Assekurata: Welche Investments Versicherer nicht wollen
Ausschlusskriterien bestimmter Branchen und Geschäftstätigkeiten werden oft ins Schaufenster gestellt, wenn es um nachhaltige Investitionen geht. Eine Umfrage der Ratingagentur Assekurata zeigt nun, wo bei den Versicherern die größte Zurückhaltung herrscht und wo durch Schwellenwerte harte Ausschlüsse vermieden werden.
Die EU-Taxonomie ist ein Klassifizierungswerk, das genaue Kriterien dafür festlegt, welche Wirtschaftsaktivitäten als nachhaltig gelten. Daraus lässt sich mittelbar auch ableiten, zu welchem Grad Unternehmen und Investmentfonds als nachhaltig einzustufen sind. Die Taxonomie ist damit auch ein zentrales Instrument für die nachhaltige Kapitalanlagepolitik von Versicherern.
Unausgereifte Taxonomie
Doch das Instrument hat Schwächen, wie aus einem Blogbeitrag der Ratingagentur Assekurata hervorgeht. In der Tat steht die Taxonomie nach der Entscheidung, fossiles Gas und Atomkraft unter bestimmten Bedingungen, als nachhaltig zu klassifizieren, seit Monaten in der Kritik. Hinzu kommt, dass die Taxonomie noch nicht fertiggestellt ist. Insbesondere für den sozialen Bereich gibt es zurzeit noch keine festen Kriterien. „Soziale Themen sind noch wesentlich schwieriger einzustufen als ökologische Aspekte, bei denen es zumindest naturwissenschaftlich fundierte Kriterien und Schwellenwerte gibt, um einen bestimmten Zustand zu erhalten“, so Oliver Bentz, Senior-Analyst bei der Assekurata Assekuranz Rating-Agentur GmbH.
Befragung von 20 Versicherern zu ihrer Kapitalanlagestrategie
Im Ergebnis sieht Assekurata nach eigener Aussage zurzeit eine von Unsicherheit geprägte Situation, in der Kapitalanleger mit teils sehr heterogenen Nachhaltigkeitsstrategien vorgehen. In der diesjährigen Kapitalanlegerbefragung hat die Ratingagentur sich daher unter anderem auf die Frage fokussiert, welche Instrumente Versicherungsunternehmen für nachhaltige Kapitalanlagestrategien nutzen und wie diese ausgestaltet sind. In dem nun veröffentlichten ersten Beitrag geht es vor allem um Ausschluss- und Screening-Kriterien für die Investitionen in Unternehmen. Von den 32 teilnehmenden Versicherern, antworteten allerdings nur 20 auch auf die Detailfragen zur Nachhaltigkeit.
Ausschlusskriterien sind nur ein erster Filter
Laut Assekurata stellen Ausschlusskriterien innerhalb der nachhaltigen Kapitalanlagepolitik eines Versicherers häufig einen „ersten Filter“ dar. Bei diesem Instrument gehe es weniger darum, positiven Impact zu erzeugen, sondern vielmehr um die Vermeidung von ungewünschten Investments im Portfolio. Konkret: Bei einem harten Ausschluss tätigen die Unternehmen keinerlei Investitionen, falls die definierten Ausschlusskriterien zutreffen. Daneben existieren normbasierte Ausschlüsse, welche dann greifen, wenn Investitionsobjekte gegen bestimmte Normen oder Prinzipien verstoßen. Beispielhaft führt Assekurata hier die zehn Prinzipien des „UN Global Compact“ an, die Normen wie Korruptionsfreiheit, das Verbot von Zwangsarbeit und Verantwortung für die Umwelt adressieren. Häufig werden Wesentlichkeitsschwellen definiert, die festlegen, ab wann ein Ausschluss greift. Neben harten Ausschlusskriterien nutzen Kapitalanleger zudem sogenannte Screenings. „Dabei werden bestimmte Geschäftsmodelle nicht per se ausgeschlossen, aber bei der Investitionsentscheidung eingehend auf mögliche ESG-Risiken oder Kontroversen geprüft“, so Bentz.
Umstrittene Waffen und Menschenrechtsverletzungen werden am stärksten gemieden
Am häufigsten schließen die befragten Versicherer die Hersteller umstrittener Waffen (z. B. Streubomben, atomare, biologische und chemische Waffen) in ihren Anlagekriterien aus. Danach folgen Menschenrechtsverletzungen. Dabei werden im Regelfall auch keine Umsatzschwellen definiert, sodass diese Sachverhalte laut Assekurata rigoros ausgeschlossen werden. Anders sieht es bei dem dritthäufigsten Ausschluss aus, der Energieerzeugung aus Kohle. Dort finden sich bei den Marktteilnehmern Umsatzschwellen von null bis über 30 Prozent, wobei sich kein klarer Schwerpunkt zwischen diesen beiden Randwerten feststellen lässt. Zu weiteren populären Ausschlusskriterien gehören schlechte Corporate Governance, Pornografie, Wetten und Glücksspiel, konventionelle Waffen und Öl. Auch fossiles Gas und Atomkraft spielen trotz der Einstufung innerhalb der EU-Taxonomie als potenziell nachhaltige Wirtschaftsaktivitäten weiterhin eine größere Rolle. Auffällig ist laut des Autors, dass für die weiteren Ausschlüsse neben der Kohle in aller Regel Umsatzschwellen von null oder von zehn Prozent festgelegt wurden.
Normenwerke für Screenings wichtig
Innerhalb der vorgegebenen Branchen und Geschäftsaktivitäten haben die Versicherungsunternehmen zu großen Teilen Ausschlüsse definiert, während Screenings an dieser Stelle seltener zum Einsatz kommen. Letztere werden jedoch häufig im normbasierten Bereich angewandt. So gaben 60 Prozent der Befragten an, ihre Kapitalanlage nach allen zehn Prinzipien des „UN Global Compact“ zu screenen. Weitere 30 Prozent wenden ein Screening nach einzelnen Prinzipien an. Weitere relevante Rahmenwerke sind laut Autor Bentz die „UN Guiding Principles on Business and Human Rights“, die Kernarbeitsnormen der International Labour Organization und die OECD-Leitsätze für multinationale Unternehmen.