28.04.2023 Branche

EU: Aus für das Provisionsverbot

Siegt die Stimme der Vernunft? EU-Finanzkommissarin McGuinness gibt sich geschlagen und kippt das umstrittene Provisionsverbot. Zumindest vorerst. Stattdessen sind verschärfte Regelungen für mehr Verbraucherschutz geplant.

Eine umfangreiche Finanzberatung erfordert viel Fachwissen und ist enorm zeitintensiv. Bei einem Provisionsverbot dürften die Beratungskosten (dann z.B. auf Honorarbasis) deutlich steigen und Verbraucher finanziell stark belasten, so das Argument der Gegner. (Foto: AXA)
Eine umfangreiche Finanzberatung erfordert viel Fachwissen und ist enorm zeitintensiv. Bei einem Provisionsverbot dürften die Beratungskosten (dann z.B. auf Honorarbasis) deutlich steigen und Verbraucher finanziell stark belasten, so das Argument der Gegner.
(Foto: AXA)

Die Finanzvermittlerbranche in Deutschland kann aufatmen: Der umstrittene Plan für ein Provisionsverbot für Finanzberater wird von der EU-Kommission verworfen. Die zuständige Finanzkommissarin Mairead McGuinness verkündete in einer Rede, dass sie auf ein vollständiges Provisionsverbot vorerst verzichten werde. „Wir haben denen zugehört, die uns sagen, dass ein vollständiges Provisionsverbot zu diesem Zeitpunkt zu disruptiv sein könnte“, sagte McGuinness auf einer Finanzkonferenz in Stockholm. Man erwäge nun andere Maßnahmen wie mehr Transparenzpflichten.

Lob für „richtige Entscheidung“

 

Die geplante Entscheidung dürfte auch ein Erfolg der Branchenvertreter sein, dies sich seit Jahren gegen ein absolutes Provisionsverbot – insbesondere im Lebenssversicherungsgeschäft – stark machen. Dazu zählt unter anderem der Bundesverband Finanzdienstleistung AfW. Verbandsvorstand Norman Wirth begrüßt die Aussagen von EU-Kommissarin McGuinness: „Es wäre die richtige Entscheidung, von vielen guten Argumenten unterstützt, die durch den AfW, seinen europäischen Dachverband und viele gute Partner auf deutscher und europäischer Ebene vorgebracht wurden.“ 
Norbert Rollinger, Vorstandschef der R+V-Versicherung, äußerte sich gegenüber dem Handelsblatt: „Das Provisionsmodell ist bereits in vielerlei Hinsicht reguliert.“ Darüber hinaus sei kein Verbot notwendig, das die Finanzvertriebe erschüttern würde, so der Präsident des Gesamtverbands der Deutschen Versicherungswirtschaft.

Sinnvolle Offenlegungsvorschriften

 

Indes macht sich McGuiness für verschärfte Regelungen beim Verbraucherschutz stark. So will sie künftig Provisionen bei „Execution only“-Geschäften verbieten, also dann, wenn eine Finanzfirma nur eine Order ausführt, ohne jegliche Beratungsleistung. „Es sollte verschärfte Bestimmungen geben, wann Provisionen gezahlt werden – und wann nicht“, sagte sie. Auch dafür gibt es Rückendeckung aus der Branche. „Die Forderung nach weiteren Offenlegungsvorschriften sehen wir als Chance für die Branche“, sagt Michael H. Heinz, Präsident des Bundesverbands Deutscher Versicherungskaufleute (BVK). Hier gelte es, im weiteren Dialog eine ausgewogene Lösung im Sinne eines sinnvollen Verbraucherschutzes zu erzielen.

Bürokratie-Gefahr aus Brüssel

 

Mit Details zu seitens der EU-Kommission geplanten Maßnahmen im Rahmen der europäischen Kleinanlegerstrategie ist am 24. Mai zu rechnen. „Letztlich kommt es immer auf die Umsetzung an", so AfW-Vorstand Wirth. Die Verbraucher hätten jedenfalls verdient, dass sie „weiterhin unabhängige, qualifizierte Beratung als Grundlage für Finanz- und Versicherungsprodukte erhalten, die ihren Wünschen und Bedürfnissen entsprechen”. Mehr Bürokratie und Verbote seien dabei „sicherlich nicht hilfreich“.

Kuh noch nicht vom Eis

 

So ganz ist das Schreckgespenst Provisionsverbot übrigens noch nicht vom Tisch: Um die gewünschten Verhaltensänderungen in der Branche zu erreichen, behält McGuinness das vollständige Provisionsverbot in der Hinterhand. Der Gesetzentwurf werde eine Revisionsklausel enthalten, die ein vollständiges Provisionsverbot zu einem späteren Zeitpunkt erlaubt, sagte sie – und fügte hinzu: „Falls es nötig sein sollte.“


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