16.05.2022 Branche

Studie: Keine Abkehr von individueller Mobilität

Nach der neuen Mobilitätsstudie der HUK-Coburg wollen die Deutschen auch zukünftig vor allem individuell unterwegs sein – und das mit dem Auto. Auch wenn der Zuspruch zunimmt, die große Liebe zum E-Auto ist noch nicht da. Ein Grund dürfte die Sorge vor hohen Strompreisen sein.

Bei den unter 40-Jährigen ist die Akzeptanz von Elektroautos deutlich größer als bei den Älteren. (Foto: AKrebs60/Pixabay)
Bei den unter 40-Jährigen ist die Akzeptanz von Elektroautos deutlich größer als bei den Älteren.
(Foto: AKrebs60/Pixabay)

Der Trend und die Diskussion scheinen in eine andere Richtung zu weisen. Doch wenn nach einer Studie der HUK-Coburg geht, soll die individuelle und flexible Fortbewegung auch die Mobilität der Zukunft bestimmen. Die Ergebnisse und Interpretationen der „HUK-Mobilitätsstudie 2022“ fallen jedenfalls sehr auto-freundlich aus. Deutschlands Marktführer in Sachen Kfz-Versicherung hatte das Marktforschungsunternehmen YouGov zum zweiten Mal mit der Untersuchung beauftragt. Mehr als 4000 Personen ab 16 Jahren wurden repräsentativ und zeitgleich in allen 16 Bundesländern zu Mobilitätskonzepten der Zukunft befragt.

Auto und sonst lange nichts

 

70 Prozent der Befragten nennen in einer Umfrage das Auto als das Verkehrsmittel, das ihre Bedürfnisse am besten erfüllt. Für lediglich 16 Prozent ist die Bahn das ideale Verkehrsmittel. Bei Bus beziehungsweise S-Bahn und Straßenbahn waren es jeweils zwölf Prozent. 32 Prozent geben Fahrrad beziehungsweise E-Bike an. 29 Prozent gehen am liebsten zu Fuß. Die Befragten mussten sich nicht für ein Verkehrsmittel entscheiden, Mehrfachnennungen waren möglich. Auffällig im Vergleich zu der vom Corona-Lockdown geprägten Vorgängerumfrage ist vor allem, dass das Gehen stark an Beliebtheit verloren hat. Im Jahr zuvor präferierten es noch 38 Prozent.

Sorge vor steigenden Strompreisen durch Elektromobilität

 

Fast jeder zweite Befragte sieht die größte Gefahr bei zukünftigen Mobilitätskonzepten in weiter steigenden Kosten(48 Prozent). Jeder dritte Befragte glaubt, dass beim Umstieg auf Elektromobilität steigende Strompreise und ein verknapptes Stromangebot nicht genügend Beachtung finden (34 Prozent). Zu stark öffentlich bevormundet zu werden, befürchten 23 Prozent. Dass Wissenschaftler und Ingenieure zu einseitig in vorgegebene Richtungen forschen und dass sie ihr Fortbewegungsmittel nicht mehr frei selbst bestimmen können, sagen jeweils 22 Prozent.

Grundsätzlich sind die Deutschen der Studie zufolge nicht gegen eine ökologische Verkehrswende. So folgt ihrem Hauptwunsch nach bezahlbaren bzw. sinkenden Mobilitätskosten (49 bzw. 37 Prozent) auf Platz 3 der Wunsch nach CO2-Freiheit im Verkehr (26 Prozent).

Hype ums E-Autos, den die Zahlen nicht belegen

 

Das Elektroauto werde dabei mit Abstand am positivsten beurteilt. Diese Behauptung der HUK irritiert. Tatsächlich nennen es gerade mal 19 Prozent als ideales Fortbewegungsmittel der Zukunft. Die Bahn wird von 16 Prozent der Befragten genannt, Busse bzw. der öffentliche Personennahverkehr von zehn Prozent. Andere Mobilitätsformen erwähnen die Franken in ihrer Veröffentlichung erst gar nicht.

Vielmehr bleibt es dabei, dass das Auto an sich mit 67 Prozent an der Spitze der Beliebtheitsliste steht. Das schließt aber Verbrenner mit ein, die Fans von E-Autos darunter stellen nach wie vor die Minderheit dar. Der angebliche Trend zur Elektromobilität lasse sich vor allem in den Großstädten feststellen. So wollen sich in Berlin 28 Prozent (Vorjahr 19 Prozent) bei einem zukünftigen Kauf allein auf E-Autos fokussieren. Allerdings: Wenn Befragte in den vergangenen zwölf Monaten einen Autokauf wegen zu langer Lieferzeiten verschoben haben, handelte es sich in mehr als jedem dritten Fall um ein Elektroauto.

Deutsche hinterfragen Mobilitätskonzepte

 

Insgesamt stellen die Deutschen der Mobilitätsentwicklung der vergangenen fünf Jahre ein schlechtes Zeugnis aus, so die Studienmacher. Ob bei Kosten, Schnelligkeit, Flexibilität, Hygiene, Organisierbarkeit und auch CO2-Freiheit: In keinem der zehn von der HUK-Studie abgefragten Bereiche wird mehrheitlich eine Entwicklung zum Besseren festgestellt. Am stärksten negativ wird die Entwicklung bei Kosten und Bezahlbarkeit für alle Bevölkerungsgruppen gesehen. Dabei fällt das Fazit der über 40-Jährigen besonders hart aus. Die unter 40-Jährigen sehen zumindest keine Verschlechterung bei der Organisierbarkeit und Schnelligkeit von Mobilität. Die Älteren sehen dagegen auch in diesen beiden Bereichen klar negative Tendenzen.

Dr. Jörg Rheinländer, Vorstand bei der HUK-Coburg, resümiert: „Für die Mehrzahl der Deutschen ist das alleinige Zurückdrängen des Autos keine zielführende Zukunftsstrategie – auch nicht in den Städten. Favorisiert wird der Umstieg auf Elektro- oder andere CO2-freie Antriebe verbunden mit der Forderung nach einer deutlichen Kostensenkung für erneuerbare Energien. Bei der Entwicklung neuer Mobilitätskonzepte wünschten sich die Bürger von den Verantwortlichen einen ergebnisoffenen Umgang mit neuen Lösungen und vor allem auch die Berücksichtigung individueller Bedürfnisse.“

 


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