26.08.2021 Branche

Warum ESG-Kriterien in der Kapital­anlage immer wichtiger werden

Laut einer Umfrage der Ratingagentur Assekurata bewertet die Hälfte der Kapital­anleger von Lebensversicherern die Bedeutung von Nachhaltigkeitskriterien mittlerweile als hoch oder sehr hoch. Ein wesentliches Motiv sind die steigenden regulatorischen Anforderungen.

Seit Einführung der EU-Transparenzverordnung im März dieses Jahres müssen auch Versicherungs- und Anlagevermittler nachhaltigkeitsbezogene Offenlegungspflichten erfüllen. (Foto: © Coloures-Pic - stock.adobe.com)
Seit Einführung der EU-Transparenzverordnung im März dieses Jahres müssen auch Versicherungs- und Anlagevermittler nachhaltigkeitsbezogene Offenlegungspflichten erfüllen.
(Foto: © Coloures-Pic - stock.adobe.com)

Das Thema Nachhaltigkeit gewinnt auch in der Versicherungsbranche an Bedeutung. So setzen immer mehr Versicherer auf eine verantwortungsvolle Kapitalanlage. Dabei spielen die sogenannten ESG-Kriterien (Environment, Social, Governance) eine entscheidende Rolle. Das bestätigen nun auch die Teilnehmer einer Befragung der Ratingagentur Assekurata zur Kapitalmarktsituation und -entwicklung. 34 Kapitalanleger von Versicherern nahmen daran teil.

ESG-Kriterien bei Lebensversicherern am wichtigsten

 

Hatten im vergangenen Jahr 39 Prozent der Teilnehmer die Bedeutung von ESG-Kriterien bei Investmententscheidungen als hoch oder sehr hoch eingestuft, tat es diesmal bereits die Hälfte aller Befragten. Dabei sprachen die Kapitalanleger von Lebensversicherern den ESG-Kriterien häufiger eine (noch) höhere Bedeutung zu als die Vertreter der anderen Sparten. Dies dürfte auch auf die Transparenzverordnung zurückzuführen sein, die am 10. März 2021 in Kraft getreten ist, schreibt Romina Röpke, Analystin bei Assekurata, in einem Blog-Beitrag auf der Website des Unternehmens. Die EU-Verordnung regelt die Offenlegungspflichten von Produktgebern und Finanzberatern, was die Nachhaltigkeit in Strategien, bei Prozessen und in ihren Produkten anbelangt. Lebensversicherer sind aufgrund ihrer Produktpalette von diesen regulatorischen Anforderungen unmittelbar betroffen.

Gesellschaftliche Bedeutung und Kundenwünsche als wichtige Motivation

 

Jenseits der Transparenzverordnung stellen laut Expertin Röpke die steigenden regulatorischen Anforderungen auch spartenübergreifend eine hohe Motivation dar, bei Investmententscheidungen verstärkt auf ESG-Kriterien zu achten. In der Befragung gaben dies fast alle Teilnehmer an, wobei fast 40 Prozent hieraus sogar eine sehr hohe Motivation ziehen. Ähnlich viele Asset-Manager berücksichtigen Nachhaltigkeitsaspekte auch wegen der gesellschaftlichen Bedeutung des Themas. Die drittwichtigste Motivation ist der Wunsch bzw. die Nachfrage von Kunden.

Einheitliche Definition von nachhaltigen Investments fehlt noch

 

Die Asset-Manager, die ESG-Kriterien in der Kapitalanlage berücksichtigen, fragte Assekurata außerdem, wie viel Prozent sie in den für die Neuanlage relevanten Segmenten tatsächlich nachhaltig anlegen. Die Bandbreite der Antworten lag für fast jedes Anlagesegment zwischen 0 und 100 Prozent und zeigt, wie unterschiedlich die Versicherer investieren. Immerhin bewegte sich der Mittelwert der Antworten über alle Segmente hinweg recht stabil zwischen 58 und 68 Prozent. Aufgrund der teils stark voneinander abweichenden Antworten stelle sich jedoch die Frage, wie die Unternehmen den Begriff Nachhaltigkeit überhaupt definieren, so Autorin Röpke. Einen Grund für die Unsicherheiten sieht sie darin, dass das entsprechende Rahmenwerk für eine einheitliche Definition von nachhaltigen Investments innerhalb der Europäischen Union noch im Aufbau ist. Die sogenannte Taxonomie-Verordnung erfasse viele potenziell nachhaltige Wirtschaftsaktivitäten aktuell noch gar nicht, sodass die Abdeckung recht gering sei.

Einfluss auf Unternehmensentscheidungen wächst

 

Für die Berücksichtigung von ESG-Kriterien in der Kapitalanlage greifen fast alle Teilnehmer auf Ausschlusskriterien zurück. Dabei werden Investments in Unternehmen oder Staaten, die sensible Themen oder Geschäftsbereiche tangieren oder den festgelegten Anforderungen nicht gerecht werden, komplett ausgeschlossen. Einen Fokus auf die positive Nachhaltigkeitswirkung von Investmentobjekten erlauben die Instrumente „Positivkriterien“, „Best-in-Class“ oder „Impact Investing“. Laut Assekurata zeigt die Umfrage jedoch, dass diese zurzeit noch weniger stark vertreten sind.

42 Prozent der Befragten gaben darüber hinaus an, aktiv auf Unternehmensentscheidungen der Investmentobjekte zugunsten einer nachhaltigeren Entwicklung einzuwirken, zum Beispiel über Stimmrechtsausübungen bei Hauptversammlungen. Dies ist für kleinere Versicherer aufgrund der geringeren Investitionsvolumina naturgemäß schwieriger als für größere, sie könnten sich aber in Initiativen und Netzwerken mit anderen Kapitalanlegern zusammenschließen und ihre Einflusskraft dadurch bündeln, so Röpke. Bei Staatsanleihen sei ein Engagement indes nur schwer umsetzbar. Nicht jedes Verfahren eigne sich also gleichermaßen für jede Assetklasse.

 (Foto: ASSEKURATA)
(Foto: ASSEKURATA)

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