29.08.2022 Branche

Gothaer-Studie: Fachkräftemangel verschärft sich dramatisch

Kaum ein Thema steht so im Fokus der deutschen Wirtschaft wie der Mangel an Nachwuchs und Fachkräften. Eine Umfrage unter kleinen und mittelständischen Unternehmen im Auftrag der Gothaer belegt: Die Herausforderung, qualifiziertes Personal zu gewinnen und zu binden, wird immer größer.

In vielen Unternehmen bleiben wichtige Positionen unbesetzt. (Foto: © zhenya - stock.adobe.com)
In vielen Unternehmen bleiben wichtige Positionen unbesetzt.
(Foto: © zhenya - stock.adobe.com)

46 Prozent der befragten kleinen und mittelständischen Unternehmen (KMU) in Deutschland geben in einer Studie der Gothaer an, Schwierigkeiten zu haben, qualifizierte Arbeitskräfte zu finden und an ihr Unternehmen zu binden. Dies entspricht einem Anstieg um sechs Prozentpunkte gegenüber 2021. Auffällig dabei sind die Unterschiede je nach Unternehmensgröße: Während 28 Prozent der Kleinstunternehmen mit bis zu zehn Mitarbeitern diese Herausforderung sehen, sind es bei Unternehmen mit einer Größe von elf bis 20 Mitarbeitern schon 44 Prozent. Besonders deutlich ist das Problem bei den mittleren und größeren Unternehmen mit 21 bis 200 bzw. 201 bis 500 Beschäftigten. Verglichen mit 2021 stiegen bei ihnen die Werte um 13 bzw. drei Prozentpunkte auf 58 und 54 Prozent. Zu berücksichtigen ist, dass die Befragung bereits im Januar 2022 stattfand.

Mit Flexibilität gegen die Demographie-Falle



Ein wesentlicher Treiber für den Fachkräftemangel ist der demographische Wandel. Laut Statistischem Bundesamt wird im Jahr 2035 die Zahl der Personen im erwerbstätigen Alter zwischen 19 und 67 Jahren zwischen 46 und 48 Millionen Menschen betragen – im Vergleich zu 2020 ein Rückgang um bis zu elf Prozent. Es wird also darauf ankommen, schon jetzt junge Arbeitskräfte für sich zu gewinnen, um einem späteren Fachkräftemangel vorzubeugen, so die Studienautoren. Untätig sind die deutschen Firmen da nicht. Auf Platz 1 der genutzten Möglichkeiten, um junge Arbeitnehmer zu gewinnen: flexible Arbeitszeiten. 44 Prozent der befragten Unternehmen setzen auf Vereinbarungen, die von der sogenannten Normalarbeitszeit abweichen. Das kommt nicht nur der Work-Life-Balance der Menschen entgegen, sondern auch unterschiedlichen Lebensmodellen. Ebenfalls attraktiv: das Home-Office. Die Möglichkeit von zu Hause aus zu arbeiten, haben 38 Prozent der KMU im Programm. Im Vorjahr waren es drei Prozentpunkte weniger. Knapp dahinter reihen sich attraktive Gehaltszahlungen (37 Prozent) ein, ein Anstieg um zwei Prozentpunkte. Besonders auffällig: Größere Unternehmen mit erhöhtem Personalmangel sind eher dazu bereit, solche Maßnahmen zur Steigerung der Arbeitgeberattraktivität umzusetzen. 

bAV und bKV als attraktive Extras

 

30 Prozent der KMU bieten ihren Mitarbeitern mittlerweile eine betriebliche Altersvorsorge an. Mit Blick auf die wachsende Rentenlücke der Menschen haben immerhin zwei Prozent mehr der befragten Unternehmen die bAV im Kampf um Talente für sich entdeckt. Sie rückt damit auf Platz 4 und überholt die Weiterbildungs- und Entwicklungsmöglichkeiten, die auf Platz 5 zurückfallen und im Vergleich zum Vorjahr drei Prozentpunkte verlieren.

Ebenfalls gestiegen ist der Anteil der Unternehmen, die ihren Mitarbeitern eine betriebliche Krankenversicherung zur Verfügung stellen. Waren dies im vergangenen Jahr noch zehn Prozent der Unternehmen, sind es in diesem Jahr bereits 13 Prozent. Sie liegt – gleichauf mit dem Jobticket und Angeboten zur betrieblichen Gesundheitsförderung – noch vor der betrieblichen Unfallversicherung (elf Prozent) auf Platz 7. Damit reagieren die Arbeitgeber auf die Entwicklung des stetigen steigenden Gesundheitsbewusstseins der Gesellschaft. „Insbesondere bei der bKV wissen wir um das Potenzial. Hier gilt es, weiter an der Bekanntheit sowohl auf der Seite der Unternehmen als auch auf der Seite der Mitarbeitenden zu arbeiten. Gerade in Zeiten der Inflation ist eine bkV attraktiv, da sie Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen bei Gesundheitsleistungen unmittelbar finanziell entlastet“, sagt Dr. Sylvia Eichelberg, Vorstandsvorsitzende der Gothaer Krankenversicherung AG.


Weitere Artikel

Listing

19.07.2024 Branche

Versichern nicht vergessen: Welche Policen Azubis zum Start brauchen

Raus aus der Schule, rein ins Berufsleben: Bald beginnt für viele Jugendliche und junge Erwachsene ein neuer Lebensabschnitt und damit auch ein Stück finanzielle Unbhängigkeit. Auch die richtige Absicherung gehört jetzt dazu. Wie sich Azubis versichern sollten – die Verbraucherzentrale Hamburg gibt wichtige Tipps.

> weiterlesen
Listing

05.07.2024 Branche

Selbstständige: Lebensstandard im Alter stark gefährdet

Eine repräsentative Umfrage für den Versicherer HDI Deutschland zeigt: Selbstständige und freiberuflich Tätige haben im Ruhestand deutlich mehr finanzielle Nachteile als andere Gruppen. Ein Drittel von ihnen muss sogar mit weniger als 700 Euro Rente auskommen.

> weiterlesen
Listing

28.06.2024 Branche

Elementarschäden: Bewegung in der Debatte

Trotz zahlreicher neuer Hochwasserereignisse ist die Diskussion um eine Pflichtversicherung gegen Elementarschäden festgefahren. Einige Experten äußern sich dazu positiv – und auch einzelne Versicherer sind nicht (mehr) ganz auf GDV-Linie.

> weiterlesen