Kolumne 13.07.2022 Vermittlerwelt

Wie es mit Werten und Haltung in der Finanzberatung aussieht

Die Online-Selbstdarstellung und Werbung von Vermittlern ist oft unpassend – zu protzig und selbstbezogen. VP-Experte Moritz erklärt in seiner Kolumne, wie man sich hier nicht aufs Glatteis begibt und Persönlichkeitseigenschaften kommuniziert, die Kunden von Beratern erwarten.

Moritz Heilfort schult und trainiert Finanzdienstleister in der Kommunikation über die Neuen Medien. Über sein Fachgebiet schreibt der Gewinner des Jungmakler-Awards 2020 und Geschäftsführer der paladinum GmbH regelmäßig auf VP-Online. (Foto: KAFFEE, MILCH & ZUCKER, rawpixel.com - de.freepik.com)
Moritz Heilfort schult und trainiert Finanzdienstleister in der Kommunikation über die Neuen Medien. Über sein Fachgebiet schreibt der Gewinner des Jungmakler-Awards 2020 und Geschäftsführer der paladinum GmbH regelmäßig auf VP-Online.
(Foto: KAFFEE, MILCH & ZUCKER, rawpixel.com - de.freepik.com)

Neulich bin ich wieder über einen dieser überall aufpoppenden Social-Media-Auftritte gestolpert, die direkt aus der Retorte zu kommen scheinen. Die visuellen Erkennungsmerkmale sind: eine nichtssagende pseudo-modern kalte Businessumgebung, Protagonisten im Einheitslook sowie indifferent und schlecht hineinkopierte Objekte, um Aufmerksamkeit zu erzeugen.

Erfolg und Geld nicht die richtigen Kundensignale

 

Die Absicht dahinter ist durchschaubar. Die Attitüde soll Erfolg und Machermentalität im 21. Jahrhundert ausstrahlen. Das Kalkül der Profilinhaber ist, dass die „richtigen“ Kunden, also die, die potenziell Geld haben, angesprochen werden. Das ist aber ein Trugschluss. Mit so einem Auftritt zieht man eher Menschen an, die die gleiche Attitüde haben, was mit entsprechenden Vermögen nicht automatisch einhergeht. Diese Form des Personalbranding ist nicht nur gesellschaftlich toxisch durch die Bestätigung sämtlicher Klischees über Finanzberater, sondern auch noch überaus übersichtlich, was den Marketingeffekt betrifft. Zumindest, wenn es tatsächlich um die Endkunden ginge, die ernsthaft Unterstützung im Dschungel der Finanzberatung benötigen.

Wir leben in einer Zeit der aufgeblasenen und übergroßen Ichs. Es scheint nur noch um die Erfüllung persönlicher materieller Ziele und um Selbstverwirklichung zu gehen. Da liegt es nahe, dass Berater selbst diesem Bild entsprechen wollen und passende Werbeanzeigen schalten. Doch Vorsicht, denn meist wird mit solchen Anzeigen und Profilen das Gegenteil erreicht. Die Reaktionen reichen von Gelächter über Wutsmileys bis zu ätzenden Kommentaren.

Passende Persönlichkeitseigenschaften ermitteln

 

Was ist also der funktionierende Gegenentwurf? Im Grunde ist es ganz einfach – Haltung und Charakter zeigen. Schauen wir uns doch einfach mal die Inhalte einer guten Finanzberatung an. Es geht um empathisches Aufnehmen der Bedarfe, Träume, Ängste und Zahlen der Kunden. Dies setzt man in Verbindung mit der Finanzrealität, den Chancen, Risiken und Absicherungsmöglichkeiten, die zur Verfügung stehen, und lässt den Kunden dann die informierte Entscheidung treffen. Das erfordert Vertrauen, Kompetenz und nicht zuletzt die Fähigkeit, sich als Berater nicht zu wichtig zu nehmen und als Maß aller Dinge zu sehen. Es sind Werte wie Ehrlichkeit, Bescheidenheit und Loyalität, die in Umfragen von Kunden regelmäßig als wichtigste Eigenschaften eines Beraters genannt werden.

Nach dieser Erkenntnis bietet es sich an, viel mehr über Werte zu sprechen und sie zu leben, als Fakebilder und leere Versprechungen anzupreisen. Statt die Welt zu erobern, sollte man versuchen, ihr mal zu dienen. Vertriebscoaches hassen diesen Trick. Doch gerade denen sollte man diesbezüglich nicht auf den Leim gehen. Was man in Sachen authentischer Eigenvermarktung nun konkret schreiben oder sagen sollte? Dem kann man durch folgenden kleinen Gedankenimpuls gut selbst auf die Spur kommen: Welche Eigenschaften würden meine Liebsten über mich in einer Trauerrede erwähnen? Oft ist die Antwort ein guter Hinweis auf die individuellen positiven Kernwerte, die auch die Kunden an einem schätzen. Das Beste daran ist, dass man sich dafür gar nicht verstellen muss. Entsprechend leicht ist es dann auch, diese Werte ehrlich nach außen zu tragen.

Haltung in Kommunikation übersetzen

 

Natürlich müssen Werte und Haltungen auch mit passenden Inhalten verknüpft werden, um damit Aufmersamkeit zu erregen. Wer beispielsweise viel Freude daran empfindet, neues Wissen zu erlangen und dieses auch weiterzugeben, wird schnell als Experte oder Fachmann wahrgenommen werden. Und von einer solch hohen Fachkompetenz kann der Kunde natürlich nur profitieren. Dies kann online kommuniziert werden, indem man von Fachkonferenzen schreibt, die man besucht, oder von Vorträgen, die man hält, oder über Zertifikate, die man erlangt hat. Wir alle kennen natürlich auch die Beispiele, in denen jeder kleine Linkedin-Kurs als dramatische Erkenntniswende gefeiert wird. Das wird auf der anderen Seite nur schwerlich als echtes Wissen ankommen und konterkariert dann den Sinn der Veröffentlichung.

Wie man kommuniziert ist wichtiger als der Kanal

 

Um dies nun zielgerichtet zu verpacken und zu kommunizieren, bieten sich online zahlreiche Kanäle an. Entscheidend für den Erfolg bleibt aber, etwas zu liefern, das echt und glaubwürdig ist. Dabei ist es Geschmackssache, ob man einen Podcast aus der Taufe hebt, einen Blog startet, in dem man über das „Warum“ spricht oder auf Social-Media-Kanälen immer wieder Einblick in seine Seele und sein Wirken gibt. Meine Empfehlung ist, bei der Entscheidung auch ein wenig auf den Kunden zu hören und sich Zeit zu geben.

Vielleicht stolpere ich ja in Zukunft häufiger über authentische und inspirierende Profile und Online-Auftritte. Das würde mich sehr freuen.


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