Lebensversicherung: Run-off als Erfolgsmodell
Eine Assekurata-Studie zeigt, dass besonders die externen Run-off-Unternehmen überdurchschnittlich hohe Erträge erziele konnten. Zudem blieb der befürchtete Anstieg der Stornoquoten aus.
Lange gehörte sie zum lukrativen Kerngeschäft großer Versicherungsgesellschaften: die klassische Kapital-Lebensversicherung. Doch in einem anhaltend niedrigen Zinsumfeld wird es für die Unternehmen immer schwerer, die hohen Garantiezusagen aus alten Tagen einzuhalten. Längst ist der Klassiker ein Auslaufmodell. Wenn auf Neugeschäft verzichtet und Altbestände nur noch kostengünstig fortgeführt werden, meist durch Übertragung an eine andere Gesellschaft, spricht man von einem Run-off.
Rückblick: Als mit der Basler und der Generali zwei große Anbieter ihre LV-Bestände komplett veräußerten (externes Run-off), war der Aufschrei groß. Vor allem die betroffenen Kunden fühlten sich damals verunsichert. Insgesamt sieben deutsche Lebensversicherer mit einem Prämienvolumen von 3,8 Milliarden Euro befinden sich derzeit im externen Run-off.
Performance über Marktdurchschnitt
Offenbar aber ist das „Zweitmarkt-Modell“ erträglich – und zwar für beide Seiten. Das zeigt jedenfalls die aktuelle Studie „Run-off in der Lebensversicherung 2021“ von Assekurata. Die Ratingagentur hat zum dritten Mal eine bilanzielle Untersuchung zur Situation von Lebensversicherern im Run-off untersucht. Dabei wurden zahlreiche Kennzahlen und Einzeldaten unter die Lupe genommen, um die Auswirkungen sowohl aus Kunden- als auch aus Investorensicht zu identifizieren
„Insbesondere bei den externen Run-off-Gesellschaften fallen die Profitabilitätskennzahlen zum Teil deutlich marktüberdurchschnittlich aus“, sagt Lars Heermann, Bereichsleiter Analyse und Bewertung bei der Assekurata Assekuranz Rating-Agentur GmbH. Den Run-off-Plattformen sei es offenbar gelungen, zuvor wenig profitable Versicherer zumindest kurzfristig zu deutlich rentableren Unternehmen zu formen. „Die meisten Run-off-Gesellschaften schaffen es, höhere Umsatz- und Kapitalrenditen als der Markt zu erzielen, da sie aus den schrumpfenden Prämieneinnahmen einen vergleichsweise hohen Ertrag generieren“, so Heermann weiter.
Mehr Mittel für Investoren und Kunden
Die Gründe dafür liegen offenbar in positiven Kosteneffekten und gestiegenen außerordentlichen Erträgen aus den am Kapitalmarkt angelegten Geldern. Teilweise konnten die Assekurata-Analysten auch unternehmensindividuelle Einmaleffekte feststellen, beispielsweise durch die Auflösung von Rückstellungen.
Im Vergleich zum Marktdurchschnitt vereinnahmen die Run-off-Versicherer einen höheren Anteil des erzielten Rohüberschusses zu ihren Gunsten, der dann am Ende eines Geschäftsjahres in den Konzern abgeführt wird. „Die Verteilungsphilosophie des Rohüberschusses ist somit primär auf den Aktionär ausgerichtet“, sagt Heermann. „Allerdings kommen die Verbraucherinteressen in der Mindestzuführungsverordnung zum Ausdruck, die den Kunden gesetzlich eine Mindestertragsbeteiligung an den verschiedenen Ergebnisquellen zusichert, sodass auch sie von steigenden Erträgen profitieren können.“
Trotz Corona: Weiterhin geringe Stornoquoten
Trotz der bisweilen kritischen öffentlichen Wahrnehmung führt ein Run-off in der Lebensversicherung nicht zu einem Anstieg der Stornoquoten, resümieren die Assekurata-Experten. Vielmehr gelang es den Run-off-Gesellschaften in den vergangenen Jahren, ihre Stornoquote im Durchschnitt kontinuierlich zu senken. Hierauf habe auch die Corona-Krise bislang keinerlei gegenteiligen Einfluss genommen.