Axa-Studie: Eigenes Pflegerisiko wird verdrängt
Eine Befragung im Auftrag der Axa zeigt einmal mehr, dass viele Menschen sich nicht mit der eigenen Pflegbedürftigkeit auseinandersetzen. Dabei sind Frauen noch deutlich interessierter als Männer. 48 Prozent wollen zuhause gepflegt werden.
Jeder zweite Mann und zwei von drei Frauen werden im Laufe des Lebens pflegebedürftig. Im Jahr 2020 waren rund 4,5 Millionen Menschen in Deutschland betroffen. Aufgrund des demographischen Wandels und der weiter steigenden Lebenserwartung der Bevölkerung wird sich die Zahl der Pflegebedürftigen bis 2050 auf rund 6,5 Millionen Menschen erhöhen.
Frauen beschäftigten sich stärker mit dem Thema Pflege
Diese Zahlen des Statistischen Bundesamtes nennt der Versicherer Axa, um zu verdeutlichen, wie wichtig die individuelle Auseinandersetzung mit dem Thema Pflege ist. Doch genau daran hapert es offenbar, wie eine von den Kölnern beim Marktforschungsunternehmen Yougov beauftragten repräsentative Befragung unter ca. 2000 Personen in Deutschland ab 18 Jahren zeigen soll. Laut der Autoren hat sich die Hälfte der Befragten (50 Prozent) noch nie Gedanken zur eigenen Pflege gemacht. Ein Drittel hat auch in naher Zukunft nicht vor, das zu tun. Dabei variieren die Ergebnisse in Bezug auf die Geschlechter: Während sich fast jede zweite Frau (49 Prozent) schon einmal mit der eigenen Pflege beschäftigt hat, sind es unter Männern nur 37 Prozent.
Pflegebedürftigkeit für junge Menschen meist kein Thema
Offenbar spielt die eigene Lebenserfahrung eine entscheidende Rolle in Bezug auf die Beschäftigung mit der eigenen Zukunft. Menschen, die bereits selbst Eltern, Partner oder weitere nahe Angehörige gepflegt haben, geben deutlich häufiger an, genau zu wissen, wie sie einmal selbst versorgt werden wollen (35 Prozent) als Befragte, die noch nie mit dem Thema in Kontakt gekommen sind (sieben Prozent). Das Alter spielt ebenfalls eine entscheidende Rolle: 63 Prozent der 25- bis 34-Jährigen haben sich noch nie mit der eigenen Pflegebedürftigkeit auseinandergesetzt. Mit zunehmendem Alter sinkt diese Zahl zwar, doch selbst unter den über 55-Jährigen hat sich mehr als ein Drittel (35 Prozent) noch keine Gedanken dazu gemacht.
Ein weiteres Ergebnis der Studie ist, dass Eltern von Kindern sich seltener mit dem Risiko der eigenen Pflegebedürftigkeit auseinandersetzen als Kinderlose. So haben sich 45 Prozent der Kinderlosen schon einmal mit der eigenen Pflege auseinandergesetzt. Bei den Befragten mit einem Kind sind es 39 Prozent, während 36 Prozent der Eltern von zwei und nur 32 Prozent der Eltern von drei Kindern sich bisher damit beschäftigt haben.
Vor allem Männer möchten gerne von Partner oder Familie gepflegt werden
Lediglich sechs Prozent der Befragten geben an, im Fall der Fälle gerne in einem Pflegeheim zu leben. Mehr als die Hälfte (57 Prozent) hängt am eigenen Zuhause. Mit Abstand am beliebtesten ist die Versorgung durch einen ambulanten Pflegedienst (27 Prozent) oder direkte Angehörige (21 Prozent). Männer (23 Prozent) möchten noch häufiger als Frauen (19 Prozent) von der eigenen Partnerin, dem eigenen Partner beziehungsweise weiteren Verwandten in den eigenen vier Wänden versorgt werden. Tatsächlich zeigten Studien, dass die sogenannte Care-Arbeit mehrheitlich von Frauen geleistet wird. Im Alter zwischen 50 und 69 Jahren pflegen mehr als zehn Prozent der Frauen in Deutschland eine Person aus ihrem direkten Umfeld, häufig ihre Lebenspartnerin oder ihren Lebenspartner.
Expertin rät zur frühen Klärung wichtiger Fragen
Klar sein dürfte, dass Axa als Produktgeber mit der Studie vor allem auf das Thema einer unzureichenden Vorsorge hinweisen will. So wird auch, völlig unabhängig von den Befragungsergebnissen darauf hingewiesen, dass die persönlichen Kosten zum Beispiel für die Unterbringung in einem Pflegeheim angeblich häufig unterschätzt werden. Hier könne, wenig überraschend, eine Pflegezusatzversicherung helfen. Untermauert wird das durch eine externe Expertin, die Axa zitiert. Professor Adelheid Kuhlmey, Direktorin des Instituts für Medizinische Soziologie und Rehabilitationswissenschaft an der Charité Berlin, sagt: „Die Versorgung von Familienmitgliedern ist körperlich und psychisch fordernd und braucht Zeit. Häufig hat eine dauerhafte Mehrbelastung zur Folge, dass Pflegende ihre berufliche Tätigkeit reduzieren oder ganz aufgeben müssen. Umso wichtiger ist es, sich frühzeitig mit dieser Situation zu beschäftigen. Wie soll meine eigene Pflege und die meiner Angehörigen aussehen? Wie kann ich die unterschiedlichen Modelle finanzieren? Das sind Fragen, die man sich idealerweise schon als junger Mensch stellen sollte, um später ein möglichst selbstbestimmtes Leben führen zu können.“