25.11.2021 Vermittlerwelt

Zumeist positives Echo: Verbände bewerten Koalitionsvertrag

Die Verbände der Versicherungswirtschaft loben die sachliche Arbeit der Koalitionsparteien und auch viele ihrer politischen Absichten. Bei der Reform der Altersvorsorge gebe es aber noch viele Fragezeichen.

Nach der Wahl und Vereidigung der neuen Ampel-Regierung Anfang Dezember wird sich für Versicherer und Vermittler wohl weniger zum aus ihrer Sicht Negativen ändern als befürchtet. (Foto: © hkama - stock.adobe.com)
Nach der Wahl und Vereidigung der neuen Ampel-Regierung Anfang Dezember wird sich für Versicherer und Vermittler wohl weniger zum aus ihrer Sicht Negativen ändern als befürchtet.
(Foto: © hkama - stock.adobe.com)

Um 15 Uhr traten gestern (24. November) die neuen Regierungspartner der drei Ampelparteien vor die Medien und verkündeten ihren Koalitionsvertrag. 60 bis 90 Minuten später verschickten die ersten Pressestellen von Verbänden der Versicherungswirtschaft ihre Statements. Offenbar war man vorbereitet. Große Überraschungen blieben – nach dem, was aus Sondierungspapier und Verhandlungen bekannt geworden war – aus.

GDV setzt auf die Reformankündigungen zur Altersvorsorge

 

Das Echo fiel weitgehend positiv aus. So erklärte Jörg Asmussen, Hauptgeschäftsführer des Gesamtverbandes der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV): „Der Koalitionsvertrag hebt zurecht die Bedeutung der betrieblichen und privaten Altersvorsorge für ein gutes Leben im Alter hervor. Auch wir unterstützen die Stärkung der betrieblichen Altersversorgung.“ Ansatzpunkte seien hier die Flexibilisierung des Garantieniveaus und die Dynamisierung der Geringverdienerförderung. Die geförderte private Altersvorsorge sei aus Sicht der deutschen Versicherer reformbedürftig, aber auch reformfähig. Der GDV werde sich mit eigenen Vorschlägen einbringen, etwa eine Vereinfachung der Förderung oder eine verbesserte Balance für Chancen und Risiken. Zudem begrüße man die Aussagen zur Versicherungsregulierung ausdrücklich, konkret: ein klar risikobasierter Ansatz bei der Überprüfung der Aufsichts- und Eigenkapitalregeln Solvency II, bessere Bedingungen für langfristige Investitionen und vereinfachte Regelungen für kleinere Versicherungen.

AfW lobt Versicherungspflicht für neue Selbständige 

 

Der Bundesverband Finanzdienstleistung AfW verteilte viel Lob für den Verzicht auf ein Provisionsverbot oder einen Provisionsdeckel und einen Wechsel der Aufsicht über die unabhängigen Finanzberater hin zur BaFin. Auch sehe man  den Wechsel des Finanzministeriums hin zur FDP als große Chance für die Branche, fachkundiges Gehör für die eigenen Anliegen zu finden. „Wir freuen uns über die Einsicht der Koalitionäre, die großen Themen im Land anzugehen und sich nicht mit ideologisch getriebenen Zielen wie einem Provisionsverbot oder einer BaFin-Vermittleraufsicht zu beschäftigen“, sagte AfW-Vorstand Frank Rottenbacher in einer Stellungnahme.

Die Versicherungspflicht für neue Selbständige habe es erfreulicherweise in den Koalitionsvertrag geschafft. Es soll für alle neuen Selbstständigen, die keinem obligatorischen Alterssicherungssystem unterliegen, eine Pflicht zur Altersvorsorge mit Wahlfreiheit eingeführt werden. „Der soziale Auftrag gerade für unabhängige Versicherungs- und Finanzanlagenvermittler und –vermittlerinnen wird mit diesem neuen Produkt aufgewertet, da hierfür eine fachkundige Beratung unabdingbar sein wird. Es bleibt abzuwarten, wie seitens der Produktgeber ein entsprechendes Produkt konzipiert wird.“, so Norman Wirth, Geschäftsführender Vorstand des AfW. Der Verband zählt zudem zahlreiche weitere Vorhaben auf, die offenbar in die richtige Richtung gehen (Geldwäschebekämpfung, regulatorischer Rahmen für neue Technologien). Fragezeichen gibt es für den AfW aber beim Thema private Altersvorsorge. Wie das Systeme reformiert werden soll, werde im Koalitionsvertrag nur „ansatzweise deutlich“.

VOTUM lobt Ergebnisse und Professionalität der Parteien

 

Lob kam auch vom Vermittlerverband VOTUM. Deren geschäftsführender Vorstand Martin Klein sagt: „Der politische Gestaltungswille der Regierungsparteien ist da. Der von vielen Seiten geforderte Pragmatismus hat gefruchtet. Die Herausforderungen der kommenden Legislatur – insbesondere im Bereich der Reform der Altersvorsorge – sollen ohne ideologische Scheuklappen angegangen werden.“ Es sei zu begrüßen, dass sich Maximalforderungen wie ein generelles Provisionsverbot, eine Erweiterung der BaFin-Aufsicht auf 34f-Vermittler und „anderer Unsinn“ nicht durchsetzen konnten. Das lasse auf eine faktengetriebene Kompromissfindung im Laufe der vergangenen Wochen schließen. „Für diese Professionalität haben SPD, FDP und Grüne großen Respekt verdient“, so Klein. Wichtig sei, dass die Ampel-Regierung in Anbetracht der andauernden Corona-Pandemie nun schnell auf Umsetzung umschaltet. Die voraussichtliche Besetzung der Ministerien mache Hoffnung auf einen konstruktiven und sachlichen Austausch zwischen Politik und Wirtschaft.

BVK bemängelt Staatsfonds zur Finanzierung der gesetzlichen Rente 

 

Von Höhen und Tiefen sprach der Bundesverband Deutscher Versicherungskaufleute (BVK). „Angesichts der vielen Aufgaben auf vielen politischen Handlungsfeldern ist es wichtig, dass bald wieder eine voll handlungsfähige Regierung ihre Arbeit aufnehmen kann“, sagte BVK-Präsident Michael H. Heinz. Positiv sei, dass die Einführung einer Bürgerversicherung keine Berücksichtigung gefunden hat. Zudem begrüßt der Verband das Bekenntnis zu den drei Säulen der Altersvorsorge. In die richtige Richtung gehe auch die Erhöhung des Sparerfreibetrages auf 1000 Euro. Richtig seien auch die Pläne, bei der Altersvorsorgepflicht für Selbstständige eine Wahlfreiheit mit Opt-out für private Altersvorsorge einzuführen.

Zurückhaltend bewertet der BVK dagegen eine grundlegende Reform der privaten Altersvorsorge. Hier bleibe es abzuwarten, was die Prüfung alternativer privater Altersvorsorge mit einer höheren Rendite als Riester ergeben wird. Zu begrüßen sei hingegen der Bestandsschutz für laufende Riester-Verträge. „Wir sehen jedoch Pläne sehr kritisch, die mangelnde Finanzierung der gesetzlichen Rente mit zehn Milliarden Euro auszustatten, die über einen Staatsfonds am Kapitalmarkt angelegt werden sollen“, so Heinz. „Dies wird hier auch nur ein Tropfen auf den heißen Stein sein und keine lebensstandardsichernde Rente für Millionen ermöglichen.“


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