zinsschritte der EZB und der noch immer sehr hohen Inflation im Euroraum nicht auszugehen“, prognostiziert Lars Heermann. Doch auch im Fall einer erneuten Abwärtsbewegung der Zinsen ist zunächst nicht von einem Rückgang des Referenzzinses auszugehen. Dies ergibt sich aus der zugrunde liegenden Berechnungsmethodik des Referenzzinses, für den Assekurata im Rahmen der Marktstudie drei verschiedene Zukunftsszenarien simuliert hat. In allen drei Szenarien bleibt der Referenzzins in den kommenden Jahren konstant. Im Basis-Szenario, das eine Fortschreibung des aktuellen Zinsniveaus über den kompletten Prognosezeitraum unterstellt, würde der Referenzzins im Jahr 2027 erstmals ansteigen und den Abbau der ZZR zusätzlich beschleunigen. Im Positiv-Szenario tritt dieser Fall bereits 2026 ein, im Negativ-Szenario würde sich der Referenzzins dann jedoch leicht reduzieren. Aber auch hier wäre die Branche bis einschließlich 2026 in der Abbauphase.

Höchststand der ZZR erreicht

Mit Blick auf die daraus resultierende ZZR-Dotierung rechnet Assekurata im Basis-Szenario für die kommenden Jahre bis 2026 mit Rückflüssen von jeweils vier bis fünf Milliarden Euro. Danach würde das Volumen ein zweistelliges Milliardenniveau erreichen. „Unter den aktuellen Zinsbedingungen ist die ZZR für die Branche ausfinanziert“, so Heermanns Schlussfolgerung. „Selbst bei langfristig wieder fallenden Zinsen dürfte der Höchststand der ZZR aus 2021 nicht mehr erreicht werden.“ Die Rückflüsse aus der ZZR realisieren sich allerdings erst über einen langen Zeitraum. Zudem beschränken bestehende stille Lasten auf den festverzinslichen Anlagen in den Bilanzen die Ertragsflexibilität der Anbieter. „Die Kapitalanlagebestände der Versicherer sind langfristig ausgerichtet, sodass die höheren Marktzinsen erst langsam zu einem höheren Bestandszins führen“, erläutert Heermann. Deshalb seien auch die aktuellen Überschussdeklarationen noch nicht auf breiter Linie gestiegen.


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