Studie: Wer ist Innovationsvorreiter in der Krankenversicherung?
Neue Untersuchungs- und Behandlungsmethoden sind laut einer verbandseigenen Studie in der privaten Krankenversicherung deutlich schneller abrechnungsfähig. Doch ob PKV oder GVK Innovationstreiber im System sind, darüber herrschen unterschiedliche Auffassungen.

(Foto: PhotoDoc/Shotshop/uniVersa)
Medizinische Innovationen in der ambulanten ärztlichen Versorgung werden von der privaten Krankenversicherung (PKV) teilweise deutlich früher erstattet als in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV). Das ist zumindest das Ergebnis einer neuen Studie der Universität Duisburg-Essen in Zusammenarbeit mit dem Essener Forschungsinstitut für Medizinmanagement im Auftrag des PKV-Verbands. Sie trägt den Titel: „Die Umsetzung neuer Untersuchungs- und Behandlungsmethoden in die vertragsärztliche Kollektivversorgung und in die privatärztliche ambulante Versorgung“.
Die Studienautoren haben dafür 29 Beschlüsse des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA) aus den Jahren 2010 bis 2019 zu neuen Untersuchungs- und Behandlungsmethoden analysiert, die in die ambulante GKV-Versorgung aufgenommen wurden. Das Spektrum reicht von der Kapsel-Endoskopie zur Untersuchung des Dünndarms bis zu Biomarker-Tests bei Entscheidungen über Chemotherapie.
Verband sieht Vorteile für PKV durch schnellere Verfahrensabläufe
Laut des Verbands der Privaten Krankenversicherung zeigt die Studie, dass die Genehmigung dieser neuen Methoden für die GKV-Versorgung, abhängig von der Nutzenbewertung des G-BA, zwischen 14 Monaten und 18 Jahren dauerte. Im Vergleich dazu wurden die vom G-BA positiv bewerteten Innovationen in der PKV oft erheblich früher erstattet. Hintergrund sind sehr unterschiedliche Verfahrensabläufe im GKV- und PKV-System. In der PKV sind – ohne aufwendigen Genehmigungsprozess – grundsätzlich alle medizinisch notwendigen Leistungen abrechnungsfähig. Die Autoren sehen dabei ein Spannungsfeld zwischen frühem Zugang der Patienten zu neuen Methoden einerseits sowie Kostenkontrolle und evidenzbasierter Qualitätssicherung andererseits.
Wettbewerb positiv für Einführung medizinischer Innovationen
Zu den Ergebnissen der Studie sagt der Vorsitzende des PKV-Verbands, Ralf Kantak: „Dank des Wettbewerbs zwischen privater und gesetzlicher Krankenversicherung zählt die medizinische Versorgung in Deutschland zu den besten der Welt. In ihrem stetigen Ringen um einerseits möglichst rasche Einführung medizinischer Innovationen und andererseits um evidenzbasierte Qualitätssicherung ergänzen sich die beiden Systeme sehr gut und treiben sich gegenseitig an.“ Dabei nehme die PKV häufig die Rolle des Innovationsmotors ein, da neue Verfahren und Medikamente bei ihr keine langwierigen Bewilligungsverfahren abwarten müssen. Diese Innovationen würden dann vielfach – nach abgeschlossener Nutzenbewertung des G-BA – auch von der GKV für deren Versicherte übernommen. Kantak weiter: „Im Ergebnis sichert die Dualität eine sehr gute und moderne Versorgung für alle Patienten.“
Techniker Krankenkasse sieht GKV als Motor der Digitalisierung
Es könne keine Rede davon sein, dass die PKV der Innovationstreiber im deutschen Gesundheitswesen sei, findet dagegen laut einem Beitrag der Ärzte Zeitung online Barbara Steffens. Die ehemalige Landesgesundheitsministerin leitet die Landesvertretung Nordrhein-Westfalen der Techniker Krankenkasse. Gerade mit Blick auf die Digitalisierung kämen die Neuerungen über die GKV ins System, so Steffens. Beispiele seien die elektronische Patientenakte oder die neuen digitalen Gesundheitsanwendungen. „Die GKV ist klar der Motor von strukturellen Innovationen“, sagt Steffens weiter. Es sei unbestritten, dass der GBA manchmal sehr lange braucht, um seine Entscheidungen zu fällen. Die genaue Prüfung neuer Leistungen mache aber Sinn. „Es geht um den Schutz der Patienten vor defizitären Methoden und auch vor überzogenen Kosten.“
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