Kolumne 04.02.2022 Vermittlerwelt

Wie Storytelling in der Beratung funktioniert

Storytelling ist das machtvolle Erzählen von Geschichten. Welche wissenschaftlichen Grundlagen die Methode hat und wie Vermittler sie in der Beratung einsetzen, um damit ganz neue Türen bei ihren Kunden aufzustoßen, verrät VP-Experte Moritz Heilfort in seiner monatlichen Kolumne.

Moritz Heilfort schult und trainiert Finanzdienstleister in der Kommunikation über die Neuen Medien. Über sein Fachgebiet schreibt der Gewinner des Jungmakler-Awards 2020 und Geschäftsführer der paladinum GmbH regelmäßig auf VP-Online. (Foto: KAFFEE, MILCH & ZUCKER, rawpixel.com - de.freepik.com)
Moritz Heilfort schult und trainiert Finanzdienstleister in der Kommunikation über die Neuen Medien. Über sein Fachgebiet schreibt der Gewinner des Jungmakler-Awards 2020 und Geschäftsführer der paladinum GmbH regelmäßig auf VP-Online.
(Foto: KAFFEE, MILCH & ZUCKER, rawpixel.com - de.freepik.com)

Ich wurde vor kurzem von einem Makler gefragt, ob Storytelling wieder so ein Marketinggag der Consultingindustrie ist, oder ob das Thema ernst genommen werden sollte. Ich bin der Meinung, dass empathisches Geschichtenerzählen die Beratungslandschaft verändern wird. Denn die Wirksamkeit und der Mehrwert für die Kunden spricht einfach für sich. Ich nutze es seit Jahren. Der entscheidende Punkt ist, zu verstehen, wie man es richtig anwendet.

Wie Geschichten wirken können

 

Es gibt zwei Richtungen, in die Geschichten wirken können. Zum einen im konkreten Beratungsgespräch, um komplexe Sachverhalte spannend und damit erinnerbar zu gestalten und zum anderen, um die eigene Personenmarke oder den Expertenstatus aufzubauen. Geschichten sind ein Schlüsselelement des Soziallebens. Sie wirken verbindend, schaffen Nähe und transportieren Wissen und Erfahrung. Dabei folgt die Erzählung einem einfachen Muster: Situation, Komplikation und Auflösung. Klingt vertraut? Kein Wunder, denn genau so stellen sich die täglichen Beratungssituationen dar. Dabei spielt es keine Rolle, ob es um die Absicherung persönlicher Risiken oder den Vermögensaufbau geht. Was liegt also näher, als sich dieses Musters zu bedienen?

Hirnforscher bestätigen, dass unser Denkorgan keinen Unterschied macht zwischen Realität und Fiktion. Damit sind sie das ideale Trainingscamp für unseren Geist. Bildhafte Beschreibungen und Metaphern lassen den Betrachter lebhaft in die Geschichten eintauchen. Die „samtweiche Stimme der Sängerin”, der „verführerische Duft von Kaffee am Morgen” und der „knallharte Schuss auf das Tor”, regen sofort den persönlichen Film im Kopf an und aktivieren darüber hinaus nachweislich die Gehirnareale, die für die entsprechenden Wahrnehmungen und Handlungen verantwortlich sind.

Vermitteltes Wissen, das hängen bleibt

 

Geschichten sind dabei im Grunde immer eine Einladung an den Kunden, Szenarien aus einer anderen Perspektive wahrzunehmen und damit neue Einsichten zu gewinnen. Klar bedeutet das erst einmal mehr Aufwand, aber die Belohnung ist, einfach gesagt, tief verankertes Wissen, das sonst nicht im Gedächtnis geblieben wären. Gerade in der Versicherungsberatung ist das vermittelte Wissen für die Stornosicherheit aber sehr wichtig. Schließlich soll der Kunde zum einen die Beratungsinhalte möglichst akkurat erinnern, als auch zum anderen durch die emotionale Ansprache zu einer fundierten Entscheidung hinsichtlich seiner Absicherung begleitet werden.

