Allianz Risk Barometer: Betriebsunterbrechungen sind die größte Sorge
Deutsche Unternehmen fürchten laut einer Befragung der Allianz Global Corporate & Specialty Betriebsunterbrechungen noch stärker als Cyberangriffe, die weltweit an der Spitze stehen. Auch Naturkatastrophen und der Klimawandel erfahren einen Bedeutungszuwachs. Die Sorge vor der Corona-Pandemie nimmt hingegen ab.
Betriebsunterbrechungen sind in Deutschland und Cybergefahren sind weltweit im Jahr 2022 die größten Sorgen von Unternehmen. Zu diesem Ergebnis kommt das nun veröffentlichte „Allianz Risk Barometer 2022“ des Industrieversicherers der Allianz, der Allianz Global Corporate & Speciaity (AGCS). Diese Bedrohungen beunruhigen die Unternehmen sogar noch mehr als Naturkatastrophen oder die Covid-19-Pandemie, die alle Unternehmen im vergangenen Jahr stark beeinträchtigt haben.
Cyberangriffe wurden global in der Untersuchung am häufigsten genannt (44 Prozent der Antworten), Betriebsunterbrechungen fallen auf den zweiten Platz zurück (42 Prozent) und Naturkatastrophen rangieren auf Platz drei (25 Prozent), nachdem sie 2021 noch auf Platz sechs lagen. Der Klimawandel klettert auf den sechsten Platz (17 Prozent, zuvor Platz neun), während der Ausbruch einer Pandemie auf den vierten Platz fällt (22 Prozent). In die jährliche Umfrage des Versicherers flossen die Meinungen von 2650 Personen aus 89 Ländern ein, darunter CEOs, Risikomanager, Makler und Versicherungsexperten.
Angst vor Betriebsunterbrechung in Deutschland ungebrochen
In Deutschland dominieren Betriebsunterbrechung (Platz 1 mit 55 Prozent der relevanten Antworten), Cybervorfälle (50 Prozent) und Naturkatastrophen (30 Prozent) das Ranking. Aufsteiger ist der Klimawandel (Platz 4 mit 21 Prozent). Die Sorge vor der Corona- oder einer anderen Pandemie treibt deutsche Unternehmen deutlich weniger um als noch 2021 (Platz 8 mit 13 Prozent). „Für die meisten Unternehmen ist die größte Angst, ihre Produkte nicht herstellen oder ihre Dienstleistungen nicht erbringen zu können”, sagt Joachim Müller, CEO von AGCS.
Im Jahr 2021 sei es zu Unterbrechungen in noch nie dagewesenem Ausmaß gekommen. Lähmende Cyberangriffe, die Auswirkungen zahlreicher klimawandelbedingter Wetterereignisse auf die Lieferkette sowie pandemiebedingte Produktionsprobleme und Transportengpässe hätten dabei verheerende Folgen verursacht. Müller: „Störungen des Betriebes werden wahrscheinlich auch 2022 das wichtigste Risikothema bleiben.” Es könne nur eine allmähliche Entspannung der Lage erwartet werden. Immerhin erweise sich der Aufbau von Widerstandsfähigkeit gegen die zahlreichen Ursachen von Betriebsunterbrechungen zunehmend als ein Wettbewerbsvorteil für Unternehmen.
Ransomware-Angriffe als größte Cybergefahr
Hauptgrund für den Spitzenplatz von Cyberrisiken ist die Zunahme von Ransomware-Angriffen, die von den 57 Prozent der Umfrageteilnehmer als die größte Cyberbedrohung für das kommende Jahr bewertet wurde. Die jüngsten Angriffe zeigten besorgniserregende Trends. Zu diesen zählen doppelte Erpressungstaktiken”, bei denen die Verschlüsselung von Systemen mit Datendiebstahl kombiniert wird, die Ausnutzung von Softwareschwachstellen, die potenziell Tausende von Unternehmen betreffen oder Angriffe auf kritische physische Infrastrukturen.
Cybersicherheit sei auch ein wichtiges Anliegen der Unternehmen im Bereich der ökologischen und sozialen Unternehmensführung (ESG). Die Befragten erkennen laut AGCS an, dass es notwendig ist, Sicherheitsvorkehrungen zu verbessern und für künftige Ausfälle zu planen, da sie sonst mit zunehmenden Konsequenzen seitens der Regulierungsbehörden, Investoren und anderer Interessengruppen rechnen müssen.
Das Bewusstsein für Schwachstellen wächst
Die Studie zeigt auch den direkten Zusammenhang zu Betriebsunterbrechungen. Cybervorfälle sind demnach die am meisten gefürchtete Ursache für solche Ausfälle. Dies spiegelt die Zunahme von Ransomware-Angriffen wider, aber auch die Auswirkungen der zunehmenden Abhängigkeit der Unternehmen von der Digitalisierung und Fernarbeit. Naturkatastrophen und Pandemien sind nach Ansicht der Befragten die beiden anderen wichtigen Auslöser für Betriebsunterbrechungen. In jedem Fall sei das Ausmaß der Schwachstellen in modernen Lieferketten und Produktionsnetzen zuletzt offensichtlicher denn je geworden.
„Die Pandemie hat das Ausmaß der Vernetzung in modernen Lieferketten aufgezeigt und verdeutlicht, wie an sich unzusammenhängende Ereignisse zusammenkommen und weitreichende Ausfälle verursachen. Damit wurde die Widerstandsfähigkeit von Lieferketten auf globaler Ebene auf eine harte Probe gestellt. Die Ballung sich gegenseitig verstärkender Ereignisse hat sicher eine neue Dimension erreicht”, sagt Jürgen Wiemann, Leiter der Sachversicherung der AGCS in Zentral- und Osteuropa. Laut dem jüngsten „Euler Hermes Global Trade Report” wird die Corona-Pandemie wahrscheinlich bis in die zweite Jahreshälfte 2022 hinein zu erheblichen Störungen in der Lieferkette führen.
Mehr Aufmerksamkeit für Risiken des Klimawandels
Der Aufstieg von Naturkatastrophen und dem Klimawandel auf den dritten bzw. sechsten Platz im weltweiten Ranking und auf Platz 3 und 4 in Deutschland ist laut Studie eng miteinander verbunden. Die Befragten des Allianz Risk Barometers fürchten an erster Stelle klimawandelbedingte Wetterereignisse, die Schäden am Unternehmenseigentum verursachen (57 Prozent), gefolgt von den Auswirkungen auf den Betrieb und die Lieferketten (41 Prozent). Sie machen sich aber auch Sorgen über die klimafreundliche Neuausrichtung ihrer Unternehmen (36 Prozent), die Erfüllung komplexer Vorschriften und Berichtsanforderungen und die Vermeidung potenzieller Klagerisiken, weil sie keine angemessenen Maßnahmen zur Bekämpfung des Klimawandels ergriffen haben (34 Prozent).
„Der Druck auf die Unternehmen, etwas gegen den Klimawandel zu unternehmen, hat im vergangenen Jahr deutlich zugenommen, wobei der Fokus zunehmend auf Netto-Null-Beiträgen liegt”, sagt Line Hestvik, Chief Sustainability Officer der Allianz SE.