Kriegsunsicherheit drückt Stimmung in der Versicherungswirtschaft
Geopolitisch und wirtschaftlich unsichere Zeiten belasten das Geschäftsklima deutscher Versicherer. Das stellt der GDV anhand aktueller Zahlen des Ifo-Instituts fest. Vor allem die Erwartungen fallen deutlich negativer aus. Dabei sind nicht alle Sparten gleichermaßen betroffen. Weiterhin sehr gut sieht es für die PKV aus.
Der russische Angriffskrieg auf die Ukraine hat im zweiten Quartal zu einem deutlichen Stimmungseinbruch in der Versicherungswirtschaft geführt. Das vermeldet zumindest der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) unter Berufung auf den aktuellen „Konjunkturtest“ des Münchener Ifo-Instituts.
Geschäftsklimaindex sinkt deutlich
Demnach sinkt der sogenannte Geschäftsklimaindex, der auf Umfragen unter Managern zu deren konjunkturellen Erwartungen beruht, im Vergleich zum vorherigen Quartal um 6,5 auf 4,4 Indexpunkte. Der Wert liegt deutlich unter dem langjährigen Durchschnitt von 14. Gleiches gilt für den Teilindex zur Geschäftserwartung, der sogar um 9,6 auf 11,2 Punkte absackt. Bei der Bewertung der aktuellen Geschäftslage rutscht die Branche gar ins Minus mit einem Wert von -2,7. Im Vorquartal lag dieser noch bei 1,0 Punkten. Das Ifo-Geschäftsklima wird als geometrischer Mittelwert aus den Ergebnissen zu den Fragen zur aktuellen Geschäftslage und zu den Geschäftserwartungen berechnet. Aus diesem wird der Geschäftsklimaindex ermittelt.
Ukraine-Krieg und Inflation als Ursachen
Die aktuelle Abfrage fand im April und Mai statt – es ist der erste Stimmungstest nach Ausbruch des Krieges. In den Umfrageergebnissen dürfte sich laut GDV unter anderem die Furcht widerspiegeln, dass sich durch einen länger andauernden Krieg die Engpässe in den Lieferketten nicht zeitnah entzerren. Auch die gesteigerte Unsicherheit, die mit der energiepolitischen Abhängigkeit von Russland einhergeht, dürfte zur getrübten Stimmungslage beigetragen haben. Insgesamt wird durch die hohe Inflation und das angespannte Risikoumfeld das Konsumklima der privaten Haushalte belastet.
Lebensversicherung bricht ein
Spartenbezogen sehen die Ergebnisse sehr unterschiedlich aus. Das Geschäftsklima der Lebensversicherer bricht im Zuge der deutlich verschlechterten Erwartungshaltung im Frühjahr von 13,2 auf 5,2 spürbar ein. „Der Anteil der Lebensversicherer, die in den nächsten Monaten eine positive Geschäftsentwicklung für wahrscheinlich halten, liegt im Frühjahr nur bei fünf Prozent – im Winter waren es noch 20 Prozent“, erklärt der GDV. Der Grund aus Sicht des Verbandes: Verbraucher neigen bei einer hohen Inflation dazu, Ausgaben, die sie gegenwärtig nicht dringend tätigen müssen, zurückzustellen – und dazu gehören eben auch jene Kosten, die sie für ihre Altersvorsorge aufbringen würden.
Höhenflug in der PKV hält an
Bei den privaten Krankenversicherern zeigt sich indessen ein ganz anderes Bild: 29 Prozent der Anbieter bezeichnen ihre aktuelle Geschäftslage als günstig und immerhin 70 Prozent nennen die Lage befriedigend. Die Stimmung bleibt damit nach einem klaren Anstieg in den Vorquartalen auch im Frühjahr trotz eines marginalen Rückgangs auf sehr hohem Niveau. Die Erwartungshaltung für die Geschäftsentwicklung in den kommenden Monaten legte zwar leicht zu, verbleibt aber im Vergleich zur aktuellen Lage auf deutlich niedrigerem Niveau. Insgesamt findet diese Entwicklung Ausdruck in einem noch mal um 1,0 Punkte gestiegenen Geschäftsklimaindex. Mit 20,4 liegt die PKV derzeit weit über dem langjährigen Durchschnitt.
Kompositversicherer trotz positiver Erwartungen weiterhin im Stimmungstief
Die Schaden- und Unfallversicherung verharrt trotz leichter Verbesserungen weiterhin im Stimmungstief (-3,0 Punkte nach -4,9 beim Geschäftsklimaindex). Die verhaltenen Einschätzungen bei den Kompositversicherern können unter anderem auf die hohen Schadenereignisse des vergangenen Jahres zurückgeführt werden, so der GDV. Während die Geschäftslage weiterhin stark negativ beurteilt wird, kann aus der Frühjahrsumfrage aber immerhin eine optimistische Erwartung für das künftige Geschäft herausgelesen werden: Knapp ein Drittel der Unternehmen (rund 32 Prozent) rechnen mit einer Verbesserung der Rahmenbedingen in den kommenden Monaten.