Gothaer-Studie: Fachkräftemangel verschärft sich dramatisch
Kaum ein Thema steht so im Fokus der deutschen Wirtschaft wie der Mangel an Nachwuchs und Fachkräften. Eine Umfrage unter kleinen und mittelständischen Unternehmen im Auftrag der Gothaer belegt: Die Herausforderung, qualifiziertes Personal zu gewinnen und zu binden, wird immer größer.
46 Prozent der befragten kleinen und mittelständischen Unternehmen (KMU) in Deutschland geben in einer Studie der Gothaer an, Schwierigkeiten zu haben, qualifizierte Arbeitskräfte zu finden und an ihr Unternehmen zu binden. Dies entspricht einem Anstieg um sechs Prozentpunkte gegenüber 2021. Auffällig dabei sind die Unterschiede je nach Unternehmensgröße: Während 28 Prozent der Kleinstunternehmen mit bis zu zehn Mitarbeitern diese Herausforderung sehen, sind es bei Unternehmen mit einer Größe von elf bis 20 Mitarbeitern schon 44 Prozent. Besonders deutlich ist das Problem bei den mittleren und größeren Unternehmen mit 21 bis 200 bzw. 201 bis 500 Beschäftigten. Verglichen mit 2021 stiegen bei ihnen die Werte um 13 bzw. drei Prozentpunkte auf 58 und 54 Prozent. Zu berücksichtigen ist, dass die Befragung bereits im Januar 2022 stattfand.
Mit Flexibilität gegen die Demographie-Falle
Ein wesentlicher Treiber für den Fachkräftemangel ist der demographische Wandel. Laut Statistischem Bundesamt wird im Jahr 2035 die Zahl der Personen im erwerbstätigen Alter zwischen 19 und 67 Jahren zwischen 46 und 48 Millionen Menschen betragen – im Vergleich zu 2020 ein Rückgang um bis zu elf Prozent. Es wird also darauf ankommen, schon jetzt junge Arbeitskräfte für sich zu gewinnen, um einem späteren Fachkräftemangel vorzubeugen, so die Studienautoren. Untätig sind die deutschen Firmen da nicht. Auf Platz 1 der genutzten Möglichkeiten, um junge Arbeitnehmer zu gewinnen: flexible Arbeitszeiten. 44 Prozent der befragten Unternehmen setzen auf Vereinbarungen, die von der sogenannten Normalarbeitszeit abweichen. Das kommt nicht nur der Work-Life-Balance der Menschen entgegen, sondern auch unterschiedlichen Lebensmodellen. Ebenfalls attraktiv: das Home-Office. Die Möglichkeit von zu Hause aus zu arbeiten, haben 38 Prozent der KMU im Programm. Im Vorjahr waren es drei Prozentpunkte weniger. Knapp dahinter reihen sich attraktive Gehaltszahlungen (37 Prozent) ein, ein Anstieg um zwei Prozentpunkte. Besonders auffällig: Größere Unternehmen mit erhöhtem Personalmangel sind eher dazu bereit, solche Maßnahmen zur Steigerung der Arbeitgeberattraktivität umzusetzen.
bAV und bKV als attraktive Extras
30 Prozent der KMU bieten ihren Mitarbeitern mittlerweile eine betriebliche Altersvorsorge an. Mit Blick auf die wachsende Rentenlücke der Menschen haben immerhin zwei Prozent mehr der befragten Unternehmen die bAV im Kampf um Talente für sich entdeckt. Sie rückt damit auf Platz 4 und überholt die Weiterbildungs- und Entwicklungsmöglichkeiten, die auf Platz 5 zurückfallen und im Vergleich zum Vorjahr drei Prozentpunkte verlieren.
Ebenfalls gestiegen ist der Anteil der Unternehmen, die ihren Mitarbeitern eine betriebliche Krankenversicherung zur Verfügung stellen. Waren dies im vergangenen Jahr noch zehn Prozent der Unternehmen, sind es in diesem Jahr bereits 13 Prozent. Sie liegt – gleichauf mit dem Jobticket und Angeboten zur betrieblichen Gesundheitsförderung – noch vor der betrieblichen Unfallversicherung (elf Prozent) auf Platz 7. Damit reagieren die Arbeitgeber auf die Entwicklung des stetigen steigenden Gesundheitsbewusstseins der Gesellschaft. „Insbesondere bei der bKV wissen wir um das Potenzial. Hier gilt es, weiter an der Bekanntheit sowohl auf der Seite der Unternehmen als auch auf der Seite der Mitarbeitenden zu arbeiten. Gerade in Zeiten der Inflation ist eine bkV attraktiv, da sie Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen bei Gesundheitsleistungen unmittelbar finanziell entlastet“, sagt Dr. Sylvia Eichelberg, Vorstandsvorsitzende der Gothaer Krankenversicherung AG.