Kolumne 13.09.2021 Vermittlerwelt

Wie viel BU-Rente sollte ich versichern?

Die jährliche Berufsunfähigkeitsrente liegt laut Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft im Durchschnitt gerade einmal bei 12.900 Euro. Warum das zu wenig ist, erklärt VP-Experte Marco Niedermaier in seiner monatlichen Kolumne.

Marco Niedermaier, Gründer und Inhaber von buXperts, schreibt exklusiv für VP-Online. In seiner monatlichen Kolumne widmet er sich dem wichtigen Thema Arbeitskraftabsicherung in allen Facetten. (Foto: buxperts, rawpixel.com - de.freepik.com)
Marco Niedermaier, Gründer und Inhaber von buXperts, schreibt exklusiv für VP-Online. In seiner monatlichen Kolumne widmet er sich dem wichtigen Thema Arbeitskraftabsicherung in allen Facetten.
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Beim Abschluss einer Berufsunfähigkeitsrente muss man sich entscheiden, wie hoch die Leistung im Fall der Fälle sein soll. Dabei steigt der Beitrag linear mit der Rentenhöhe. Eine monatliche BU-Rente von 2000 Euro kostet den Versicherten also doppelt so viel wie eine von 1000 Euro. Pauschale Empfehlungen, wie viel man absichern sollte, helfen dem Einzelnen nicht weiter.

Kompletter Kostenüberblick und realistische Ausgaben­schätzung

 

Zunächst sollte man sich einen Überblick über die eigenen Ausgaben verschaffen. Vor Vertragsabschluss sollten folgende Fragen geklärt sein: Welche Ausgaben habe ich jeden Monat und wie hoch sind dabei meine Fixkosten? Was brauche ich zum Leben? Welche Kosten fallen vielleicht nur einmal im Jahr an und was gebe ich in unregelmäßigen Abständen sonst noch so aus, zum Beispiel für Urlaub oder Kleidung? Wichtig ist auch, sich zu überlegen und realistisch einzuschätzen, auf was man im Fall einer Berufsunfähigkeit alles verzichten könnte. Nicht mehr arbeiten zu können, bedeutet nicht zwangsläufig, dass man nichts mehr genießen kann, keinen Urlaub mehr machen möchte und kein Auto mehr braucht. Oftmals steigen die Ausgaben sogar dadurch, dass auf einmal verdammt viel Zeit da ist, in der man sich beschäftigen muss.

60 bis 70 Prozent vom Bruttoeinkommen als Absicherungs­niveau

 

Als absolutes Minimum für die eigene Absicherung sollte man daher die durchschnittlichen, monatlichen Ausgaben heranziehen. Da im Leistungsfall, je nach Konstellation, auch Beiträge zur Krankenkasse und Steuern anfallen können, sollte man einen Sicherheitspuffer von zusätzlichen 20 Prozent einkalkulieren. Ein weiterer Punkt ist die gesetzliche Rentenversicherung. Da kein Gehalt mehr fließt, zahlen weder man selbst noch der Arbeitgeber weiter ein. Auch das sollte man bei der Kalkulation der Absicherungshöhe berücksichtigen. In vielen Fällen ist eine Absicherung in Höhe von 60, teilweise 70 Prozent vom Bruttoeinkommen sinnvoll, wenn man alle Folgekosten mit einkalkuliert. Weniger sollte es nur sein, wenn der eigene Lebensstandard stark unter dem Einkommen liegt.

Oftmals wird auch das Einkommen des Partners einberechnet, was auch wohlüberlegt sein sollte. Wie sieht es aus, wenn einer der Beteiligten beruflich zurücktritt, weil Kinder dazukommen? Was geschieht bei einer Trennung? Hier gibt es zwar oftmals die Möglichkeit, den Schutz durch Nachversicherungsgarantien ohne erneute Gesundheitsprüfung zu erhöhen, allerdings geht das nicht beliebig und eine spätere Erhöhung ist auch teurer.

Nicht mehr arbeiten zu können, bedeutet nicht zwangsläufig, dass man nichts mehr genießen kann, keinen Urlaub mehr machen möchte und kein Auto mehr braucht.

Marco Niedermaier, buXperts

Eine Erwerbsminderungsrente aus der staatlichen Rentenversicherung einzukalkulieren, ist übrigens keine gute Idee. Diese wird anders als die private BU-Rente nur dann bezahlt, wenn man gar keiner Tätigkeit mehr nachgehen kann.

Eine Möglichkeit ist auch, eine private Rentenversicherung mit einer Beitragsbefreiung im Falle der Berufsunfähigkeit auszustatten. Sinnvoll ist es außerdem, mit dem Versicherer zu vereinbaren, dass er in diesem Fall jährlich steigende Beiträge übernimmt, um die Versorgung zu verbessern.

Nachversicherungsmöglichkeiten für Schüler und Studenten wichtig

 

Bei Schülern und Studenten haben wir eine besondere Situation: Obwohl sie kein Einkommen haben, lassen sich je nach Schulform und Studiengang zwischen 1000 und 2000 Euro monatliche Berufsunfähigkeitsrente absichern. Auch hier ist es aus verschieden Gründen sinnvoll, den maximalen Wert zu wählen. Wer sich anfangs für eine Budget-Variante mit geringer Leistung entscheidet, sollte unbedingt darauf achten, dass er durch gute Nachversicherungsmöglichkeiten später den Schutz ohne erneute Gesundheitsprüfung – besser noch ohne Risikoprüfung – umfassend erhöhen kann.

Eine Statistik des GDV zeigt, dass allzu häufig zu Beginn eine niedrige BU-Rente abgesichert wird, vielleicht mit der Absicht, diese später zu erhöhen. Leider erinnern sich an diesen Vorsatz viele Versicherte erst, wenn es zu spät ist und der Leistungsfall eingetreten ist. Egal, ob bereits eine Berufsunfähigkeitsversicherung besteht oder jetzt abgeschlossen werden soll: Es empfiehlt sich, von Zeit zu Zeit zu prüfen, wie hoch die monatlichen Ausgaben sind und ob sie durch eine (bereits vorhandene) Absicherung gedeckt sind.


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