Geschichten sind im Grunde immer eine Einladung an den Kunden, Szenarien aus einer anderen Perspektive wahrzunehmen und damit neue Einsichten zu gewinnen.

Die neurologische Wahrheit ist, dass wir Menschen nur eingeschränkte Ressourcen zur unmittelbaren Denkarbeit zur Verfügung haben. Wir sind also darauf angewiesen, bei jeder Gelegenheit Zeit und Energie zu sparen. Daher hat unser Gehirn im Laufe der Entwicklung Mustervorlagen von immer wiederkehrenden Ereignissen angelegt. Diese Sets können beliebig kombiniert werden.

Emotionen und Fakten individuell kombinieren

 

In der Beratung wirken die Geschichten am besten, in denen Emotionen und Fakten individuell auf die Themen der Zielgruppe abgemischt sind. Solche Inhalte werden sich stark einprägen. Das kann besonders gut in Pitches, also zeitlich stark begrenzten Präsentationen, genutzt werden. Der entscheidende Punkt ist dabei, die gemeinsame Wellenlänge zu finden. Oder anders gesagt: Eine gute Geschichte reicht nicht, sie muss in der Sprache der Zielkunden erzählt werden. Um dieser Sprache auf die Spur zu kommen, berücksichtigt man den kulturellen Hintergrund, den beruflichen Werdegang und die sozialen Umgebungsbedingungen. Dies fällt umso leichter, umso näher man selbst an diesen Merkmalen dran ist. Wie in meinem speziellen Fall die Angehörigen der Bundeswehr. Immerhin war ich 16 Jahre selbst Soldat.

Wie nutzt man Storytelling in der Beratung?

 

Es geht um die Ausgestaltung der Differenz zwischen den Fakten und „Lass mich dir eine Geschichte erzählen”. Ziel einer solchen Beratung ist es, den übergeordneten Sinn der Absicherung zu vermitteln. Daraus ergibt sich das Interesse an dem Produkt von allein und schafft gleichzeitig Entscheidungsspielraum. Die Geschichte eröffnet die Möglichkeit, das Thema in seiner Tragweite zu erfassen und eine belastbare Entscheidung zu treffen. Eine Prise Selbstironie und Humor obendrauf und es kann losgehen. Es braucht dazu einen Protagonisten, der dem Kunden ähnelt und eine echte Herausforderung der Zielgruppe, die der Beratungsinhalt zuverlässig und seriös löst.

Wie baut man nun die eigene Personenmarke auf? Menschen interessieren sich nicht zuerst für das „Was” und das „Wie”. Inspirierend wirkt ausschließlich das „Warum”. Hier die drei wichtigsten Punkte für die eigene Story:

  • „Warum habe ich mich als Versicherungsberater selbständig gemacht / arbeite ich als Versicherungsberater?” Man beschreibt den Weg, auf dem das Thema Versicherungen in das eigene Leben gekommen ist. Das ist das „innere Warum”, das auf der Webseite im Bereich „Über mich” zu finden sein sollte.
  • „Was hat der Kunde davon, dass man als Versicherungsberater tätig ist?“ Das ist das äußere Warum, das alle Kunden kennen sollten. Es gehört ganz nach vorn auf den Internet- und Social-Media-Auftritt.
  • Die Beschreibung des „Was” und „Wie”.

Die Technologie entwickelt sich rasant und macht Storytelling erlebbarer als jemals zuvor. Durch interaktive Beratungstools und Virtual Reality Programme wird der Kunde immer mehr einbezogen. Auch im Marketing wird dieses Werkzeug immer öfter in Form von Videos, Fotos und Texten eingesetzt. Einfach mal den eigenen Social-Media-Feed nach „Mikro Storys” scannen. Wenn man diese Logik einmal erkannt hat, fällt es einem immer öfter auf. Aber der Kern sind dennoch die Geschichten, die bewegen, berühren und überzeugen.


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