19.07.2022 Branche

EU-Aufsicht nimmt Preispolitik aufs Korn

Lockangebote für Neukunden, schleichende Prämienerhöhungen im Bestand: Die europäische Versicherungsaufsicht Eiopa will die Preispolitik der Versicherer stärker unter die Lupe nehmen. Maßstab müsse stets das Risikoprofil sein.

Die Europäische Versicherungsaufsicht Eiopa in Frankfurt nimmt sich die Preisgestaltung der Versicherungsunternehmen vor. (Foto: EIOPA)
Die Europäische Versicherungsaufsicht Eiopa in Frankfurt nimmt sich die Preisgestaltung der Versicherungsunternehmen vor.
(Foto: EIOPA)

Unter der Führung der Niederländerin Petra Hielkema zieht die Europäische Aufsichtsbehörde für das Versicherungswesen und die betriebliche Altersversorgung (Eiopa) die Zügel an. Die in Frankfurt ansässige EU-Behörde hat eine öffentliche Konsultation gestartet und will in den kommenden drei Monaten die Meinung von Marktteilnehmern, zu unfairen Preisunterschieden erfragen und auf die Auswertung der Ergebnisse reagieren. Ein entsprechendes Konsultationspapier hat die Aufsichtsbehörde auf ihrer Website veröffentlicht. 

Benachteiligung von Bestandskunden soll beendet werden

 

Ziel ist es, gegen Lockangebote von Versicherern vorzugehen. Der Verdacht: Durch die Schnäppchen für Neukunden würden Bestandskunden benachteiligt, die für den gleichen Schutz höhere Prämien zahlen. Dabei müsste Basis der Kalkulation stets das Risikoprofil sein. „Einige dieser Praktiken sind nach Ansicht der Eiopa nicht von der geltenden EU-Gesetzgebung gedeckt und führen zu einer unfairen Behandlung der Kunden“, heißt es in einem Papier der Behörde. Die Beendigung dieser Praxis soll den Verbraucherschutz stärken. 

„Price walking”: Großbritannien als Vorbild

 

Die Erfahrung der Versicherer zeigt, dass treue Kunden Preiserhöhungen tolerieren und nicht kündigen – darunter seien vor allem ältere Menschen, die den Anbieter erfahrungsgemäß seltener wechseln. Bei der Vertragsverlängerung müssten sie dann entsprechend mit höheren Prämien rechnen. Der Mehrerlös ließe sich dazu nutzen, die Neukundengewinnung zu subventionieren. Vor allem der Preiswettbewerb in der Autoversicherung wird auf diese Weise ausgetragen.

Dieses Vorgehen benachteilige jedoch Kunden, die loyal zu ihrem Versicherer stehen, unangemessen, heißt es in dem Eiopa-Papier. Grundsätzlich seien bestimmte Rabatte in der EU erlaubt. Die Behörde erwarte von den Versicherern aber den Nachweis, dass sie die Kunden mit ihren Preisstrategien nicht unfair behandelten. In ihren aufsichtsrechtlichen Erwartungen lege sie deshalb fest, „dass Versicherer, die von differenzierten Preisgestaltungspraktiken Gebrauch machen wollen, nachweisen müssen, dass sie über angemessene Produktaufsichts- und Governance-Maßnahmen verfügen, um eine faire Behandlung der Verbraucher und die Minderung von Verbraucherrisiken zu gewährleisten“. In Großbritannien hat die auf den Verbraucherschutz spezialisierte Finanzaufsicht FCA solche Praktiken, die dort unter dem Schlagwort „Price Walking“ bekannt sind, schon 2021 untersagt.


Weitere Artikel

Listing

19.07.2024 Branche

Versichern nicht vergessen: Welche Policen Azubis zum Start brauchen

Raus aus der Schule, rein ins Berufsleben: Bald beginnt für viele Jugendliche und junge Erwachsene ein neuer Lebensabschnitt und damit auch ein Stück finanzielle Unbhängigkeit. Auch die richtige Absicherung gehört jetzt dazu. Wie sich Azubis versichern sollten – die Verbraucherzentrale Hamburg gibt wichtige Tipps.

> weiterlesen
Listing

05.07.2024 Branche

Selbstständige: Lebensstandard im Alter stark gefährdet

Eine repräsentative Umfrage für den Versicherer HDI Deutschland zeigt: Selbstständige und freiberuflich Tätige haben im Ruhestand deutlich mehr finanzielle Nachteile als andere Gruppen. Ein Drittel von ihnen muss sogar mit weniger als 700 Euro Rente auskommen.

> weiterlesen
Listing

28.06.2024 Branche

Elementarschäden: Bewegung in der Debatte

Trotz zahlreicher neuer Hochwasserereignisse ist die Diskussion um eine Pflichtversicherung gegen Elementarschäden festgefahren. Einige Experten äußern sich dazu positiv – und auch einzelne Versicherer sind nicht (mehr) ganz auf GDV-Linie.

> weiterlesen