Sie sind Treuhänder, Produktexperten und Ratgeber – ohne die Vermittler geht nichts in der Finanz- und Versicherungswirtschaft. Sie leben von ihren Kundenbeziehungen, kümmern sich um den persönlichen Kontakt und sorgen für das nötige Vertrauen. VP-Online stellt unabhängige Makler, Exklusiv-Vertreter und Spezialisten an dieser Stelle vor und gibt dieser wichtigen Berufsgruppe eine Stimme.
Was war als Kind Ihr Traumberuf und warum sind Sie am Ende das geworden, was Sie heute sind?
Einen richtigen Traumberuf wie Feuerwehrmann, Fußballstar oder ähnliches hatte ich als Kind nicht. Mir wurde aber als Jugendlicher klar, dass ich mit meiner Vorliebe für Zahlen ganz gut in einem VWL- oder BWL-Studium aufgehoben bin. Weil ich nicht ausschließlich über Zahlen brüten wollte, sondern auch in engem Austausch mit Menschen arbeiten wollte und zudem während des Studiums eine große Affinität für den Finanzmarkt im Allgemeinen entwickelt habe, erschien mir der Job als Finanzberater sinnvoll. Nach einer Zwischenstation bei der Deutschen Bank bin ich heute Partner bei ecoplanfinanz. Wir beschäftigen uns mit der Beratung und Vermittlung von nachhaltigen Finanzprodukten.
Was ist das Grundprinzip nachhaltiger Finanzen?
Ein allgemein gültiges Grundprinzip gibt es nicht. Wichtig ist, dass sich die Wertevorstellungen der Kunden im Finanzkonzept widerspiegeln. So kann das Finanzkonzept einer Person oder eines Unternehmens, welches den Fokus eher auf Ökologie statt auf Soziales setzt, ganz anders aussehen, als bei einer Person oder Organisation aus dem sozialen Bereich. In der Regel berücksichtigen alle Konzepte gewisse Ausschlusskriterien, wie zum Beispiel die Investition in Rüstungsunternehmen und deren Zulieferer, Nahrungsmittelspekulationen oder auch Unternehmen, die am Abbau fossiler Energieträger beteiligt sind.
Müssen Sie in Sachen nachhaltige Finanzplanung nach wie vor viel Aufklärungsarbeit leisten. Welche Irrtümer herrschen vor?
Der Wissensstand über nachhaltige Finanzen ist noch sehr lückenhaft. Eines der größten Vorurteile ist sicherlich, dass nachhaltige Finanzen weniger renditestark sind. Diese Ansicht ist für mich jedes mal wieder etwas verwunderlich, da ja gerade konventionelle Unternehmen immer wieder mit irgendwelchen gesellschaftlichen oder umweltbelastenden Skandalen in den Medien stehen, was natürlich deren Kurse belastet. Gerade können wir den Kursverfall des russischen Unternehmens Nornickel mitverfolgen, das einen Umweltskandal in Sibirien verursacht hat. Diese Risiken im Portfolio zu haben, macht aus meiner Sicht wenig Sinn, vor allem unter Berücksichtigung des gesellschaftlichen Wandels, den wir in Bezug auf die Klimakrise bereits miterleben.
Welche Vorteile bietet die Investition in nachhaltige Produkte dem Kunden?
Die Wertevorstellungen des Kunden lassen sich in das Finanzkonzept übertragen. So unterstützen sie in Branchen wie Nahrungsmittel, Kleidung und Strom eine nachhaltige Erzeugung. Zudem waren schon in der Vergangenheit ausgewählte Nachhaltigkeitsfonds in puncto Rendite deutlich erfolgreicher als ihre konventionellen Vergleichsfonds. Das spiegelt sich dann natürlich auch bei allen Versicherungsprodukten wider, die ihre Rendite mit Fonds erwirtschaften, zum Beispiel in der privaten Altersvorsorge. Hier gehen insbesondere die jungen Kunden langfristige Verträge ein, die sich auch in den nächsten 20, 30 oder 40 Jahren noch rechnen sollen.
