26.07.2022 Vermittlerwelt

Keine Richtlinien: Votum lobt Eiopa

Die EU-Versicherungsaufsicht hat kaum zwei Wochen vor dem Start der verpflichtenden Abfrage von Nachhaltigkeitspräferenzen Handlungsempfehlungen statt verbindlicher Richtlinien veröffentlicht. Der Vermittlerverband Votum begrüßt das Vorgehen. Vor allem die konkrete Produktempfehlung werde nun einfacher.

Erstmal gibt es für Versicherungsvermittler einen Leitfaden, wie sie ihre Kunden zur Nachhaltigkeit befragen sollen. Die harte Regulierung wurde von der EU auf unbestimmte Zeit verschoben. (Foto: © Shawn Hempel - stock.adobe.com)
Erstmal gibt es für Versicherungsvermittler einen Leitfaden, wie sie ihre Kunden zur Nachhaltigkeit befragen sollen. Die harte Regulierung wurde von der EU auf unbestimmte Zeit verschoben.
(Foto: © Shawn Hempel - stock.adobe.com)

In der vergangenen Woche hat die Europäische Aufsichtsbehörde für das Versicherungswesen und die betriebliche Altersversorgung (Eiopa) ihre Handlungsempfehlungen zur ab dem 2. August geltenden ESG-Abfragepflicht veröffentlicht. Ab diesem Datum müssen Versicherungsvermittler bekanntlich ihre Kunden bei Versicherungsanlageprodukten, vorläufig in der dritten Schicht der Altersvorsorge, wie über ihre Nachhaltigkeitspräferenzen abfragen. 

Unverbindliche Hinweise statt Richtlinien

 

Doch es gab eine Überraschung. Das 30-seitige Dokument trägt den Titel „Anleitung zur Integration von Nachhaltigkeitspräferenzen in der Eignungsprüfung gemäß der Versicherungsvertriebsrichtlinie (IDD)“. Es handelt sich als um unverbindliche Hinweise (englisch: Guidance). Ursprünglich geplant waren bindende Richtlinien, also Guidelines. Ziel des Leitfadens ist es laut der EU-Behörde, ein besseres Verständnis für die neuen Vorschriften zu fördern und eine korrekte Umsetzung im Vertrieb zu erleichtern, indem die neuen Anforderungen in einer benutzerfreundlicheren Sprache und Präsentation dargestellt werden.

Rechtliche Lücken und fehlende Daten

 

Aber warum diese Vorgehensweise? Zur Begründung führt die EU-Aufsicht an, dass die Regulatorik „zur Identifizierung und ordnungsgemäßen Offenlegung von Investitionen in nachhaltige Wirtschaftstätigkeiten“ zusammen mit der endgültigen Formulierung der Vorschriften noch nicht abgeschlossen sei. Das heißt, es existieren noch zahlreiche rechtliche Lücken. Daher empfiehlt die Eiopa den Versicherern und Vermittlern, auf der Grundlage der derzeit verfügbaren Daten verantwortungsbewusste Angaben zur Nachhaltigkeit zu machen und sich nach besten Kräften um eine gute Datenqualität zu bemühen. An den Richtlinien könne man wieder weiterarbeiten, wenn Versicherer, Versicherungsvermittler und nationale Behörden Erfahrungen mit dem neuen Rechtsrahmen gesammelt haben.

Votum sieht Eiopa-Vorgehen als 180-Grad-Wende

 

Kaum war das Papier veröffentlicht, meldete sich der Vermittlerverband Votum zu Wort. Der Interessenverein hatte sich nach eigenen Angaben als einer von lediglich neun deutschen Organisationen aktiv in den Konsultationsprozess eingebracht. Auch wenn sich das eigentliche Ziel, eine Verschiebung des Inkrafttretens der Abfragepflicht, nicht hatte durchsetzen lassen, werten die Berliner den jetzigen Schritt der Behörde als eine 180-Grad-Wende. „Dieses ungewöhnlich deutliche Zurückrudern der Eiopa ist ein klares Signal an die Finanzbranche: Die gerechtfertigte Kritik von Organisationen wie Votum wurde gehört“, sagt Martin Klein, geschäftsführender Vorstand beim Votum Verband Unabhängiger Finanzdienstleistungs-Unternehmen in Europa e.V. Die Eiopa habe anerkannt, dass es aufgrund der noch nicht abgeschlossenen Regulierungsinitiativen aktuell noch deutlich zu früh ist, um eine verbindliche Leitlinie zu formulieren. Als Problem erweiset sich laut Votum hierbei, dass die Frist für die Meldung von Unternehmensdaten erst 2023 in Kraft tritt, also nachdem die Kundenpräferenzen bereits abgefragt werden müssen. Kritiker hatten hier immer wieder von einem vertauschten Zeitplan gesprochen.

Konkrete Empfehlungen für die Anwendung einfacher Sprache

 

 „Auch wenn die Hinweise noch zahlreiche diskussionswürdige Umsetzungsvorschläge beinhalten, so begrüßen wir diesen Sinneswandel doch ausdrücklich. Die Eiopa ist bereit, die Entwicklung in der Praxis weiterhin zu beobachten und es gilt hier mit kreativen Lösungsansätzen die aus Kundensicht bestmögliche Umsetzung zu erarbeiten, damit die Berücksichtigung der Nachhaltigkeitspräferenzen (...) nicht zur bürokratischen Horrorerfahrung verkommt“, so Klein weiter. Beispielhaft für die Annäherung an die Beratungspraxis können laut des Votum-Chefs mehrere Punkte angeführt werden: „Die Guidance enthält begrüßenswerte konkrete Empfehlungen für die Anwendung einfacher Sprache, um den Kunden die Thematik der Nachhaltigkeitspräferenzen zu erläutern. Das war im Entwurf aus dem April noch nicht der Fall.“

Anpassung der Präferenzen zur Auswahl von Produktalternativen

 

Die Aufsicht öffne sich darüber hinaus einer deutlich einfacherer strukturierten Kundenbefragung. Damit werde vor allem das Problme gelöst, wenn Berater auf die vom Kunden zunächst geäußerten Nachhaltigkeitspräferenzen keine passende Produktempfehlung aussprechen können. In dem alten Entwurf hatte die Eiopa die Unternehmen noch verpflichten wollen, mit den Kunden eine ergebnisoffene Anpassung seiner Nachhaltigkeitspräferenzen zu erörtern, ohne dass es dem Berater möglich gewesen wäre, dem Kunden konkrete Produkte vorzustellen. Das hätte laut Votum eine für Kunden und Berater ermüdende Endlosschleife bedeutet. In dem neuen Leitfaden wird nun ausdrücklich ermöglicht, dem Kunden Alternativprodukte vorzustellen. Der Kunde muss lediglich befragt werden, ob er bereit wäre, seine Nachhaltigkeitspräferenzen anzupassen – ist dies der Fall, kann der Vermittler Produktvorschläge unterbreiten, wobei er aufzeigen muss, in welcher Form diese den Nachhaltigkeitspräferenzen des Kunden entsprechen und wo dies nicht der Fall ist.


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