Rekordausgaben: Wohin entwickelt sich die GKV?
Das Defizit der GKV lag 2020 bei 6,2 Milliarden Euro. Die Reserven reichen wohl nur noch dieses Jahr, dann müsste der Bund seinen Zuschuss erhöhen. Für den PKV-Verband keine Lösung, da vor allem strukturelle Probleme für das sich anbahnende Fiasko bei den Finanzen verantwortlich sind.
Die gesetzliche Krankenversicherung hat das vergangene Jahr mit einem Minus von 6,2 Milliarden Euro abgeschlossen. Für den GKV-Spitzenverband ist das nach eigenen Worten „ein Alarmsignal“. Konkret setzt sich das Defizit 2020 aus einem Minus beim Gesundheitsfonds in Höhe von 3,58 Milliarden Euro sowie dem Krankenkassen-Defizit in Höhe von 2,65 Milliarden Euro zusammen. Grund für die negative Finanzentwicklung ist die Corona-Pandemie und damit einhergehend deutliche Ausgabensteigerungen in zentralen Leistungsbereichen. Der GKV-Spitzenverband prognostiziert, dass die Krankenkassen ähnlich wie 2020 in diesem Jahr allein acht Milliarden Euro aus ihren Finanzreserven an den Gesundheitsfonds abführen müssen, damit dieser seine laufenden Zahlungsverpflichtungen erfüllen kann.
GKV-Spitzenverband fordert höhere Bundeszuschüsse
Dr. Doris Pfeiffer, Vorstandsvorsitzende des GKV-Spitzenverbandes warnt: „Für das kommende Jahr zeichnen sich große finanzielle Herausforderungen ab. Da der Extra-Bundeszuschuss einmalig war und die Rücklagen sowohl der Krankenkassen als auch des Gesundheitsfonds zum großen Teil in diesem Jahr aufgebraucht werden, entsteht im nächsten Jahr eine Finanzierungslücke im zweistelligen Milliardenbereich.“ Der GKV-Verband plädiert deshalb für einen dauerhaft erhöhten Bundeszuschuss. Leistungskürzungen sollten im Interesse der Patienten tabu sein, ebenso wie höhere Beiträge, da diese „kein gutes Zukunftssignal für den notwendigen wirtschaftlichen Aufschwung“ seien.
Düstere Prognose vom Wissenschaftlichen Institut der PKV
Derweil wagt der Verband der Privaten Krankenversicherung und das ihm angehörige Wissenschaftliche Institut der PKV (WIP) einen längerfristigen Blick in die Zukunft und positioniert sich in einer „Kurzanalayse“ klar gegen höhere Bundeszuschüsse. Das WIP erwartet ein GKV-Defizit von 16,6 Milliarden Euro in diesem Jahr. Nach eigenen Berechnungen müsste der Steuerzuschuss bis 2030 auf 83 Milliarden Euro pro Jahr steigen, wenn die Ausgaben und Einnahmen der GKV weiter in gleichem Maße zunehmen wie in den vergangenen 20 Jahren, nur um die Beiträge konstant zu halten. Die Vorausberechnung des WIP geht nach eigenen Angaben dabei sogar von geringeren Kostenentwicklungen als in der gegenwärtigen GKV-Realität aus, in der durch mehrere leistungsausweitende Gesetze die Ausgaben überproportional gestiegen sind. Hinzu komme, dass der bevorstehende Renteneintritt der großen Babyboomer-Jahrgänge absehbar zu einem deutlichen Rückgang der GKV-Beitragseinnahmen führen werde.
Höhere Zuschüsse keine Lösung für strukturelle Probleme
Im Ergebnis kann die in der aktuellen Corona-Krise diskutierte Erhöhung der Bundeszuschüsse aus Sicht des WIP keine Lösung für die Finanzprobleme der GKV sein und die wichtigen Herausforderungen des Gesundheitssystems nicht lösen. Neben der Corona-Pandemie stehe der Pflegekräftemangel sowie die nur langsam fortschreitende Digitalisierung langfristig auf der Agenda. Und über allem schwebe der demografische Wandel. Ein dauerhaft erhöhter Zuschuss kaschiere lediglich die strukturellen Probleme der GKV und würde die Finanztransparenz weiter verringern. „Steuerzuschüsse erzeugen lediglich eine Finanzierungsillusion und machen die GKV von der Haushaltssituation des Bundes und damit vom Finanzminister abhängig. Ausgabenstrukturen werden verzerrt und Verantwortlichkeiten verwischt, heißt es in der WIP-Analyse von Institutsleiter Dr. Frank Wild. Über kurz oder lang werde es erneute Diskussionen über Beitragssatzerhöhungen oder gar noch unpopulärere Leistungskürzungen geben.