Gibt es in allen Sparten auch ein entsprechendes Angebot nachhaltiger Produkte?
Sowohl bei Privatpersonen als auch Organisationen und Unternehmen kommen tatsächlich so gut wie alle Versicherungsarten irgendwann zum Einsatz. In mindestens 95 Prozent der Fälle können wir unseren Kunden bereits ein komplett nachhaltiges Finanzkonzept präsentieren. Bei sehr speziellen Versicherungsprodukten, zum Beispiel Transportversicherungen, müssen wir im Einzelfall noch auf konventionelle Angebote zurückgreifen.
Welche Weiterentwicklungsmöglichkeiten bietet Ihr Geschäftsmodell?
Nachhaltigkeit ist innerhalb der Finanzberatung aus meiner Sicht der große Wachstumstreiber. Bislang gibt es kaum spezialisierte Anbieter. Die Nachfrage der Kunden nach einer transparenten und nachhaltigen Finanzberatung ist bereits da und steigt stark. Auch die Quantität der Produktlösungen nimmt zu, allerdings könnte hier von Seiten der Versicherer qualitativ noch einiges passieren.
Welche Rahmenbedingungen der Branche würden Sie gern ändern?
Die Rahmenbedingungen für Versicherungen und Banken sollten sich möglichst schnell dahingehend ändern, dass klimafeindliche Investitionen nicht mehr getätigt werden. Ich bin grundsätzlich eher ein Freund davon, positive Anreizstrukturen zu schaffen als Verbote auszusprechen. Hier ist die Politik gefragt und muss eine Antwort finden, wie wir Banken & Versicherungen dazu bringen, in Zukunft nicht an der Zerstörung der Umwelt Geld zu verdienen.
Corona hat die Klimakrise etwas in den Hintergrund gedrängt. Spüren Sie das geschäftlich?
Im Versicherungsbereich hat sich recht wenig getan. Einzig in der betrieblichen Altersvorsorge haben wir weniger Nachfrage als in den Vergleichsmonaten der letzten Jahre. Durch das Home-Office vieler Kunden haben wir aber eine deutlich bessere Erreichbarkeit festgestellt. Außerdem hat der Vermögensaufbau- und Vermögensanlagebereich einen Schub bekommen. Vielen Menschen ist bewusst, dass wir derzeit eine interessante Situation zum Investieren haben.
Hat Corona auch bei Ihnen die Digitalisierung vorangebracht?
Die Kontaktbeschränkungen durch Corona haben die persönliche Beratung zweitweise unmöglich gemacht. Dies hat bei uns dazu geführt, dass wir unsere Prozesse notgedrungen nochmal professionalisiert und vereinheitlicht haben. Wir können jetzt wohl behaupten, dass digitale Beratung bei uns der Standard ist. 80 Prozent unserer Kundentermine finden digital statt, Papier haben wir zu 90 Prozent aus den Beratungsprozessen verbannt.
Zum Abschluss: Welche Nachricht würden Sie gern einmal über sich lesen?
Ein Traum wäre, wenn wir durch steigende Umsätze im Bereich nachhaltiger Finanzen die großen Versicherer und Banken, ohne nachhaltige Ausrichtung, zu einem Umdenken zwingen. Also beispielsweise eine Schlagzeile wie: Neustart in grün - Jan Sachau sorgt für Strategiewechsel bei konventionellen Banken und Versicherungen.
Vita
- Geboren: 1985 in Flensburg
- 2005-2008: Studium und Abschluss Bachelor of Science in Economics
- 2008-2011: Studium und Abschluss Master of Science in Business Administration
- 2012: Deutsche Bank (Private und Business Clients)
- 2013-2017: ecoplanfinanz AG (Beratung)
- 2014: Versicherungsfachmann (IHK)
- seit 2017: Partner bei der ecoplanfinanz AG
- 2019: Finanzanlagenvermittler (IHK)